OGH 11Os18/08v

OGH11Os18/08v1.4.2008

Der Oberste Gerichtshof hat am 1. April 2008 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Zehetner als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Philipp, Dr. Danek, Dr. Schwab und Mag. Lendl als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters MMag. Klaus als Schriftführer, in der Strafsache gegen Roland G***** wegen der Verbrechen des sexuellen Missbrauchs von Unmündigen nach § 207 Abs 1 StGB und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts Salzburg als Schöffengericht vom 11. Juli 2007, GZ 39 Hv 93/06b-53, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Linz zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Roland G***** der Verbrechen des sexuellen Missbrauchs von Unmündigen nach § 207 Abs 1 StGB und der Vergehen des Missbrauchs eines Autoritätsverhältnisses nach § 212 Abs 1 Z 1 StGB schuldig erkannt.

Danach hat er ab dem zweiten Quartal 2004 bis März 2005 in Hallein in jeweils wiederholten Angriffen

A./ an der am 4. April 1991 geborenen, mithin unmündigen Sabrina F***** durch Betasten, Streicheln und Kneten der Brüste außer dem Fall des § 206 StGB eine geschlechtliche Handlung vorgenommen; B./ mit seiner am 4. April 1991 geborenen minderjährigen Stieftochter Sabrina F***** durch Betasten, Streicheln und Kneten der Brüste eine geschlechtliche Handlung vorgenommen.

Rechtliche Beurteilung

Gegen den Schuldspruch richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 4, 5 und 9 lit a StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten; sie schlägt fehl.

Die Verfahrensrüge (Z 4) kritisiert die Abweisung des in der Hauptverhandlung vom 13. September 2006 gestellten Antrags auf Einholung eines „aussagepsychologischen Gutachtens betreffend die Angaben des Angeklagten zum Zwecke der Überprüfung der Substanz und der Qualität seiner Aussage" (S 99 ff/II). Damit bezeichnet die Beschwerde jedoch keinen in der - hier allein maßgeblichen, am 21. Februar 2007 wegen geänderter Senatszusammensetzung gemäß § 276a StPO neu durchgeführten - Hauptverhandlung (Danek, WK-StPO § 276a Rz 10, RIS-Justiz RS0099049) gestellten Antrag. Im Übrigen wurde der Antrag von den Tatrichtern auch zu Recht abgewiesen, handelt es sich doch bei der Prüfung der Glaubwürdigkeit der Angaben eines Angeklagten um eine Frage der richterlichen Beweiswürdigung (§ 258 Abs 2 StPO), die in der Regel der Hilfestellung durch Sachverständigenbeweis nicht bedarf (vgl RIS-Justiz RS0097733).

Die Mängelrüge (Z 5) behauptet zunächst das Fehlen einer Begründung zur subjektiven Tatseite und vermisst auch eine Begründung dafür, woraus sich die Nachvollziehbarkeit und Schlüssigkeit des hinsichtlich Sabrina F***** vorliegenden aussagepsychologischen Sachverständigengutachtens ableiten ließe.

Keine oder eine offenbar unzureichende Begründung (Z 5 vierter Fall) liegt vor, wenn für den Ausspruch über eine entscheidende Tatsache entweder überhaupt keine oder nur solche Gründe angegeben sind, aus denen sich nach den Kriterien logischen Denkens und grundlegenden Erfahrungen ein Schluss auf die zu begründende Tatsache nicht ziehen lässt.

Das Schöffengericht hat - was die Beschwerde vernachlässigt - die Feststellungen zur subjektiven Tatseite nicht unbegründet gelassen, sondern auf die objektive Vorgangsweise des Angeklagten in Verbindung damit gestützt, dass er nicht intellektuell minderbegabt sei (US 36). Der Schluss von einem gezeigten Verhalten auf ein zu Grunde liegendes Wollen und Wissen des Täters ist aber nicht zu beanstanden und bei leugnenden Angeklagten in der Regel nicht zu ersetzen (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 452, RIS-Justiz RS0116882).

Auch das aussagepsycholgische Sachverständigengutachten wurde in der Beweiswürdigung hinreichend erörtert (US 16 f, 34), ein konkreter Mangel des - der freien Beweiswürdigung des Gerichts unterliegenden (RS0097248) - Gutachtens wurde zudem von der Beschwerde nicht dargetan.

Als Unvollständigkeit macht die Mängelrüge weiters geltend, dass verschiedene, die Verantwortung des Angeklagten bestätigende Zeugenaussagen nicht hinreichend gewürdigt worden seien. Dem zuwider haben sich die Tatrichter mit sämtlichen in der Beschwerde bezeichneten Angaben der Zeugen Jaqueline O***** (US 35), Rebecca M***** (US 22, 35), Silvia de L***** (US 22, 35), Manuela B***** (US 22 f, 35), Klaus W***** (US 22), Angelika G***** (US 26), Sabrina F***** (US 28 f), Gabriele M***** (US 22, 34) und Peter F***** (US 9, 33 f) zureichend auseinandergesetzt. Dem Gebot gedrängter Darstellung der Entscheidungsgründe folgend (§ 270 Abs 2 Z 5 StPO) war das Gericht dabei nicht verpflichtet, den vollständigen Inhalt sämtlicher Aussagen, wie überhaupt sämtliche Verfahrensergebnisse im Einzelnen zu erörtern (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 428). Weil Gegenstand des Zeugenbeweises nur Tatsachenwahrnehmungen, nicht aber Meinungen von Zeugen sind, bedurfte es keiner Erörterung von Angaben der Zeugen zur Glaubwürdigkeit der einzelnen Verfahrensbeteiligten. Indem die Mängelrüge im Übrigen Verfahrensergebnisse einer eigenständigen Würdigung unterzieht, bekämpft sie bloß nach Art einer gegen kollegialgerichtliche Urteile nicht vorgesehenen Schuldberufung die ausführliche Beweiswürdigung der Tatrichter (US 11 bis 36). Die Rechtsrüge (Z 9 lit a) verfehlt mit der nicht an den Urteilskonstatierungen (US 5 ff) orientierten, unsubstantiierten Behauptung nicht hinreichender Feststellungen zur objektiven und subjektiven Tatseite die Ausrichtung am Verfahrensrecht (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 584). Im Übrigen sind die vom Schöffengericht getroffenen Konstatierungen, auch zur subjektiven Tatseite (US 6 f), im konkreten Fall ausreichend, um eine tragfähige Grundlage für die vorliegende rechtliche Beurteilung zu bieten.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 Z 1 und 2 StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts Linz zur Entscheidung über die Berufung folgt (§ 285i StPO).

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 390a Abs 1 StPO.

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