OGH 11Os152/07y

OGH11Os152/07y29.1.2008

Der Oberste Gerichtshof hat am 29. Jänner 2008 durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Schwab als Vorsitzenden sowie den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Zehetner und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Philipp, Dr. Danek und Mag. Lendl als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Wieltschnig als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Mohammed B***** wegen der Verbrechen nach § 28 Abs 2 vierter Fall und Abs 3 erster Fall SMG und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts Innsbruck als Schöffengericht vom 14. August 2007, GZ 27 Hv 97/07m-56, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

In Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde und aus deren Anlass wird das angefochtene Urteil aufgehoben und die Sache an das Erstgericht zu neuer Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen. Mit seiner Berufung wird der Angeklagte auf diese Entscheidung verwiesen.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der Angeklagte Mohammed B***** des (richtig: der) Verbrechen(s) nach § 28 Abs 2 [ergänze: vierter Fall] und Abs 3 erster Fall SMG aF (A) und der Vergehen nach § 27 Abs 1 SMG aF (B) schuldig erkannt.

Danach hat er zu nicht mehr feststellbaren Zeitpunkten zwischen Anfang 2006 und Anfang Jänner 2007 im Großraum Innsbruck

A) den bestehenden Vorschriften zuwider Suchtgift in einer großen

Menge (Abs 6), nämlich ziffernmäßig insgesamt nicht mehr feststellbare, die Grenzmenge jedoch um ein Mehrfaches übersteigende große Mengen an Cannabisprodukten und Kokain durch in geringem Umfang kostenlose Weitergabe, größtenteils aber gewerbsmäßigen Verkauf an abgesondert verfolgte, teilweise namentlich nicht bekannte Drogenkonsumenten in Verkehr gesetzt;

B) den bestehenden Vorschriften zuwider Suchtgifte, nämlich

ziffernmäßig insgesamt nicht mehr feststellbare Mengen an Cannabisprodukten und Kokain, vom abgesondert verfolgten Wafi K***** sowie diversen weiteren namentlich nicht bekannten Personen für den Eigenbedarf erworben und besessen.

Rechtliche Beurteilung

Der vom Angeklagten erhobenen, auf § 281 Abs 1 Z 3, 5 und 9 lit a StPO gegründeten Nichtigkeitsbeschwerde kommt Berechtigung zu. Zutreffend vermisst der Beschwerdeführer in seiner auf den Schuldspruch A bezogenen (nominell auf Z 3 gestützten) Subsumtionsrüge (Z 10) Feststellungen über die Mengen der von ihm in Verkehr gesetzten Suchtmitteln und der darin enthaltenen Reinsubstanzen.

Konstatierungen über die (Mindest-)Mengen und deren Reinheitsgehalt sind aber zur Beurteilung des Vorliegens einer „großen Menge" - deren Untergrenze nach § 28 Abs 6 SMG aF iVm § 1 der Suchtgift-Grenzmengenverordnung/Anlage 1 BGBl II 377/1997 idF BGBl II 228/2006 (und ebenso - relevant auf Grund der zur Last liegenden Tatzeiträume - idF BGBl II 137/2004) bei Kokain mit 15 Gramm und bei Tetrahydrocannabinol (THC) mit 20 Gramm festgesetzt wurde - unerlässlich. Die bloße Bezeichnung „große Menge (Abs 6)" ohne jegliche Feststellung über die Reinsubstanz dieser Suchtmittel erlaubt nämlich keine verlässliche Beurteilung, ob durch die vom Schuldspruch erfasste Weitergabe eine große Menge iSd § 28 Abs 6 SMG aF in Verkehr gesetzt wurde (vgl RIS-Justiz RS0111350). Die fehlenden Feststellungen begründen die Nichtigkeit des Schuldspruches A nach § 281 Abs 1 Z 10 StPO, der schon deshalb zu beseitigen war (§ 285e StPO), ohne dass es einer Erörterung des weiteren Beschwerdevorbringens bedurfte.

Da der Schuldspruch B von der Beurteilung der zu A inkriminierten Taten abhängt (vgl insbesondere § 35 iVm § 37 SMG), war auch dieser zu kassieren (§ 289 StPO - RIS-Justiz RS0119278).

Das angefochtene Urteil war daher teils in Stattgebung und teils aus Anlass (§ 289 StPO) der Nichtigkeitsbeschwerde zur Gänze aufzuheben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückzuverweisen.

Mit seiner Berufung war der Angeklagte auf diese Entscheidung zu verweisen.

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