OGH 14Os17/08v

OGH14Os17/08v11.3.2008

Der Oberste Gerichtshof hat am 11. März 2008 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Holzweber als Vorsitzenden und den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Schroll, die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Mag. Hetlinger, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Mag. Lendl sowie die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Mag. Fuchs in Gegenwart des Richteramtsanwärters MMag. Klaus als Schriftführer in der Strafsache gegen Karl K***** wegen des Vergehens des schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 1 Z 1 und Abs 2 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts Salzburg als Schöffengericht vom 5. September 2007, GZ 38 Hv 231/06i-47, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Linz zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Karl K***** des Vergehens des schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 1 Z 1 und Abs 2 StGB schuldig erkannt.

Danach hat er „am 10. 2. 2005 in Wien gemeinsam mit den gesondert verfolgten Dietmar H***** und Manfred S***** in bewusstem und gewolltem Zusammenwirken mit dem Vorsatz sich durch das Verhalten der Getäuschten, nämlich Verfügungsberechtigten der I***** durch Zahlung einer Kreditsumme von 30.000 Euro unrechtmäßig zu bereichern, wobei er eine falsche Gehaltsabrechnung der Fa. B. S***** KEG für die Monate Oktober, November und Dezember 2004 verwendete, Vorgenannte durch Täuschung über Tatsachen (Anm: nämlich seine Einkommens-, Vermögens- und Beschäftigungslosigkeit; vgl US 4 f) zu vorgenannter Handlung verleitet, die sie an ihrem Vermögen schädigte, wobei der Schaden 3.000 Euro überstieg".

Die vom Angeklagten dagegen erhobene, auf § 281 Abs 1 Z 5, 5a, 9 lit a und 10 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde ist nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Der Mängelrüge (Z 5) ist vorweg zu erwidern, dass eine Begründung dann offenbar unzureichend ist (Z 5 vierter Fall), wenn für den Ausspruch über eine entscheidende Tatsache entweder überhaupt keine oder nur solche Gründe (Scheingründe) angegeben sind, aus denen sich nach den Denkgesetzen oder der allgemeiner Lebenserfahrung ein Schluss auf die zu begründende Tatsache entweder überhaupt nicht ziehen lässt, oder der logische Zusammenhang kaum noch erkennbar ist (RIS-Justiz RS0108609), wobei Beweiswerterwägungen der Tatrichter - sofern sie nicht den Gesetzen der Folgerichtigkeit oder grundlegenden empirischen Erfahrungssätzen über Kausalitätszusammenhänge widersprechen - als Anfechtungsgegenstand der Z 5 überhaupt von vornherein ausscheiden (RIS-Justiz RS0118317).

Diese Kriterien prozessual zulässiger Anfechtung missachtet die Rüge, indem sie mit der Behauptung einer unzureichenden und „in erheblichem Widerspruch" zu den Ergebnissen des Beweisverfahrens stehenden Begründung der subjektiven Sachverhaltsannahmen aus dem vom Erstgericht zu deren Begründung angeführten objektiven Geschehen, wonach der Angeklagte (seiner Verantwortung entsprechend) den Kreditantrag „blanko" unterschrieben, eine falsche Arbeitsbestätigung vorgelegt und fälschlich ein Arbeitsverhältnis behauptet hat (US 4, 6 f), in selbstständiger Beweiswürdigung andere und für den Angeklagten günstigere Schlüsse als die Tatrichter zieht und unter nicht nachvollziehbarer Bezugnahme auf eine Fundstelle („ON 4 Seite 9" und im Übrigen der Verantwortung des Angeklagten in der Hauptverhandlung zuwiderlaufend, S 8/II) einwendet, dieser habe bei Eröffnung eines Girokontos falsche Angaben getätigt, „nicht jedoch gegenüber der I*****" und ferner moniert, „die Unterlagen des Kreditantrags der I***** Bank" seien „ohne Wissen und Zutun des Angeklagten vorgelegt worden".

