Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 499,39 EUR (darin enthalten 83,23 EUR an USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen vierzehn Tagen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Die Klägerin ist Haftpflichtversicherer eines Fahrzeugs, dessen Lenker am 24. 11. 2004 einen Unfall allein verschuldete, bei dem der bei der Beklagten haftpflichtversicherte, im Eigentum der ÖBB Postbus GmbH gestandene Bus beschädigt wurde. Die Klägerin bezahlte an die ÖBB Postbus GmbH den Klagsbetrag an Kosten für ein Ersatzfahrzeug.
Der Bus wurde im Jahr 1994 für das Bundesministerium für öffentliche Wirtschaft und Verkehr, Generaldirektion für die Post- und Telegraphenverwaltung zugelassen. Im Zulassungsschein sind seither keine Änderungen eingetragen.
Am 1. 1. 2003 schloss die Rechtsvorgängerin der ÖBB Postbus GmbH, die Österreichische Postbus AG, mit der Beklagten als führendem Versicherer eines Versicherungskonsortiums einen Haftpflichtversicherungsvertrag ab, von dem auch der unfallbeteiligte Bus umfasst war. Der Versicherungsvertrag wurde nicht unter Konditionen abgeschlossen, die für Fahrzeuge zur Anwendung kommen, welche einer Haftpflichtversicherung gemäß § 59 Abs 1 KFG unterliegen (Pflichtversicherung). Sowohl bei den Vertragsparteien als auch bei der Zulassungsbehörde herrschte die Rechtsansicht, dass aufgrund der Beteiligungsverhältnisse, die in der Folge dargestellt werden und die letztlich zum Bund führten, keine (Pflicht-)Haftpflichtversicherung gemäß § 59 Abs 1 KFG nötig sei. Dementsprechend stellte die Beklagte der Zulassungsbehörde niemals eine Versicherungsbestätigung aus und es wurde nur eine Mindestversicherungssumme von 7,3 Mio EUR, die erheblich unter der für den Bereich der (Pflicht-)Haftpflichtversicherung vorgeschriebenen Deckungssumme von etwa 30 Mio EUR liegt, eingedeckt. Die Zulassungsbehörde hob weder die Zulassung des Fahrzeugs mangels Vorliegens der gesetzlich vorgeschriebenen Deckungssumme auf, noch wurde eine Meldung an die Beklagte erstattet, wonach diese nunmehr als Pflichthaftpflichtversicherer hafte.
Durch das Bundesbahngesetz 1992, BGBl Nr. 825/1992 (BBG) wurde der Wirtschaftskörper „Österreichische Bundesbahnen" als Zweig der Betriebsverwaltung des Bundes eine Gesellschaft mit eigener Rechtspersönlichkeit, für die - soweit keine abweichenden Regelungen in diesem Bundesgesetz enthalten waren - die Bestimmungen des Gesetzes über Gesellschaften mit beschränkter Haftung sinngemäß anzuwenden waren. In Änderung des BBG ordnete das Bundesbahnstrukturgesetz 2003, BGBl I Nr. 138/2003, die Gründung der „Österreichischen Bundesbahnen-Holding Aktiengesellschaft, im Folgenden als ÖBB-Holding AG bezeichnet" an und behielt deren Anteile dem Bund zu 100 vH vor (§ 2 Abs 1 Bundesbahnstrukturgesetz 2003). Die Verwaltung der Anteilsrechte namens des Bundes obliegt dem Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie (§ 3 leg cit). Mit Wirksamkeit vom 31. 12. 2004 (§ 41 leg cit) sollte der Teilbetrieb Personenverkehr der Österreichischen Bundesbahnen an die ÖBB-Personenverkehr AG im Wege der Gesamtrechtsnachfolge durch Spaltung und Aufnahme übertragen werden. Die Aktien der ÖBB-Personenverkehr AG sind der ÖBB-Holding AG zu 100 vH vorbehalten (§ 8 leg cit).
