Spruch:
In teilweiser Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde wird das angefochtene Urteil, das im Übrigen unberührt bleibt, in der Unterstellung der Taten auch unter § 153 Abs 2 zweiter Fall StGB und demgemäß im Strafausspruch sowie in der Verweisung der Privatbeteiligten St***** GmbH auf den Zivilrechtsweg aufgehoben und die Sache im Umfang der Aufhebung zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht verwiesen.
Im Übrigen wird die Nichtigkeitsbeschwerde zurückgewiesen. Mit ihren Berufungen werden der Angeklagte und die Privatbeteiligte auf diese Entscheidung verwiesen.
Dem Angeklagten fallen die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde Karl S***** des Verbrechens der Untreue nach § 153 Abs 1 und Abs 2 zweiter Fall StGB schuldig erkannt.
Danach hat er von 2000 bis 2004 in Hall in Tirol die ihm in seiner Eigenschaft als selbständig vertretungsbefugter Geschäftsführer der St***** GmbH eingeräumte Befugnis, über fremdes Vermögen zu verfügen, wissentlich missbraucht, indem er sich seine Leistungsprämien für die Jahre 2000 bis 2004 entgegen den Beschlüssen des Aufsichtsrats sowie steuerrechtlichen Vorschriften in Form von Überstunden, Sonderzahlungen und Gegenverrechnungen auszahlen ließ, und dadurch der genannten Firma einen 50.000 Euro übersteigenden Schaden, nämlich einen solchen in Höhe von 54.085,65 Euro, zugefügt.
Rechtliche Beurteilung
Der Angeklagte bekämpft dieses Urteil mit einer auf die Nichtigkeitsgründe der Z 4, 5, 9 lit a und 9 lit b des § 281 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, der teilweise Berechtigung zukommt. Den zunächst ebenfalls geltend gemachten Nichtigkeitsgrund nach § 281 Abs 1 Z 3 StPO hat der Verteidiger - infolge Urteilsberichtigung (ON 31) - mit Schriftsatz vom 5. Dezember 2007 zurückgezogen.
Der Verfahrensrüge (Z 4) zuwider wurde der Angeklagte durch Abweisung seines Antrags auf Einholung des Gutachtens eines Buchsachverständigen („zum Beweis dafür, dass bei der vom Angeklagten gewählten Vorgangsweise und unter Zugrundelegung, dass ihm als Arbeitnehmer selbstredend Anspruch auf Überstundenabgeltung zugestanden ist, den St***** zum Zeitpunkt der jeweiligen Verrechnung ein Vermögensschaden nicht entstanden ist und nicht entstehen konnte", S 189/II) in seinen Verteidigungsrechten nicht verletzt, weil die Durchführung dieses Beweises nur unter der Voraussetzung eines tatsächlich bestehenden Anspruchs auf Überstundenabgeltung zielführend gewesen wäre. Das Erstgericht hat jedoch klar zum Ausdruck gebracht, dass dem Angeklagten laut § 4 Z 3 des Anstellungsvertrags keine gesonderte Abgeltung für Überstunden zustand und er sich dessen auch bewusst war (US 6, 8 und 15). Schon weil diese Annahme durch die beantragte Beweisaufnahme nicht in Frage gestellt werden kann, geht die Verfahrensrüge fehl (vgl Ratz, WK-StPO § 281 Rz 342).
Das in der Beschwerde nachgereichte Vorbringen, welches eigenständige Überlegungen zu Lohnnebenkosten, Steuervorteilen der St***** aus (zu Unrecht) lukrierten Vorsteuerabzügen und Gegenverrechnungen anstellt, dabei Positionen des Gutachtens der W***** von Dkfm. Dr. Rolf K***** kontextentkleidet wiedergibt und einen geringeren Schadensbetrag errechnet, ist unbeachtlich, weil die Prüfung der Berechtigung eines Antrags stets auf den Antragszeitpunkt bezogen zu erfolgen hat (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 325).
Der nominell nach Z 5 (inhaltlich nach Z 10) des § 281 Abs 1 StPO ausgeführten Beschwerde kommt hingegen insoweit Berechtigung zu, als sie die Feststellungen zur subjektiven Tatseite des Angeklagten in Ansehung der Wertqualifikation des § 153 Abs 2 zweiter Fall StGB als unzureichend kritisiert: Laut Urteilskonstatierungen hat der Angeklagte der St***** einen Vermögensnachteil in Höhe von insgesamt 54.058,65 Euro zugefügt (US 11) und in subjektiver Hinsicht einen solchen durch Nachzahlung nicht entrichteter Steuern und Abgaben von über 3.000 Euro ernsthaft für möglich gehalten und sich damit abgefunden (US 12, 18).
