Spruch:
Der außerordentliche Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen (§ 15 FBG iVm § 71 Abs 3 AußStrG).
Text
Begründung
Die Gesellschaft ist zu FN ***** im Firmenbuch eingetragen. Alleingesellschafterin ist die C***** AG ***** mit Sitz in B*****, Schweiz. Ihr Gesellschaftsvertrag enthält unter anderem die Bestimmung, dass die Gesellschaft einen, zwei oder mehrere Geschäftsführer hat; sie wird, wenn nur ein Geschäftsführer bestellt ist, durch diesen selbstständig, wenn aber zwei oder mehrere Geschäftsführer bestellt sind, durch je zwei Geschäftsführer gemeinsam oder durch einen Geschäftsführer gemeinsam mit einem Prokuristen vertreten; durch Gesellschafterbeschluss können jedoch auch bei Bestellung mehrerer Geschäftsführer einer oder einige von ihnen zur selbstständigen Zeichnung und Vertretung der Gesellschaft ermächtigt werden.
Der Revisionsrekurswerber war ursprünglich ebenso wie ein weiterer Geschäftsführer berechtigt, die Gesellschaft selbstständig zu vertreten; seine Vertretungsbefugnis wurde jedoch in weiterer Folge anlässlich einer außerordentlichen Generalversammlung dahin geändert, dass er (nur mehr) mit einem weiteren Geschäftsführer oder Prokuristen vertretungsbefugt ist. Nunmehr ist der weitere Geschäftsführer zurückgetreten, die Gesellschaft verfügt jedoch über drei Prokuristen.
Rechtliche Beurteilung
Die Vorinstanzen wiesen den Antrag des Revisionsrekurswerbers, er vertrete nunmehr selbstständig, ab. Sein außerordentlicher Revisionsrekurs ist nicht zulässig:
1. Nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs wird durch den Wegfall des Geschäftsführers, der nach dem Gesellschaftsvertrag zur wirksamen Kollektivvertretung der Gesellschaft befugt ist, die Vertretungsmacht der verbleibenden Geschäftsführer mangels einer ausdrücklichen Vertragsbestimmung ohne Satzungsänderung nicht ausgedehnt; es ist vielmehr durch Satzungsänderung eine neue Vertretungsregelung zu treffen (RIS-Justiz RS0059809, zuletzt 6 Ob 64/04m = NZ 2007/8). Diese Rechtsprechung fand auch die Billigung der Lehre (vgl etwa Wünsch, GmbHG [1993] § 18 Rz 39; Gellis/Feil, GmbH-Gesetz6 [2006] § 18 Rz 13; Reich-Rohrwig, GmbH-Recht I² [1997] Rz 2/205; Umfahrer, Die Gesellschaft mit beschränkter Haftung5 [1998] Rz 232; Koppensteiner/Rüffler, GmbH-Gesetz³ [2007] § 18 Rz 23).
2.1. Zur eingangs wiedergegebenen Vertragsbestimmung im Gesellschaftsvertrag finden sich in der jüngeren Literatur (Weigand, Firmenbuchrechtliche Prüfungspflicht bei Anmeldungen von Bestellung und Abberufung vertretungsbefugter Personen - Lösungsansätze zu täglichen Fragen der Firmenbuchpraxis, NZ 2003/23; Andreae, NZ 2005, G 2 [Entscheidungsanmerkung zu OLG Wien 28 R 138/99s und 28 R 26/04f]; vgl weiters J. Gruber, Aktuelle Entscheidungen des OGH zum Gesellschaftsrecht, SWK 2004, W 152 [FN 3]) Stimmen, die sie als „ausdrückliche Bestimmung" im Sinne der erwähnten Rechtsprechung verstehen wollen. Sehe der Gesellschaftsvertrag zwar grundsätzlich Kollektivvertretung durch zwei oder mehrere Geschäftsführer, für den Fall, dass nur einer bestellt ist, jedoch dessen Einzelvertretung vor, sei der verbleibende, aufrecht bestellte Geschäftsführer (bei Wegfall des anderen) selbstständig vertretungsbefugt; daran ändere auch ein die statutarische Regelung nur teilweise wiederholender Bestellungsbeschluss nichts, der zwar die Kollektivvertretung ausdrücklich erwähnt, nicht aber die Einzelvertretungsregelung für den Fall der Alleingeschäftsführung.
2.2. Der Revisionsrekurswerber beruft sich nun auf diese Literaturstimmen. Er meint, durch den - zwischenzeitig auch im Firmenbuch eingetragenen - Rücktritt des anderen Geschäftsführers sei er Alleingeschäftsführer geworden. Dem ist nicht zu folgen:
Die Alleingesellschafterin der Gesellschaft hat in der bereits erwähnten außerordentlichen Generalversammlung ihren Willen zum Ausdruck gebracht, dem Revisionsrekurswerber die Alleingeschäftsführungsbefugnis zu entziehen und durch eine Kollektivvertretungsbefugnis zu ersetzen. Dieser Wille kann nun nicht dadurch unterlaufen werden, dass durch den Rücktritt des anderen Geschäftsführers wiederum Alleinvertretungsmacht entsteht. Die diesbezügliche Bestimmung im Gesellschaftsvertrag „[Die Gesellschaft] wird, wenn nur ein Geschäftsführer bestellt ist, durch diesen selbstständig ... vertreten." bedeutet in diesem Zusammenhang lediglich, dass sich eine Satzungsänderung erübrigt, wenn die Generalversammlung nur mehr einen Geschäftsführer bestellt oder den weiteren Geschäftsführer abberuft; dann hat dieser einzelne Geschäftsführer eben Alleinvertretungsrecht. Durch den Wegfall des weiteren Geschäftsführers kann jedoch nicht automatisch das von der Alleingesellschafterin gewollte Vieraugenprinzip außer Kraft gesetzt werden.
Die angefochtene Entscheidung berücksichtigt daher ausreichend die bisherige Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs; der außerordentliche Revisionsrekurs ist unzulässig.
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