Zum Zeitpunkt des Verkehrsunfalls war die ÖBB-Holding AG alleinige Gesellschafterin der „Österreichischen Bundesbahnen" als Nachfolgerin des Bundes mit Eintrag im Firmenbuch vom 1. 10. 2004. Die Österreichischen Bundesbahnen hielten ihrerseits zum Unfallszeitpunkt 99,93 % der Anteile an der mit Firmenbucheintrag vom 7. 7. 2004 neu gegründeten ÖBB Postbus GmbH. Die übrigen 0,07 % Anteile an der ÖBB Postbus GmbH hielt zum Unfallszeitpunkt Mag. Andrea E***** treuhändig ebenfalls für die Österreichischen Bundesbahnen. Mit Spaltungs- und Übernahmsvertrag vom 28. 9. 2004, im Firmenbuch eingetragen am 9. 10. 2004, kam es bei der Österreichischen Postbus Aktiengesellschaft zur Spaltung und Aufnahme eines Vermögensteils, und zwar des gesamten Unternehmens der AG mit Ausnahme des Personalamts und der Liegenschaften, in die ÖBB Postbus GmbH. Damit wurde die ÖBB Postbus GmbH Eigentümerin des Busses.
Das Haupttätigkeitsfeld der ÖBB Postbus GmbH liegt im Linienverkehr. Neben dem Betrieb der Linienbusse wird im geringen Ausmaß Reiseverkehr betrieben. Die Werkstätten der GmbH sind nur geringfügig nach außen geschäftlich tätig, sie dienen zu 80 bis 90 % der „Servicierung" der unternehmenseigenen Busse. Der Anteil der Werkstätten beträgt etwa 4 %, der durch die Buswerbung erwirtschaftete Umsatz weniger als 1 % des Gesamtumsatzes der GmbH.
Die Klägerin begehrt von der Beklagten den Ersatz der von ihr getragenen Kosten für das Ersatzfahrzeug der ÖBB Postbus GmbH gemäß § 21 Abs 4 KHVG. Die ÖBB Postbus GmbH stehe nicht ausschließlich im Eigentum des Bundes im Sinn des § 59 Abs 2 dritter Fall KFG, weshalb sie nicht von der gemäß § 59 Abs 1 KFG normierten Pflicht zum Abschluss einer Kfz-Haftpflichtversicherung ausgenommen sei. Die ÖBB Personenverkehr AG sei zu 99,93 % an der ÖBB Postbus GmbH beteiligt. Mag. Andrea E***** sei Minderheitsgesellschafterin. Alleingesellschafterin der ÖBB Personenverkehr AG sei wiederum die ÖBB-Holding AG, deren Anteile gemäß § 2 Abs 1 Bundesbahngesetz zu 100 % dem Bund vorbehalten seien. Zum Unfallszeitpunkt sei demnach der Bund über seine Beteiligung an der ÖBB-Holding AG bloß mittelbar und nicht ausschließlich an der ÖBB Postbus GmbH beteiligt gewesen. Der Bund habe seine unmittelbare und alleinige Eigentümerschaft an den Österreichischen Bundesbahnen verloren und sei dadurch die ÖBB-Holding AG als Verwaltungsgesellschaft in die alleinige Eigentümerposition hinsichtlich der ÖBB versetzt worden. Durch das Bundesbahnstrukturgesetz 2003 habe sich die Eigentümerstruktur und die rechtliche sowie wirtschaftliche Struktur bei den ehemals verstaatlichten Österreichischen Verkehrsbetrieben derart geändert, dass von einer Versicherungspflicht in der Kfz-Haftpflichtversicherung auch für nunmehr privatisierte und ausgelagerte Verkehrsunternehmungen der ÖBB auszugehen sei. Aufgrund der Eingliederung der ÖBB-Unternehmen in die österreichische Privatwirtschaft sei eine Ausnahme von der Kfz-Haftpflichtversicherung nicht mehr zu rechtfertigen. Bei der ÖBB Postbus GmbH handle es sich zudem nicht um eine Verkehrsunternehmung im Sinn des § 59 Abs 2 dritter Fall KFG. Vielmehr liege ein Betrieb mit einem breit gefächerten Leistungsangebot vor, der neben der Beförderung auch den Betrieb von Werkstätten, der Vermietung von Fahrzeugen und der Verwendung der Fahrzeuge als Werbefläche umfasse. Ein klassisches Beförderungsdienstleistungsunternehmen im Sinn des § 59 Abs 2 dritter Fall KFG sei darin nicht mehr zu erblicken. Überdies stehe ein kleiner Anteil am Stammkapital der ÖBB Postbus GmbH einer Privatperson zu, sodass das ausschließliche Eigentum des Bundes nicht gegeben sei. Weiters sei durch die gewählte Gesellschaftsform der Haftungsfonds für Geschädigte auf privatwirtschaftliches Niveau reduziert worden. Dies widerspreche dem Sinn des § 59 KFG, der Gebietskörperschaften und die von ihnen betriebenen Verkehrsunternehmen im Hinblick auf deren Bonität und im Interesse einer kostengünstigen Verwaltung privilegieren solle.