Diese Ausführungen lassen jedoch die (entscheidungswesentliche) Feststellung vermissen, der Angeklagte habe (auch) einen 50.000 Euro übersteigenden Schaden mit zumindest bedingtem Vorsatz herbeigeführt. Die Rechtsrüge (Z 9 lit a) behauptet das Fehlen eines - zur Erfüllung des Tatbestands der Untreue erforderlichen - unmittelbar bei der St***** GmbH eingetretenen Schadens. Durch die Verhaltensweise des Angeklagten sei lediglich eine Abgabenhinterziehung, aber keinesfalls ein Vermögensschaden bei seinem Dienstgeber bewirkt worden; dessen Schädigung habe der Angeklagte im Übrigen keinesfalls beabsichtigt. Der Beschwerdeführer legt dabei jedoch in keiner Weise dar, weshalb das Entstehen einer Verbindlichkeit - hier einer Abgabenschuld - keinen unmittelbar bei seinem Dienstgeber eingetretenen Vermögensnachteil darstellen sollte (Kirchbacher/Presslauer, WK² § 153 [2006] Rz 36; Kienapfel/Schmoller, Studienbuch BT II § 153 RN 85; RIS-Justiz RS0089375). Der geltend gemachte Nichtigkeitsgrund wird damit nicht deutlich und bestimmt bezeichnet.
Soweit die Beschwerde das Fehlen von Feststellungen zur subjektiven Tatseite behauptet, ohne auf die tatsächlichen Urteilsannahmen einzugehen und darzulegen, dass diese nicht ausreichen, um eine umfassende und verlässliche rechtliche Beurteilung vornehmen zu können bzw dass Verfahrensergebnisse auf bestimmte für die Subsumtion rechtlich erhebliche Umstände hingewiesen haben und dessen ungeachtet eine entsprechende klärende Feststellung unterlassen wurde, verfehlt sie den vom Gesetz geforderten Bezugspunkt.
Weshalb - entgegen § 153 StGB - für die Zufügung eines Vermögensnachteils (Schädigungs-)Absicht erforderlich sein sollte und ein (vom Erstgericht konstatierter) Eventualvorsatz nicht genügen würde (Kirchbacher/Presslauer, WK² § 153 [2006] Rz 42; Fabrizy, StGB9 § 153 Rz 7), vermag der Angeklagte gleichfalls nicht nachvollziehbar darzutun.
Mit dem Argument, die Firma F***** AG & Co KG habe mit ihrer Gutschrift über 82.752 Euro den gesamten aus der Tat entstandenen Schaden noch vor Anzeigeerstattung gutgemacht, reklamiert der Beschwerdeführer für sich den Strafaufhebungsgrund tätiger Reue (Z 9 lit b). Er lässt jedoch außer Acht, dass anlässlich der Gutschrift einer - zu Unrecht von der St***** GmbH beglichenen - Summe von 82.752 Euro seitens der Firma F***** AG & Co KG diese Gläubigerin des Angeklagten - wenn auch über seine Veranlassung (US 11) - nicht in dessen Namen und auch ohne jeden Bezug auf den Genannten handelte (US 19 iVm S 153/I; Kirchbacher/Presslauer, WK² § 167 [2006] Rz 124; Mayerhofer, StGB5 § 167 E 97). Dass die Veranlassung der Gutschrift durch den Angeklagten freiwillig (vgl Kirchbacher/Presslauer, WK² § 167 [2006] Rz 42 ff) erfolgt wäre, wird in der Beschwerde nicht einmal behauptet.
In teilweiser Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten war das angefochtene Urteil daher in dem im Spruch bezeichneten Umfang aufzuheben und dem Erstgericht insoweit die Verfahrenserneuerung aufzutragen.
Im Übrigen war die Nichtigkeitsbeschwerde bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO). Mit ihren Berufungen waren der Angeklagte sowie die Privatbeteiligte St***** GmbH auf diese Entscheidung zu verweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 390a Abs 1 StPO.
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