Gleiches gilt für das Vorbringen, dass der Angeklagte in der Hauptverhandlung „von einer Kreditaufnahme spricht" und davon, „über Rückzahlungsmodalitäten des Kredits nicht gesprochen zu haben, zumal er diesen Kredit auch nicht hätte zurückzahlen können" bilde „bei lebensnaher Betrachtung ein Indiz dafür, dass der Angeklagte über Ausmaß und Tragweite seines Handelns nicht im klaren war", wobei sich die Tatrichter entgegen der weiteren Kritik mit der insoweit leugnenden Verantwortung des Angeklagten ebenso auseinander gesetzt haben, wie mit dem Gutachten des gerichtlichen Sachverständigen (S 12 ff/II), wonach beim Angeklagten bei gegebener Diskretions- und Dispositionsfähigkeit eine intellektuelle Minderbegabung, ein Identitätsproblem und eine Entscheidungsschwäche besteht (US 6 ff). Der formelle Nichtigkeitsgrund der Z 5a greift seinem Wesen nach erst, wenn Beweismittel, die in der Hauptverhandlung vorkamen oder vorkommen hätten können und dürfen, nach allgemein menschlicher Erfahrung gravierende Bedenken gegen die Richtigkeit der bekämpften Urteilsannahmen aufkommen lassen, mit anderen Worten intersubjektiv gemessen an Erfahrungs- und Vernunftsätzen eine unerträgliche Fehlentscheidung qualifiziert nahe legen. Eine über die Prüfung erheblicher Bedenken hinausgehende Auseinandersetzung mit der Überzeugungskraft von Beweisergebnissen - wie sie die Berufung wegen Schuld des Einzelrichterverfahrens einräumt - wird dadurch nicht ermöglicht (RIS-Justiz RS0118780).

Solcherart erhebliche Bedenken an den dem Ausspruch über die Schuld zugrunde liegenden entscheidenden Tatsachen vermag die Tatsachenrüge, die unter teilweiser Wiederholung der Argumentation in der Mängelrüge die Zuverlässigkeit der Aussage des Angeklagten aufgrund „psychischer Defizite" in Frage stellt und mit derselben Begründung den „Tatvorsatz" bestreitet, nicht zu erwecken.

Ein Feststellungsmangel wird geltend gemacht, indem unter Hinweis auf einen nicht durch Feststellungen geklärten, jedoch indizierten Sachverhalt eine vom Erstgericht nicht gezogene rechtliche Konsequenz angestrebt wird, weil dieses ein Tatbestandsmerkmal, einen Ausnahmesatz (§ 281 Abs 1 Z 9 lit a bis lit c StPO) oder eine andere rechtliche Unterstellung bei der Beurteilung nicht in Anschlag gebracht hat (RIS-Justiz RS 0118580). Dabei darf kein konstatierter Umstand übergangen oder bestritten werden.

Demgegenüber entfernt sich die Rechtsrüge (Z 9 lit a) des Angeklagten mit der Behauptung fehlender Annahmen zur subjektiven Tatseite von den entsprechenden Urteilskonstatierungen (US 4, 5 und 7) und legt ferner mit der Kritik unterbliebener Feststellungen dahin, „dass gerade die Vorlage einer gefälschten Lohn- und Gehaltsbestätigung sowie das Auswendiglernen der Beschäftigung kausal für die Auszahlung der Kreditvaluta waren", nicht dar, weshalb es darauf ankommen sollte, dass der schadenskausale Irrtum der Getäuschten allein auf diese Umstände zurückzuführen ist (vgl im Übrigen Kirchbacher/Presslauer in WK² § 147 [2006] Rz 11).

Auch die gegen die Annahme eines die Delikts- und Schadensqualifikation umfassenden Vorsatzes gerichtete Subsumtionsrüge (Z 10) zeigt kein relevantes Defizit erstgerichtlicher Feststellungen auf, weil nicht deutlich wird, inwiefern fallaktuell bei Einbeziehen der Konstatierungen der Tatrichter, wonach der Angeklagte mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz anlässlich der Täuschung über seine Einkommens- und Vermögenslosigkeit wissentlich falsche Lohn- und Gehaltsbestätigungen (S 219 ff/I) zum bewussten Erhalt von 30.000 Euro verwendete (US 4, 7), anderes als vorsätzliches (§ 5 StGB) Täuschen unter Verwendung der erwähnten falschen Beweismittel und Zufügen eines 3.000 Euro übersteigenden Vermögensschadens in Betracht kommen soll (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 19).

Indem die Rüge schließlich behauptet, die in Rede stehenden Gehaltsabrechnungen seien von einer Person ausgestellt worden, die sich fälschlich als Buchhalterin der B. S***** KEG ausgegeben habe, und solcherart das Kriterium der Urkunde als falsch in Frage stellt, erklärt sie nicht, weshalb die rechtliche Unterstellung dieses Schriftstücks mit unwahrem Inhalt als falsches Beweismittel unter die Qualifikation des § 147 Abs 1 Z 1 (vierter Fall) StGB unrichtig sein soll (Kirchbacher/Presslauer in WK² § 147 [2006] Rz 36), womit es erneut am Bezug zu dem diesem Gesetz unterstellen Sachverhalt fehlt. Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Kompetenz des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung folgt (§ 285i StPO).

Die Kostenersatzpflicht gründet sich auf § 390a Abs 1 StPO.

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