Die Beklagte beantragt die Klagsabweisung mit der Begründung, dass der zwischen ihr und der ÖBB Postbus GmbH bestehende Haftpflichtversicherungsvertrag lediglich auf Freiwilligkeit beruhe und die Beklagte nicht Pflichthaftpflichtversicherer sei. § 21 Abs 4 KHVG gelte nach § 1 Abs 3 KHVG jedoch nur bei Pflichtversicherungen. Die von der Klägerin geleisteten Aufwendungen seien nicht ersatzfähig. Es entspreche den Intentionen des Gesetzgebers, dass Fahrzeuge der ÖBB trotz Einführung von Beteiligungsketten von der Pflichtversicherung ausgenommen seien, wenn sie gemäß § 2 Abs 1 Bundesbahngesetz zu 100 % auf den Bund zurückzuführen seien. Die (weitere) Umstrukturierung der Holding sei erst mit 31. 12. 2004, sohin nach dem Unfall, wirksam geworden.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Der zwischen der Rechtsvorgängerin der Beklagten und der ÖBB Postbus AG abgeschlossene Haftpflichtversicherungsvertrag entspreche nicht den Erfordernissen nach § 59 Abs 1 KFG. Die Beklagte habe auch nie eine Versicherungsbestätigung für die Zulassungsbehörde, die sie als Pflichthaftpflichtversicherer ausgewiesen hätte, ausgestellt. Allfällige Versäumnisse der Halter des Fahrzeugs dahin, dass der Abschluss eines Pflichthaftpflichtversicherungsvertrags unterblieben sei, könnten am rechtlichen Charakter der vorliegenden Haftpflichtversicherung nichts ändern. Müsste die Beklagte auf der Grundlage des § 21 Abs 4 KHVG für den Ersatz der geleisteten Kosten verpflichtet werden, so hätte dies zur Folge, dass die Beklagte Leistungen zu erbringen hätte, für die sie in dieser Form niemals entsprechende Prämienzahlungen erhalten habe. Dies widerspreche dem Regelungszweck des § 21 Abs 4 KHVG, wonach jener Versicherer für Ersatzwagenkosten aufkommen solle, der auch die entsprechenden Prämien erhalten habe. Allfällige Nachlässigkeiten der Fahrzeughalterin könnten nicht der Beklagten als ihrem Versicherer zugerechnet werden.
Das Berufungsgericht bestätigte das angefochtene Urteil. Die ÖBB Postbus GmbH habe als Verkehrsunternehmung im ausschließlichen Eigentum des Bundes gestanden. Der treuhändig gehaltene Anteil sei zivilrechtlich dem Treugeber zuzurechnen. Das Hauptbetätigungsfeld der ÖBB Postbus GmbH liege im Linienverkehr. Die geringfügige Tätigkeit außerhalb des eigentlichen Linienverkehrs ändere nichts an der Qualifikation der ÖBB Postbus GmbH als Verkehrsunternehmung des Bundes. Die Unterscheidung zwischen versicherungspflichtigen und nicht versicherungspflichtigen Kraftfahrzeugen sei nicht unsachlich, sodass sich die Klägerin nicht auf einen Vertrag zu Lasten Dritter berufen könne. Die Übertragung des Teilbetriebs Personenverkehr der Österreichischen Bundesbahnen an die ÖBB Personenverkehr AG trete gemäß § 41 Bundesbahnstrukturgesetz 2003 erst mit Ablauf des 31. 12. 2004 in Wirksamkeit.
Das Berufungsgericht sprach aus, dass die ordentliche Revision zulässig sei, weil zur Frage, ob eine Verkehrsunternehmung wie die ÖBB Postbus GmbH, die Leistungen außerhalb des Linienbetriebs erbringe, als Verkehrsunternehmung des Bundes anzusehen und daher von der Pflichtversicherung nach § 59 Abs 1 KFG ausgenommen sei, oberstgerichtliche Judikatur nicht vorliege.
