Spruch:
Der Antrag wird zurückgewiesen.
Text
Gründe:
Mit dem auch einen Teilfreispruch enthaltenden, unbekämpft in Rechtskraft erwachsenen Urteil des Einzelrichters des Landesgerichtes für Strafsachen Graz vom 25. Mai 1999, GZ 6 E Vr 474/99-33, wurde August S***** des Verbrechens der (richtig:) gleichgeschlechtlichen Unzucht mit Personen unter achtzehn Jahren nach § 209 StGB schuldig erkannt.
Danach hat er in der Nacht zum 18. Februar 1999 in Graz (nach Vollendung des neunzehnten Lebensjahres) mit dem am 17. Juli 1984 geborenen Roman W*****, mithin einer Person männlichen Geschlechtes, die das 14., aber noch nicht das 18. Lebensjahr vollendet hat, dadurch, dass er dessen Geschlechtsteil intensiv streichelte, gleichgeschlechtliche Unzucht getrieben.
Mit Erkenntnis des VfGH vom 21. Juni 2002, AZ G 6/02, wurde § 209 StGB unter Fristsetzung bis 28. Februar 2003 als verfassungswidrig aufgehoben. Mit dem Strafrechtsänderungsgesetz 2002, BGBl I Nr 134/2002, entfiel die Strafbestimmung des § 209 StGB, jene des § 207b StGB wurde neu eingefügt.
Gestützt auf eine Reihe von Urteilen des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR), mit welchen, beginnend mit dem Erkenntnis vom 9. Jänner 2003 (L & V gegen Österreich, Nr 39392/98 und 39829/98; ÖJZ 2003/19, 394), der Gerichtshof eine Verletzung des Art 14 iVm Art 8 MRK durch die diesen - das gegenständliche Strafverfahren nicht betreffenden - Beschwerdefällen zu Grunde gelegenen Verurteilungen nach § 209 StGB feststellte, beantragt der Verurteilte August S*****, gemäß § 363a StPO die Erneuerung des Strafverfahrens anzuordnen.
Rechtliche Beurteilung
Zur Frage der Zulässigkeit einer solchen Erneuerung ohne ein ihr zugrunde liegendes, denselben Fall betreffendes Urteil des EGMR hat der Oberste Gerichtshof bereits in der Entscheidung vom 1. August 2007, AZ 13 Os 135/06m (EvBl 2007/154), ausführlich Stellung genommen.
Wie dort eingehend dargelegt wurde, kann mit Blick auf Art 13 MRK die Vorschrift des § 363a Abs 1 StPO nicht dahin verstanden werden, die Erneuerung des Strafverfahrens aufgrund einer Verletzung von Konventionsrechten nur in jenen Fällen zu ermöglichen, in denen die Konventionsverletzung bereits in einem Urteil des EGMR festgestellt wurde. Der Oberste Gerichtshof sieht sich demnach als nach der Bundesverfassung oberste Instanz in Strafrechtssachen (Art 92 Abs 1 B-VG) - über Art 46 Abs 1 MRK hinausgehend - dazu aufgerufen, die Erfüllung der aus der MRK erfließenden verfassungs- wie völkerrechtlichen Verpflichtungen für den Bereich der Strafgerichtsbarkeit sicherzustellen, mit anderen Worten dem Geist der MRK auch in jenen Fällen Rechnung zu tragen, in denen noch kein Urteil gegen Österreich ergangen ist.
In Hinsicht darauf, dass auch der EGMR eine Grundrechtsverletzung nur bei Anrufung innerhalb der Frist des Art 35 Abs 1 MRK aufgreifen und anderes für den Obersten Gerichtshof in seiner dargelegten Funktion als höchstem innerstaatlichen Grundrechtewahrer nicht gelten kann (eingehend 13 Os 135/06m), und die Voraussetzung rechtzeitiger Geltendmachung hier nicht vorliegt, war aber der Erneuerungsantrag als unzulässig nach § 363b Abs 2 Z 2 StPO bereits bei der nichtöffentlichen Beratung zurückzuweisen.
Allfällige Nachteile bei künftig zu treffenden Ermessensentscheidungen (zB im Rahmen einer Strafzumessung oder bei der Entscheidung über eine bedingte Entlassung) aus der hier in Rede stehenden Verurteilung können auf prozessual einwandfreie Weise unter Bedacht auf das Erkenntnis 11 Os 95/02 (verstärkter Senat), SSt 2003/45, vermieden werden.
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