OGH 13Os13/08y

OGH13Os13/08y13.2.2008

Der Oberste Gerichtshof hat am 13. Februar 2008 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Ratz als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Kirchbacher und Dr. Lässig und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Mag. Hetlinger und Mag. Fuchs in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Pulker als Schriftführerin in der Strafsache gegen Mirko S***** und einen anderen Angeklagten wegen des Verbrechens nach § 28 Abs 2 zweiter und dritter Fall, Abs 3 erster Fall, Abs 4 Z 3 SMG (aF) als Beteiligter nach § 12 zweiter Fall StGB und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten Mirko S***** gegen das Urteil des Landesgerichts Salzburg als Jugendschöffengericht vom 6. April 2007, GZ 033 Hv 52/07f-153, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Linz zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil, das auch einen in Rechtskraft erwachsenen Schuldspruch des Mitangeklagten Ranko S***** und einen rechtskräftigen Teilfreispruch des Mirko S***** enthält, wurde Mirko S***** des Verbrechens nach § 28 Abs 2 zweiter und dritter Fall, Abs 3 erster Fall und Abs 4 Z 3 SMG (aF) als Beteiligter nach § 12 zweiter Fall StGB (I/A/1/a), des Verbrechens nach § 28 Abs 2 vierter Fall, Abs 3 erster Fall, Abs 4 Z 3 SMG (aF; I/A/1/b), siebener Vergehen nach § 28 Abs 1 SMG (aF; I/A/2) und des Vergehens nach § 50 Abs 1 Z 2 WaffG (II.) schuldig erkannt.

Danach hat er in Salzburg

I. den bestehenden Vorschriften zuwider

A/1 gewerbsmäßig in Beziehung auf ein Suchtgift, dessen Menge zumindest das 25-fache der Grenzmenge (§ 28 Abs 4 Z 3 iVm Abs 6 SMG aF) ausgemacht hat,

a. im Zeitraum von Oktober 2005 bis Oktober 2006 den abgesondert verfolgten Goran D***** durch Bestellung der entsprechenden Suchtgiftquanten zur Veranlassung von mehreren Lieferungen Heroin von Serbien durch ein anderes Land nach Österreich, sohin zur Aus- und Einfuhr von insgesamt (richtig:) 1.457 Gramm Heroin (vgl US 7 f; zu ergänzen: mit einem Wirkstoffgehalt von ca 122 Gramm [US 15]), bestimmt;

b. im Zeitraum von März 2006 bis Oktober 2006 durch Übergabe von insgesamt 1.270 Gramm Heroin (zu ergänzen: mit einem Wirkstoffgehalt von ca 106 Gramm [US 15 und 17]) an im Urteilstenor namentlich genannte Personen in zahlreichen Angriffen Suchtgift in Verkehr gesetzt;

A/2 285 Gramm Heroin (zu ergänzen: mit einem Wirkstoffgehalt von 23,9 Gramm [US 15 und 17]) mit dem Vorsatz erworben, es in Verkehr zu setzen;