Dagegen richtet sich die Revision der Klägerin mit einem Abänderungsantrag, hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Die Beklagte beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist zulässig, sie ist aber nicht berechtigt.
Für Kraftfahrzeuge, die zum Verkehr zugelassen sind, muss eine den Vorschriften des KHVG in der jeweils geltenden Fassung entsprechende Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung, auf die österreichisches Recht anzuwenden ist, bei einem zum Betrieb dieses Versicherungszweigs in Österreich berechtigten Versicherer bestehen (§ 59 Abs 1 KFG). Fahrzeuge im Besitz des Bundes, der Länder, der Gemeindeverbände, der Ortsgemeinden mit mehr als 50.000 Einwohnern, der von diesen Gebietskörperschaften unter ihrer Haftung betriebenen Unternehmungen sowie Fahrzeuge von Verkehrsunternehmungen im ausschließlichen Eigentum des Bundes sind von der im Absatz 1 angeführten Versicherungspflicht ausgenommen (§ 59 Abs 2 KFG). Das KHVG gilt für die Haftpflichtversicherung von Fahrzeugen, die nach den Vorschriften des KFG (unter anderem) zum Verkehr zugelassen sind (§ 1 Abs 1 KHVG). Auf die Haftpflichtversicherung von Fahrzeugen, die unter § 59 Abs 2 KFG fallen, sind die §§ 9 und 18 bis 25 KHVG nicht anzuwenden (§ 1 Abs 3 KHVG). Der 4. Abschnitt des KHVG, zu dem auch § 21 KHVG gehört, wird mit „Besondere Vorschriften für die Pflichtversicherung" überschrieben. In § 21 KHVG ist der Anspruchsverzicht geregelt. Verzichtet der Versicherungsnehmer rechtswirksam auf Ansprüche auf Ersatz von Mietkosten eines Ersatzfahrzeugs einschließlich eines Taxis und des Verdienstentgangs wegen der Nichtbenützbarkeit des Fahrzeugs, die ihm gegen Personen zustehen, die durch einen Haftpflichtversicherungsvertrag für ein unter § 59 Abs 1 KFG fallendes Fahrzeug versichert sind, so gebührt ihm ein Nachlass von 20 vH von der vereinbarten Prämie (§ 21 Abs 1 KHVG). Hat der geschädigte Versicherungsnehmer einen Verzicht gemäß Absatz 1 nicht geleistet, so steht dem Versicherer des Schädigers im Schadenfall der Ersatz seiner durch die Abgeltung der in Absatz 1 angeführten Ansprüche entstandenen Aufwendungen durch den Versicherer des Geschädigten zu (§ 21 Abs 4 KHVG).
§ 59 Abs 2 KFG normiert als Ausnahmetatbestand von der allgemeinen Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung drei Fälle: 1. das Fahrzeug steht im Besitz des Bundes oder anderer Gebietskörperschaften oder 2. im Besitz von Unternehmungen, die von Gebietskörperschaften unter ihrer Haftung betrieben werden oder 3. es handelt sich um Fahrzeuge von Verkehrsunternehmungen im ausschließlichen Eigentum des Bundes. Die ersten beiden Fälle scheiden hier aus, weil der Bus nach den Feststellungen weder im Besitz des Bundes noch von Unternehmungen stand, die von Gebietskörperschaften unter ihrer Haftung betrieben wurden, handelt es sich doch bei der Eigentümerin und Besitzerin des Busses um eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung, für die der Bund naturgemäß nicht haftet. Zu prüfen ist also der dritte Fall, nämlich ob der Bus von Verkehrsunternehmungen im ausschließlichen Eigentum des Bundes besessen wurde. Im dritten Fall geht es also nicht, wie die Revision unterstellt, um das Eigentum des Bundes am Fahrzeug, sondern um das Eigentum des Bundes an der Verkehrsunternehmung. Eine andere Lesart, nämlich, dass das Fahrzeug im ausschließlichen Eigentum des Bundes stehen müsste, kommt deshalb nicht in Betracht, weil es sich hiebei um einen (engeren) Unterfall des ersten Ausnahmetatbestands (Besitz) handeln