OGH 11Os4/08k

OGH11Os4/08k26.2.2008

Der Oberste Gerichtshof hat am 26. Februar 2008 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Zehetner als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Danek, Dr. Schwab, Dr. T. Solé und Mag. Lendl als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Wieltschnig als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Rudolf H***** wegen des Verbrechens des teils vollendeten, teils versuchten gewerbsmäßigen schweren Diebstahls nach §§ 127, 128 Abs 1 Z 2 und Z 4, 130 dritter Fall und 15 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten sowie die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts Feldkirch als Schöffengericht vom 6. November 2007, GZ 24 Hv 146/07x-44, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Innsbruck zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Rudolf H***** des Verbrechens des teils vollendeten, teils versuchten gewerbsmäßigen schweren Diebstahls nach §§ 127, 128 Abs 1 Z 2 und Z 4, 130 dritter Fall und 15 StGB schuldig erkannt.

Danach hat er von 2001 bis 2003 sowie von Oktober 2006 bis August 2007 an verschiedenen Orten in Vorarlberg, Tirol und Salzburg in zahlreichen Angriffen („etwa 30 Fahrten") in Kirchen, somit der Religionsausübung dienenden Räumen, den Berechtigten fremde bewegliche Sachen, nämlich Bargeld in einem Gesamtwert von etwa 18.000 EUR, mit dem Vorsatz weggenommen bzw wegzunehmen versucht, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern, wobei er „den" schweren Diebstahl in der Absicht beging, sich durch die wiederkehrende Begehung der Tat eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen.

Rechtliche Beurteilung

Dagegen richtet sich die undifferenziert auf Z 1a und 3 des § 281 Abs 1 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten, der keine Berechtigung zukommt.

Der Beschwerdeführer bringt vor, die Anklageschrift sei seiner Verteidigerin nicht zugestellt worden, diese sei erst unmittelbar vor der Hauptverhandlung am 6. November 2007 von dem Termin telefonisch in Kenntnis gesetzt worden und hätte daher keine Möglichkeit gehabt, sich entsprechend vorzubereiten.

Nach dem Inhalt des vom Beschwerdeführer nicht kritisierten Hauptverhandlungsprotokolls (ON 43) war die Verteidigerin während der Hauptverhandlung anwesend. So verzichtete sie etwa auf eine Gegenausführung zum Vortrag der Anklageschrift, befragte den - voll inhaltlich geständigen - Angeklagten, erteilte die Zustimmung zur Verlesung des Akteninhalts (§ 252 Abs 1 Z 4 StPO) und beantragte schließlich ein mildes Urteil (S 252 f/III).

Nichtigkeit nach Z 1a liegt aber nur vor, wenn der Angeklagte nicht während der ganzen Hauptverhandlung durch einen Verteidiger vertreten war. Im Übrigen würde auch eine kurze Abwesenheit der Verteidigerin - etwa während der Befragung des Angeklagten über seine persönliche Verhältnisse nach § 240 StPO - diesen Nichtigkeitsgrund nicht begründen (Fabrizy StPO9 § 281 Rz 31a, Ratz, WK-StPO § 281 Rz 152). Nichtigkeit nach Z 3 ist nur gegeben, wenn in der Hauptverhandlung eine der im Gesetz (in Bezug auf die StPO) taxativ aufgezählten Vorschriften verletzt oder vernachlässigt worden ist. Die Bestimmungen über die Zustellung der Anklageschrift zählen nicht dazu. Nach dem Akteninhalt wurde diese - dem Gesetz entsprechend (§ 209 Abs 1 StPO aF) - dem verhafteten Angeklagten mündlich kundgemacht. Eine Zustellung an seine Verteidigerin hat er nicht beantragt (ON 34).

Die Mindestvorbereitungsfrist des § 221 Abs 1 erster Satz StPO aF galt - der Rüge zuwider - nur für die Vorladung des Angeklagten, nicht aber für seinen Verteidiger (Danek, WK-StPO § 221 Rz 11; Ratz, WK-StPO § 281 Rz 241; vgl hingegen nunmehr § 221 Abs 2 erster Satz StPO in der seit 1. Jänner 2008 geltenden Fassung). Der Angeklagte aber hat die Ladung zu der für 6. November 2007 anberaumten Hauptverhandlung am 18. Oktober 2007 übernommen (RS bei ON 35). Der Verteidigerin wäre es im Übrigen unbenommen geblieben, in der Hauptverhandlung einen Antrag auf Vertagung zwecks besserer Prozessvorbereitung zu stellen, dessen allfällige Abweisung nach § 281 Abs 1 Z 4 StPO bekämpft werden kann (Art 6 Abs 3 lit b MRK). Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bei nichtöffentlicher Beratung sogleich zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO). Daraus folgt die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts Innsbruck zur Entscheidung über die Berufungen (§ 285i StPO).

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 390a Abs 1 StPO.

Stichworte