II. in der Zeit von Mitte August bis 20. Oktober 2006, wenn auch nur fahrlässig, einen „Totschläger", mithin eine verbotene Waffe (§ 17 Abs 1 Z 6 WaffG), unbefugt besessen.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen nominell aus dem Grunde der Z 5 des § 281 Abs 1 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten verfehlt ihr Ziel. Dem Beschwerdeeinwand, die festgestellte Menge (zum Weiterverkauf erworbener) 2.285 Gramm Heroin (Schuldspruch F/A/2) finde im Beweisverfahren keine Deckung und sei im Urteil unbegründet geblieben, ist zunächst zu erwidern, dass sowohl der Ausspruch nach § 260 Abs 1 Z 1 StPO als auch die Entscheidungsgründe (US 3, 10, 11, 15) ausdrücklich eine Quantität von 285 Gramm Heroin nennen, während einzig der Rechtsmittelwerber - unter irrtümlicher Einbeziehung der fortlaufenden Nummerierung des Schuldspruchs „2." in die Mengenangabe - fälschlich von einer Verurteilung wegen 2.285 Gramm ausgeht. Dass der Angeklagte aber eine Menge von 285 Gramm Heroin mit dem Vorsatz erwarb, es in Verkehr zu setzen, hat das Erstgericht - durch den pauschalen Verweis eingangs der Beweiswürdigung (US 12) - auf die diesbezüglich umfassend geständige Verantwortung des Angeklagten im Verein mit der Sicherstellung einer Menge von 285 Gramm Heroin in seiner Wohnung und seinem Fahrzeug (S 401, 429/VI; ON 95; US 10, 15) gestützt und ist damit - dem Gebot gedrängter Darstellung der Entscheidungsgründe (§ 270 Abs 2 Z 5 StPO) entsprechend - seiner Begründungspflicht hinreichend nachgekommen. Hatte Mirko S***** nämlich unmissverständlich deponiert, selbst nicht suchtgiftabhängig zu sein, sondern von Goran D***** ausschließlich deshalb Suchtgift bezogen zu haben, um es in Österreich gewinnbringend weiterzuverkaufen, und die ermittelnden Kriminalbeamten auf eine in einem Versteck seiner Wohnung verbliebene Restmenge (von 275 Gramm) Heroin hingewiesen, die „noch nicht verkauft worden sind" (S 93, 109/VI; S 329 ff, insbes S 333/III; S 268 ff/XI), bedurfte die bekämpfte Feststellung keiner weitergehenden Erörterung. Bei seiner Kritik an der Urteilsannahme, Mirko S***** habe 600 Gramm Heroin (und nicht - wie von ihm eingestanden - bloß 300 Gramm) an Birgit W***** weiterverkauft, vermag der Beschwerdeführer keine den Gesetzen folgerichtigen Denkens oder grundlegenden Erfahrungssätzen zuwiderlaufende Begründung dieser (mängelfrei auf die Gesamtheit der Bekundungen der Zeugin Birgit W***** und daran geknüpfte, empirisch einwandfreie Überlegungen gestützten, US 13 f) Feststellung aufzuzeigen, indem er aus isoliert zitierten Aussagepassagen der Zeugin Birgit W***** und unter Hinweis auf einen - von den Tatrichtern indes ohnehin nicht unberücksichtigt gelassenen (US 14) - Widerspruch in deren Angaben seiner eigenen Verantwortung zu einer geringeren Menge an die Genannte weitergegebenen Suchtgifts zum Durchbruch zu verhelfen trachtet und für ihn günstigere als vom Schöffengericht gezogene Schlüsse abzuleiten versucht. Indem die Mängelrüge schließlich kritisiert, das Erstgericht hätte es unterlassen, sich im Beweisverfahren mit einer allfälligen Suchtgiftabhängigkeit des Angeklagten auseinander zu setzen und ein Gutachten darüber einzuholen, zeigt sie nicht auf, inwiefern den Tatrichtern in diesem Zusammenhang ein Begründungsmangel im Sinne der Z 5 unterlaufen sein sollte.

Insoweit dieses Vorbringen als Behauptung einer Verletzung des Grundsatzes der amtswegigen Wahrheitsforschung durch das Erstgericht verstanden werden könnte (Z 5a), wird prozessordnungswidrig nicht deutlich gemacht, wodurch der Rechtsmittelweber selbst an der Ausübung seines Rechts, die Beweisaufnahme in der Hauptverhandlung sachgerecht zu beantragen, gehindert war und daher belehrt hätte werden müssen (§ 3 StPO aF), um so die Ermittlung der Wahrheit zu fördern (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 480; RIS-Justiz RS0115823, RS0114036).

Im Übrigen hat der Angeklagte durchgehend behauptet, nicht drogenabhängig zu sein und noch nie Suchtgift konsumiert zu haben (S 93/VI, S 333/ON 41; S 269/Bd XI).

Das Vorbringen zu nach der Verkündung der angefochtenen Entscheidung getätigten, eine Kokainabhängigkeit indizierenden Äußerungen des Angeklagten gegenüber seinem Verteidiger ist aufgrund des im Nichtigkeitsverfahren bestehenden Neuerungsverbots ebenso unbeachtlich wie das mit der Nichtigkeitsbeschwerde vorgelegte Gutachten des Sachverständigen für Neurologie und Psychiatrie Prof. Dr. Werner L***** „über den psychischen Gesundheitszustand des Mirko S*****" (ON 173).

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO). Daraus folgt die Kompetenz des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung (§ 285i StPO).

Die Kostenersatzpflicht des Angeklagten beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

Stichworte