würde, die keiner gesonderten Normierung bedurft hätte. Beim dritten Ausnahmefall kommt es auch nicht auf die Haftung des Bundes für die Verkehrsunternehmung an sich an, was - entgegen der Ansicht der Revisionswerberin - nicht zu einer Einschränkung der Haftung gegenüber dem Geschädigten führt. Liegt nämlich der Ausnahmetatbestand vor, so regelt § 59 Abs 2 KFG weiter, dass die privilegierten Fahrzeugbesitzer, das heißt im dritten Ausnahmefall der Bund als Eigentümer der Verkehrsunternehmung, bei Schäden, für die ohne die eingeräumte Ausnahme eine Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung zu bestehen hätte, für Personen, die mit ihrem Willen beim Betrieb des Fahrzeugs tätig sind, in gleicher Weise und in gleichem Umfang einzutreten hat wie ein Haftpflichtversicherer bei Bestehen einer den Vorschriften des KHVG 1994 in der jeweils geltenden Fassung entsprechenden Kraftfahrzeug- Haftpflichtversicherung. Dies bedeutet für den vorliegenden Fall, dass der Bund auf Grund des Gesetzes wie ein Haftpflichtversicherer für Schäden haftet, die von Lenkern von Fahrzeugen von Verkehrsunternehmungen, die in seinem ausschließlichen Eigentum stehen, verursacht werden. Diese Verpflichtung entfällt nur insoweit, als eine (freiwillige) Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung abgeschlossen wurde (§ 59 Abs 2 letzter Satz KFG).
Auslegungsbedürftig ist die Wendung „im ausschließlichen Eigentum des Bundes". Der AB (abgedruckt auch in Dittrich/Veit/Rassl, Kraftfahrrecht II², § 59 KFG 3) führt dazu aus, dass die ausdrückliche Ausnahme von der Haftpflichtversicherung für Fahrzeuge von Verkehrsunternehmungen im ausschließlichen Eigentum des Bundes im Hinblick auf die neue Rechtstellung der ÖBB aufgrund des Bundesbahngesetzes erforderlich gewesen sei. Dadurch solle sichergestellt werden, dass die Fahrzeuge der ÖBB, wie auch schon bisher, von der gesetzlichen Haftpflichtversicherung ausgenommen seien.
Daraus ergibt sich der Wille des Gesetzgebers, dass die Ausnahmebestimmung auch alle jene Verkehrsunternehmungen betreffen soll, die infolge Dazwischenschaltung allein vom Bund beherrschter Gesellschaften letztlich (wirtschaftlich) im alleinigen Eigentum des Bundes stehen. Eine Beschränkung des Ausnahmetatbestands auf eine unmittelbare Beteiligung des Bundes an der Verkehrsunternehmung würde den erkennbaren Intentionen des Gesetzgebers zuwiderlaufen. Es kommt bei diesem Ausnahmetatbestand nicht auf eine allfällige Haftung des Bundes als Gesellschafter, sondern auf dessen wirtschaftliche Eigentümereigenschaft an. Durch § 59 Abs 2 KFG ist in diesem Fall dessen Haftung für allfällige Schäden, die nicht durch die freiwillige Haftpflichtversicherung gedeckt sind, sichergestellt.
Im vorliegenden Fall ist der Bund unstrittig letztlich der alleinige (wirtschaftliche) Eigentümer der Verkehrsunternehmung. Er ist zu 100 % Gesellschafter der ÖBB-Holding AG, die ihrerseits zu 100 % Gesellschafterin der Österreichischen Bundesbahnen ist, die zu 99,93 % Gesellschafterin der ÖBB Postbus GmbH ist. Die 0,07 % Anteile wurden treuhändig für die Österreichischen Bundesbahnen gehalten. Die Einschaltung eines Treuhänders schadet aber nicht. Der Treuhänder hat zwar das Vollrecht, hat dieses aber nur im fremden Interesse und auf Weisung des Treugebers im Außenverhältnis auszuüben (vgl Strasser in Rummel³, § 1002 ABGB Rz 42a), sodass auch diese Anteile wirtschaftlich gesehen im Eigentum der ÖBB Postbus GmbH standen. Die ÖBB Postbus GmbH stand daher im Sinn von § 59 Abs 2 KFG im ausschließlichen Eigentum des Bundes.
