Spruch:
Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.
Text
Begründung
In einem Rekurs gegen die Abweisung eines Ablehnungsantrags verwendete der Antragsteller in Bezug auf die abgelehnte Richterin unter anderem die Ausdrücke „höhergradige neurotische Person", „neurotische Persönlichkeitsstruktur", „juristischer Pfusch", „dokumentierte Unprofessionalität", „Unfähigkeit zur Selbstkritik", „Gefahr für den Rechtsstaat Österreich", „neurotische Fehlinterpretationen", „neurotische Wahrnehmungsstörung", „Justizskandal höheren Grades", „neurotische Realitätsverdrängerei", „unprofessionelle Richterin" und „Förderung chronischen psychischen Kindesmissbrauchs". Allgemein bestehe der „hochgradige Verdacht, dass es sich bei den weiblichen Richterinnen um eine manifeste unprofessionelle Neurotikergruppe handelt, die hauptsächlich damit beschäftigt sind, Kolleginnen zu verteidigen, anstatt begangene, gerichtlich dokumentierte Fehler von Richterkollegen zu analysieren, um sie in Zukunft zu vermeiden, was durchaus ihr Gesetzesauftrag ist".
Das Rekursgericht verhängte über den Antragsteller eine Ordnungsstrafe von 1.450 EUR. Sowohl das Rekursgericht als auch der Oberste Gerichtshof (9 Ob 136/06z) hätten über den Antragsteller bereits Ordnungsstrafen wegen vergleichbarer Ausfälle verhängt. Das habe ihn aber nicht dazu bewogen, die Grenzen sachlicher Kritik an gerichtlichen Entscheidungen einzuhalten. Daher sei der Strafrahmen des § 220 Abs 1 ZPO zur Gänze auszuschöpfen.
In seinem Rekurs beantragt der unvertretene Rechtsmittelwerber die „Aussetzung" (gemeint offenkundig Aufhebung) der Strafe. Das Rekursgericht habe die Strafe nicht verhängen dürfen, ohne den Inhalt seiner Anschuldigungen - eine von ihm als Facharzt (zu ergänzen: für Chirurgie) diagnostizierte Neurose der abgelehnten Richterin - zu prüfen.
Rechtliche Beurteilung
Der Rekurs ist zulässig (9 Ob 136/06z mwN), aber nicht berechtigt. Der Rekurswerber verkennt neuerlich den Unterschied zwischen zulässigem Inhalt und unzulässiger Form von Kritik an gerichtlichen Entscheidungen. Die dem Gericht gebührende Achtung (§ 22 AußStrG iVm § 86 ZPO) hat er nicht dadurch verletzt, dass er auf ein vermeintliches Fehlverhalten der abgelehnten Richterin und die daraus angeblich folgende Unrichtigkeit des von ihm angefochtenen Beschlusses hinwies. Gerade dazu dienen ja die Rechtsbehelfe des Verfahrensrechts. Er hat sich dabei aber einer Diktion bedient, deren Aggressivität im Interesse eines objektiv und emotionslos geführten Verfahrens nicht hingenommen werden kann.
Durch die Verhängung von Ordnungsstrafen soll sichergestellt werden, dass sich die am Verfahren beteiligten Personen - auch in ihrem eigenen Interesse - einer sachlichen und unpersönlichen Ausdrucksweise bedienen (5 Ob 12/04g). Auf eine allenfalls fehlende Beleidigungsabsicht kommt es daher nicht an, ebensowenig darauf, dass die Formulierungen von einem juristischen Laien stammen (6 Ob 126/04d). Ein Wahrheitsbeweis ist bei exzessiven Werturteilen (Beleidigungen) - wie sie hier vorliegen - nicht möglich (5 Ob 12/04g).
Das Rekursgericht hat daher zu Recht eine Ordnungsstrafe verhängt. Auch in Bezug auf deren Höhe hat es seinen Ermessungsspielraum nicht überschritten. Die eingangs genannten Formulierungen rechtfertigen angesichts der Uneinsichtigkeit des Antragstellers die volle Ausschöpfung des Strafrahmens.
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