Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerden werden zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufungen und die Beschwerde werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.
Den Angeklagten O***** und N***** fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil, das auch den rechtskräftigen Schuld- und Freispruch eines weiteren Angeklagten enthält, wurden Ifeany O***** und Kingsley N***** jeweils (zu I.1/) des Vergehens nach § 28 Abs 1 SMG aF sowie (zu I.2.) des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 zweiter und dritter Fall, Abs 4 Z 3 SMG schuldig erkannt.
Danach haben Ifeany O***** und Kingsley N***** am 27. Oktober 2007 in Wien
I. den bestehenden Vorschriften zuwider bzw vorschriftswidrig Suchtgift, nämlich Kokain
1. in einer großen Menge (§ 28 Abs 6 SMG aF) mit dem Vorsatz besessen, dass es in Verkehr gesetzt werde, und zwar
A. Ifeany O***** 950,66 Gramm (Reinsubstanz 463 Gramm);
B. Kingsley N***** 1.009,7 Gramm (Reinsubstanz 491 Gramm);
2. in einer das 25-fache der Grenzmenge übersteigenden Menge
A. Ifeany O***** 950,66 Gramm (Reinsubstanz 463 Gramm) aus Deutschland aus- und nach Österreich eingeführt;
B. Kingsley N***** 1.009,7 Gramm (Reinsubstanz 491 Gramm) von Amsterdam/Niederlande aus- und über Deutschland nach Österreich eingeführt.
Rechtliche Beurteilung
Dagegen richten sich die getrennt ausgeführten, inhaltlich aber im Wesentlichen gleichlautenden auf Z 5 und 10 des § 281 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerden der Angeklagten O***** und N*****; sie verfehlen ihr Ziel.
Als unzureichend begründet (Z 5 vierter Fall) kritisieren beide Angeklagte die Feststellungen des Erstgerichts, mit denen dieses die subjektive Tatseite der Angeklagten auch in Bezug auf eine übergroße Menge (§ 28a Abs 4 Z 3 SMG) für begründet erachtete. Die Tatrichter hätten den konkreten Tatvorsatz einzig aus der Anzahl und dem Gewicht der Bodypacks (O*****) bzw der Größe der Dosen, in denen das Suchtgift transportiert wurde (N*****), abgeleitet und sich im Übrigen auf Allgemeinplätze und unstatthafte Vermutungen zu Lasten der Angeklagten beschränkt.
Damit bekämpft die Beschwerde aber - in diesem Anfechtungsrahmen unzulässigerweise - lediglich die erstgerichtliche Beweiswürdigung, ohne einen Begründungsmangel im Sinne einer fehlenden oder den Gesetzen folgerichtigen Denkens oder grundlegenden Erfahrungssätzen widersprechenden Beweiswürdigung aufzeigen zu können. Denn die Tatrichter haben den Vorsatz der Angeklagten nicht nur aus Gewicht und Umfang der geschluckten Bodypacks sowie der Größe der Dosen erschlossen, sondern die Konstatierungen auch auf das konkrete Verhalten und die (profitorientierte) Motivlage der Angeklagten gestützt und diese Erwägungen - ergänzend - in den Kontext allgemeiner Überlegungen zu grenzüberschreitenden Suchtgifttransporten gestellt. Zudem wird den Angeklagten - dem Beschwerdeinwand zuwider - nicht ein aktuelles Wissen um den hohen Reinheitsgehalt des Suchtgifts und die daraus resultierende „Übermenge" vorgeworfen, sondern dass sie den Transport in Bezug auf eine übergroße Menge Suchtgift ernstlich für möglich hielten und sich damit abfanden. Die mit der Beschwerde vorgelegte Kopie einer Anklageschrift aus einem anderen, einen internationalen Suchtgifttransport betreffenden Strafverfahren war aufgrund des im Verfahren über eine Nichtigkeitsbeschwerde geltenden Neuerungsverbots unbeachtlich, im Übrigen aber im Hinblick auf die Einzelfallbezogenheit der daraus abgeleiteten Erkenntnisse auch nicht beweisrelevant.
Mit der Mängelrüge (Z 5 zweiter Fall) bringt der Zweitangeklagte weiters vor, das Erstgericht habe sich nicht mit seiner Verantwortung, wonach er nicht gewusst habe, dass es sich tatsächlich um ein Kilogramm Kokain handle (S 105/II), auseinandergesetzt. Diesem Einwand zuwider haben die Tatrichter die die subjektive Tatseite in Bezug auf die übergroße Menge leugnende Einlassung des Angeklagten bei ihren Erwägungen berücksichtigt, ihr aber mit eingehender Begründung Glaubwürdigkeit versagt (US 9 f).
Indem die Subsumtionsrüge (Z 10) argumentiert, die Angeklagten hätten zu I./2./ nicht eines sondern mehrerer Verbrechen nach § 28a Abs 4 Z 3 SMG schuldig erkannt werden müssen, ist sie nicht zu Gunsten der Angeklagten ausgeführt (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 654 ff, § 282 Rz 16). Im Übrigen verkennt sie, dass § 28a Abs 4 Z 3 SMG (genauso wie § 28 Abs 4 Z 3 SMG aF) eine besondere Art von Zusammenrechnungsgrundsatz für jeweils große Mengen darstellt, sodass die Ein- und Ausfuhr, begangen in Bezug auf Suchtgift in einer das 25-fache der Grenzmenge übersteigenden Menge stets nur ein Verbrechen nach § 28a Abs 1 zweiter und dritter Fall, Abs 4 Z 3 SMG begründet (RIS-Justiz RS0117464).
Die Nichtigkeitsbeschwerden waren daher bereits bei nichtöffentlicher Beratung in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur, jedoch entgegen der Äußerung der Verteidigung (§ 24 StPO) sogleich zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts Wien zur Entscheidung über die Berufungen und die Beschwerde folgt (§§ 285i, 498 Abs 3 StPO). Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 390a Abs 1 StPO.
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