Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung wegen Schuld werden zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufung wegen des Ausspruchs über die Strafe werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet. Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde Martin W***** der Verbrechen des schweren sexuellen Missbrauchs von Unmündigen nach § 206 Abs 1 StGB (A), des Verbrechens des sexuellen Missbrauchs von Unmündigen nach § 207 Abs 1 StGB (B) sowie der Vergehen nach § 2 Abs 1 lit c Pornographiegesetz (C) schuldig erkannt.
Danach hat er - soweit für das Verfahren über die Nichtigkeitsbeschwerde von Bedeutung -
A) von Sommer 2005 bis zum 26. April 2006 mit der unmündigen Alice
S*****, geboren am 27. April 1992, in mehrfachen Angriffen den Beischlaf unternommen, indem er mit ihr einen Vaginalverkehr durchführte (und eine dem Beischlaf gleichzusetzende Handlung unternommen, indem er von ihr einen Oralverkehr an sich vornehmen ließ; US 5);
B) im Sommer 2005 zumindest einmal außer dem Fall des § 206 StGB eine
geschlechtliche Handlung an der am 27. April 1992 geborenen, unmündigen Alice S***** vorgenommen, indem er ihre nackte Vagina intensiv berührte.
Rechtliche Beurteilung
Inhaltlich nur gegen den Schuldspruch zu A und B richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 5 und 9 lit a StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten. Sie verfehlt ihr Ziel.
Entgegen der eine Undeutlichkeit der Begründung der Feststellungen zum Tatzeitraum reklamierenden Mängelrüge (Z 5) sind die Ausführungen des Erstgerichts hiezu unmissverständlich. Es stützte sich bei diesen Konstatierungen auf die Depositionen der Alice S*****, die sehr gut in der Lage sei, „zeitliche Komponenten im groben einzuordnen" (US 7). Die deren Beweiskraft bestreitenden Erwägungen der Nichtigkeitsbeschwerde erweisen sich somit als - in diesem Anfechtungsrahmen unzulässige - Kritik der Beweiswürdigung. Gleiches gilt für die auf der selektiven Wiedergabe einzelner Passagen der Aussage der Alice S***** beruhende eigenständige Einschätzung der Fähigkeit der minderjährigen Zeugin, den Tatzeitraum einzugrenzen, und die pauschale Behauptung, „eindeutig entlastende Aussagen der Minderjährigen nicht entsprechend gewürdigt" zu haben. Dass die Angaben der Zeugin auch anders - für den Angeklagten günstiger - beurteilt werden könnten, begründet ebenso wenig eine Unvollständigkeit (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 450) wie mit der Berufung auf den Zweifelsgrundsatz ein Begründungsmangel aufgezeigt werden kann (RIS-Justiz RS0102162).
Mit Divergenzen hinsichtlich der Angaben zum Tatzeitraum in den beiden polizeilichen Niederschriften der Zeugin haben sich die Tatrichter - der Beschwerde zuwider - auseinandergesetzt (US 9 letzter Absatz).
Auch die Aussagen der Zeugen M***** und H***** blieben nicht unberücksichtigt (US 8), die Tatrichter haben sie jedoch - im Rahmen des ihnen zustehenden Ermessens - anders gewürdigt als der Beschwerdeführer. Soweit dieser in diesem Zusammenhang releviert, das Gericht habe gewisse Fragen nicht an den Zeugen H***** gerichtet, legt er nicht dar, wodurch er an der Ausübung seines Rechtes, diese Fragen in der Hauptverhandlung zu stellen, gehindert war (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 480).
Mit den Ausführungen zu entlastenden, nach Ansicht der Beschwerde zu wenig gewürdigten Momenten in den Depositionen der Zeugin Silvana W***** vermag die Rüge keine Nichtigkeit im Sinn des geltend gemachten Nichtigkeitsgrundes darzustellen, sondern verbleibt wiederum auf der Ebene der Beweiswürdigungskritik.
Gegenstand der Rechtsrüge (Z 9 lit a) ist ausschließlich der Vergleich des zur Anwendung gebrachten materiellen Rechts, einschließlich prozessualer Verfolgungsvoraussetzungen, mit dem festgestellten Sachverhalt (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 581). Diesen Bezugspunkt verfehlt die Beschwerde, indem sie auf Basis eigener Beweiswürdigung zusätzliche, dem Prozessstandpunkt des Angeklagten dienliche Konstatierungen reklamiert.
Soweit schließlich eingewendet wird, „die Anzahl der tatbestandsmäßigen Handlungen sowie auch deren Zeitpunkte" seien nicht bestimmt (inhaltlich Z 3), wird damit eine mangelnde Individualisierung der Taten nicht dargetan, zumal allfällige Zweifel im Fall einer späteren Verfolgung für das Vorliegen des Verfolgungshindernisses des ne-bis-in-idem streiten (Lendl, WK-StPO § 260 Rz 10).
Die Nichtigkeitsbeschwerde und die (angemeldete, gegen Urteile von Kollegialgerichten in der Strafprozessordnung aber nicht vorgesehene) Berufung wegen Schuld waren daher bereits bei nichtöffentlicher Beratung sogleich zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichtes Wien für die Entscheidung über die Berufung folgt (§ 285i StPO).
Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 390a Abs 1 StPO.
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