Spruch:
Der Antrag wird zurückgewiesen.
Text
Gründe:
Stanyi T***** wurde mit Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Graz als Schöffengericht vom 9. März 2005, GZ 8 Hv 140/04h-138, der Verbrechen nach § 28 Abs 2 vierter Fall, Abs 3 erster und zweiter Fall, Abs 4 Z 3 SMG (aF) und des gewerbsmäßigen Diebstahls nach §§ 127, 130 erster Fall StGB als Beteiligter nach § 12 dritter Fall StGB sowie des Vergehens der kriminellen Vereinigung nach § 278 Abs 1 StGB schuldig erkannt.
Mit Beschluss des Obersten Gerichtshofs vom 31. Jänner 2006, GZ 11 Os 98/05d-8 (ON 160), wurde die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Stanyu T***** zurückgewiesen. Mit Urteil vom 23. Mai 2006, AZ 10 Bs 76/06m (ON 164), gab das Oberlandesgericht Graz als Berufungsgericht dessen Berufung nicht Folge. Der in der Berufungsverhandlung gestellte, auf das inkriminierte Verbrechen nach dem SMG bezogene Beweisantrag des Rechtsmittelwerbers auf Vernehmung der unter dem Namen „Mark" aufgetretenen Vertrauensperson zum Nachweis einer durch diese erfolgten Tatprovokation (sowie auf Einvernahme zweier Polizeibeamter zur Bekanntgabe einer Ladungsanschrift des Genannten) wurde abgewiesen. Eine Entscheidungsausfertigung wurde dem Verteidiger des Verurteilten am 31. Juli 2006 zugestellt (RS bei ON 167).
Gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Graz als Berufungsgericht richtet sich, gestützt auf die Behauptung einer in der Abweisung des genannten Beweisantrags gelegenen Verletzung im Grundrecht auf ein faires Verfahren nach Art 6 (Abs 1 und Abs 3 lit d) MRK, der Antrag des Verurteilten Stanyu T***** auf Erneuerung des Strafverfahrens nach § 363a Abs 1 StPO per analogiam (13 Os 135/06m). Der Antrag ist unzulässig:
Rechtliche Beurteilung
§ 35 Abs 1 MRK verlangt als Zulässigkeitsvoraussetzung für die Befassung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte mittels Individualbeschwerde (ua) die Einhaltung einer sechsmonatigen Frist nach der endgültigen innerstaatlichen Entscheidung. Dieser Befristung unterliegt auch die Geltendmachung einer Grundrechtsverletzung im erweiterten, über die Transformation von Urteilen des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte hinausgehenden Anwendungsbereich des § 363a StPO (13 Os 135/06m, RIS-Justiz RS0122228). Diese Voraussetzung rechtzeitiger Geltendmachung der behaupteten Rechtsverletzung liegt im Hinblick auf die Einbringung des Erneuerungsantrags am 15. Februar 2008, somit mehr als sechs Monate nach dem in Beschwerde gezogenen Urteil des Oberlandesgerichts Graz vom 23. Mai 2006, dessen Ausfertigung dem Verteidiger des Verurteilten - wie erwähnt - am 31. Juli 2006 zugestellt wurde, nicht vor. Die vom Antragsteller behauptete fristgerechte Einbringung einer auf die selbe Sache bezogenen Individualbeschwerde beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte vermag daran nichts zu ändern, weil die hier in Anschlag zu bringende Bestimmung des § 35 Abs 1 MRK eine Fristenhemmung - aus welchen Gründen auch immer - nicht vorsieht. Der somit unzulässige Antrag war daher schon in nichtöffentlicher Beratung nach § 363b Abs 2 Z 2 StPO zurückzuweisen.
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