OGH 15Os161/07a (15Os162/07y)

OGH15Os161/07a (15Os162/07y)18.2.2008

Der Oberste Gerichtshof hat am 18. Februar 2008 durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs Dr. Schmucker als Vorsitzende sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Danek, Hon.-Prof. Dr. Kirchbacher, Dr. T. Solé und Mag. Lendl als weitere Richter in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Pulker als Schriftführerin in der Strafsache gegen Hermann P***** wegen des Vergehens der Abgabenhinterziehung nach §§ 33 Abs 1, 38 Abs 1 lit a FinStrG und einer weiteren strafbaren Handlung über den Antrag des Angeklagten auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Anmeldung der Nichtigkeitsbeschwerde sowie über die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts Klagenfurt als Schöffengericht vom 16. November 2007, GZ 19 Hv 26/06y-52, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wird abgewiesen. Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil, das auch einen in Rechtskraft erwachsenen Teilfreispruch enthält, wurde der Angeklagte Hermann P***** der Vergehen der Abgabenhinterziehung nach §§ 33 Abs 1, 38 Abs 1 lit a FinStrG (I.) und nach §§ 33 Abs 2 lit a, 38 Abs 1 lit a FinStrG (II.) schuldig erkannt.

Danach hat er in K***** in der Absicht, sich durch die wiederkehrende Begehung gleichartiger Abgabenhinterziehungen eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, vorsätzlich

I. unter Verletzung einer abgabenrechtlichen Anzeige-, Offenlegungs- oder Wahrheitspflicht durch Nichtoffenlegung seiner Umsätze und Einkünfte aus dem Verkauf von Tonerleergebinden nachstehende Abgabenverkürzung bewirkt:

für das Jahr 2002 56.005,66 Euro an Umsatzsteuer und 95.276,79 Euro an Einkommensteuer;

II. unter Verletzung der Verpflichtung zur Abgabe von dem § 21 UStG 1994 entsprechenden Voranmeldungen eine Verkürzung an Umsatzsteuer bewirkt, wobei er dies nicht nur für möglich, sondern für gewiss hielt, und zwar

1. in der Zeit von Jänner bis Dezember 2003 53.285,40 Euro an Umsatzsteuer und

2. in der Zeit von Jänner bis Dezember 2004 46.890,03 Euro an Umsatzsteuer.

Nach Verkündung des Urteils und Belehrung des Angeklagten über die ihm zustehenden Rechtsmittel durch den Vorsitzenden des Schöffengerichts baten der Angeklagte und sein Verteidiger um drei Tage Bedenkzeit (S 98 f/II).

Am 30. November 2007 langte beim Erstgericht ein mit 26. November 2007 datierter, vom Angeklagten selbst verfasster Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur - unter einem erklärten - Anmeldung der Nichtigkeitsbeschwerde ein (S 135/II).

Zur Begründung brachte der Angeklagte vor, er habe seinen Verteidiger, von dem „die Einbringung des Rechtsmittels der Nichtigkeitsbeschwerde geplant war", zwar angewiesen, keine Nichtigkeitsbeschwerde anzumelden, doch habe er diese Entscheidung aufgrund seiner „damaligen Erkrankung (massive Kopfschmerzen, in ärztlicher Behandlung) unrichtig getroffen".

Rechtliche Beurteilung

Nach § 364 Abs 1 Z 1 StPO ist die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand dem Beschuldigten - neben anderen, hier nicht aktuellen Fällen - gegen die Versäumung der Frist zur Anmeldung eines Rechtsmittels zu bewilligen, sofern er nachweist, dass ihm die Einhaltung der Frist durch unvorhergesehene oder unabwendbare Ereignisse unmöglich war, es sei denn, dass ihm oder seinem Verteidiger ein Versehen nicht bloß minderen Grades zur Last liegt.

Die (behauptete) Erkrankung des Angeklagten ist für sich allein kein Grund für die Wiedereinsetzung. Erst dann, wenn zufolge der Krankheit die Dispositionsfähigkeit völlig ausgeschlossen wird, stellt diese ein Ereignis iSd § 364 Abs 1 Z 1 StPO dar, aufgrund dessen es unmöglich wäre, die - versäumte - Frist einzuhalten (Lewisch, WK-StPO § 364 Rz 24, 15 Os 163/01).

Dass die vom Angeklagten als Wiedereinsetzungsgrund geltend gemachten „massiven" Kopfschmerzen zu seiner völligen Dispositionsunfähigkeit geführt hätten, wurde im Wiedereinsetzungsantrag nicht einmal behauptet; vielmehr war der Angeklagte - laut eigenem Vorbringen - trotz seiner Erkrankung in der Lage, sowohl an der Hauptverhandlung teilzunehmen als auch deren Ergebnis mit seinem Verteidiger zu besprechen und diesem klare Anweisungen zu erteilen. Daran vermögen auch die mit der Stellungnahme des Verteidigers zur Äußerung der Generalprokuratur vorgelegte Behandlungsbestätigung hinsichtlich einer bereits Anfang Oktober 2007, also über einen Monat vor der Hauptverhandlung infolge eines Sturzes von einem Hochregal erlittenen Gehirnerschütterung, die ihn erst am 15. November 2007 veranlasste, sich in ärztliche Behandlung zu begeben, und die ihm an diesem Tag bis auf weiteres attestierte Arbeitsunfähigkeit nichts zu ändern, kann doch daraus keineswegs auf die gänzliche Unfähigkeit zu einem vernünftigen Handeln geschlossen werden. Außerdem hat der Angeklagte auch nunmehr lediglich die Behauptung aufgestellt, sein gesundheitlicher Zustand habe sich nach Ende der Hauptverhandlung noch zusätzlich verschlechtert, sodass er schließlich - in einem Moment völliger Resignation und ohne gedankliche Auseinandersetzung mit dem Urteil selbst - seinem Verteidiger auftrug, die Anmeldung des Rechtsmittels nicht vorzunehmen.

Mangels Vorliegens eines gesetzlichen Grundes für deren Bewilligung war die begehrte Wiedereinsetzung in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur daher zu verweigern. Das verspätet angemeldete Rechtsmittel der Nichtigkeitsbeschwerde war gemäß § 285d Abs 1 StPO schon bei nichtöffentlicher Beratung zurückzuweisen (RIS-Justiz RS0100229, SSt 35/47).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

Stichworte