Aufgabe der ÖBB Postbus GmbH war es vor allem, den öffentlichen Verkehr zur Beförderung von Personen und Gütern abzuwickeln. Sie nahm diese Aufgaben im Interesse des Bundes als ausschließlichen Eigentümer im Sinn von § 59 Abs 2 KFG wahr. Insofern ist sie ein Verkehrsunternehmen, auch wenn sie noch andere Tätigkeiten verrichtet. Als ein Verkehrsunternehmen im ausschließlichen Eigentum des Bundes bedarf es für den am Unfall beteiligten Bus keiner Pflichthaftpflichtversicherung.
Infolge § 1 Abs 3 KHVG ist § 21 KHVG nicht anzuwenden, weil der Bus unter § 59 Abs 2 KFG fällt. Gleiches ergibt sich zusätzlich noch aus der gemeinsamen Überschrift des 4. Abschnitts, der sich nur auf Pflichtversicherungen bezieht (und weiters aus der RV 80 BlgNR XXIII. GP. 14 zum KrÄG 2007). Für den Bus wurde daher zu Recht nur ein freiwilliger Haftpflichtversicherungsvertrag mit der Beklagten abgeschlossen. Schon aus diesem Grund kann von einem Vertrag zu Lasten Dritter nicht gesprochen werden.
Durch § 21 KHVG sollte überdies gewährleistet werden, dass letztlich derjenige Versicherer die Kosten für die Inanspruchnahme von Mietwagen oder Taxis trägt, der die dafür vorgesehene Prämienzahlung erhalten hat (RV 1681 BlgNR XVIII. GP. 13). Diese Kosten sollten daher vom Versicherer des Geschädigten an den Versicherer des Schädigers zu ersetzen sein, weil durch den prämienwirksamen Verzicht eines Versicherungsnehmers auf diese bestimmten Schadenersatzansprüche die Versicherungsgemeinschaft von den Kosten solcher Schadenleistungen entlastet wird, die nicht für alle Versicherungsnehmer von wesentlicher Bedeutung sind (7 Ob 116/01m mwN = SZ 74/93). Die Beklagte hat bei der freiwilligen Haftpflichtversicherung ebenfalls keine (zusätzliche) Prämie erhalten, sodass ihr Einstehen nach § 21 Abs 4 KHVG dem Sinn der Bestimmung zuwiderlaufen würde. Die Klägerin übersieht bei ihrer Argumentation auch, dass sich der Verzicht nach § 21 KHVG ausschließlich auf Ansprüche bezieht, die gegen Personen bestehen, die durch einen Haftpflichtversicherungsvertrag für ein unter § 59 Abs 1 KFG fallendes Fahrzeug versichert sind. Vom Verzicht und dem Prämiennachlass sind daher von vornherein Ansprüche aus Schäden, die an Fahrzeugen entstehen, die unter § 59 Abs 2 KFG fallen, nicht umfasst.
Abgesehen davon kann im Verhältnis zwischen den verfahrensbeteiligten Versicherern keine Ungleichbehandlung erkannt werden, wenn § 21 Abs 4 KHVG aufgrund des zwischen den Parteien geschlossenen Vertrags nicht zur Anwendung kommt, weil die Versicherer bei ihrer Prämienkalkulation die dargelegte Gesetzeslage nach dem KFG und KHVG berücksichtigen.
Es besteht auch keine Schutzpflicht des Versicherers zugunsten der anderen Versicherer, bei der Vertragsgestaltung seinen Vertragspartner dahingehend zu kontrollieren, ob der von ihm gewollte freiwillige Haftpflichtversicherungsvertrag aufgrund von gesellschaftsrechtlichen Strukturen überhaupt zulässig ist. Dies ergibt sich schon daraus, dass der freiwillige Haftpflichtversicherungsvertrag eben freiwillig, das heißt ohne gesetzliche Verpflichtung, abgeschlossen wird. Wenn, wie hier, die Zulassung ohne Abschluss eines Pflichthaftpflichtversicherungsvertrags erfolgt, müsste gar kein Haftpflichtversicherungsvertrag, nicht einmal ein freiwilliger, abgeschlossen werden. Die Klägerin könnte in diesem Fall mangels Versicherungsvertrags auch keine Ansprüche nach § 21 Abs 4 KHVG geltend machen.
Die Vorinstanzen haben daher zu Recht das Klagebegehren abgewiesen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 50, 41 ZPO.
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