OGH 13Os128/07h

OGH13Os128/07h7.11.2007

Der Oberste Gerichtshof hat am 7. November 2007 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.-Prof. Dr. Ratz als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon.-Prof. Dr. Kirchbacher und Dr. Lässig und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofes Mag. Hetlinger und Mag. Fuchs in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Maschler als Schriftführerin in der Strafsache gegen Diana D***** und einen anderen Angeklagten wegen der Verbrechen nach § 28 Abs 2 zweiter und dritter Fall, Abs 3 erster Satz (erster Fall) und Abs 4 Z 3 SMG und anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerden und die Berufungen der Angeklagten Diana D***** und Werner O***** gegen das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Schöffengericht vom 11. Juli 2007, GZ 37 Hv 109/07z-51, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

In teilweiser Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerden wird das angefochtene Urteil, das im Übrigen unberührt bleibt, in der beide Angeklagte betreffenden Subsumtion der Taten laut Punkt A des Schuldspruchs unter die Qualifikation nach § 28 Abs 3 erster Satz (erster Fall) SMG und demnach auch im Strafausspruch einschließlich der Vorhaftanrechnung (nicht aber im Einziehungserkenntnis) aufgehoben und die Sache im Umfang der Aufhebung zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Landesgericht Innsbruck verwiesen. Im Übrigen werden die Nichtigkeitsbeschwerden zurückgewiesen. Mit ihren Berufungen werden die Angeklagten auf diese Entscheidung verwiesen.

Den Angeklagten fallen auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurden Diana D***** der Verbrechen nach § 28 Abs 2 (zu ergänzen:) zweiter und dritter Fall), Abs 3 erster Satz (erster Fall) und Abs 4 Z 3 SMG (A), Werner O***** eines Verbrechens nach § 28 Abs 2 (zu ergänzen:) zweiter und dritter Fall, Abs 3 erster Satz (erster Fall) und Abs 4 Z 3 SMG (A/2; siehe davon abweichend im Hauptverhandlungsprotokoll S 105/II: „die Verbrechen"), zudem Diana D***** mehrerer Vergehen nach § 27 Abs 1 erster, zweiter und vierter Fall SMG (B/I) und Werner O***** teils beim Versuch nach § 15 StGB verbliebener Vergehen nach § 27 Abs 1 erster, zweiter, dritter, sechster und siebenter Fall SMG (B/II) schuldig erkannt. Danach haben

„in Völs, Zirl, Innsbruck, Rotterdam, am Grenzübergang Pfronten/Vils und anderen Orten

A) den bestehenden Vorschriften zuwider Suchtgift in einer großen

Menge (Abs 6) von den Niederlanden über Deutschland nach Österreich eingeführt sowie in Verkehr gesetzt", wobei sie jeweils gewerbsmäßig handelten und die Taten mit Beziehung auf ein Suchtgift begangen haben, dessen Menge zumindest das 25-fache der Grenzmenge (§ 28 Abs 6 SMG) ausmachte und zwar:

1. Diana D***** zwischen Herbst 2005 und Dezember 2006 gemeinsam mit einem abgesondert verfolgten Mittäter durch Schmuggel von insgesamt zumindest 400 bis 500 Gramm 'qualitativ sehr hochwertigen' Heroins und nicht mehr feststellbaren Mengen Kokains im Rahmen von vier Schmuggelfahrten von Rotterdam und Amsterdam nach Innsbruck;

2. Diana D***** und Werner O***** im Jänner 2007 und um den 24. März 2007 gemeinsam durch Schmuggel von ca 450 Gramm 'äußerst hochwertigen' Kokains (Reinheitsgehalt bis zu 58 %) und ca 300 Gramm 'sehr hochwertigen' Heroins (Reinheitsgehalt bis zu 47 %) im Rahmen von zwei zeitlich knapp aufeinanderfolgenden Schmuggelfahrten von Rotterdam über Deutschland nach Innsbruck, wobei Werner O***** Teile des Suchtgiftes (ca 100 Gramm Heroin und ca 50 Gramm Kokain) durch Übergabe an Diana D***** auch in Verkehr setzte;

3. Diana D***** von 2006 bis Februar 2007 durch gewerbsmäßigen Verkauf im Zuge zahlreicher, knapp aufeinanderfolgender Teilgeschäfte von die Grenzmenge um ein Mehrfaches übersteigenden großen Mengen Kokain an namentlich nicht preisgegebene Drogenkonsumenten;

B) den bestehenden Vorschriften zuwider Suchtgifte erworben,

besessen, erzeugt und zu erzeugen versucht sowie anderen überlassen und zwar:

I. Diana D***** zwischen November 2004 und 24. März 2007

1. durch Erwerb von Kokain, Heroin, geringen Mengen Methadon und Cannabisprodukten bei namentlich unbekannten Personen und deren Besitz;

2. durch Schmuggel von geringen Mengen Methadon (drei Fläschchen) von Rotterdam auf dem Luftweg nach Innsbruck;

II. Werner O***** zu datumsmäßig nicht feststellbaren Zeitpunkten 'im Winter 2006/Frühjahr 2007 und die Jahre zuvor'

1. durch Erwerb von nicht feststellbaren Mengen von Cannabisprodukten und Kokain beim abgesondert verfolgten Muhamed N***** sowie weiteren nicht bekannten Personen und deren Besitz,

2. durch Konsum von Cannabisprodukten in zahlreichen Fällen mit dem abgesondert verfolgten Peter K*****, wobei er zumindest teilweise das Suchtgift zur Verfügung stellte;

3. durch Erzeugen und versuchtes Erzeugen von Marihuana durch Pflege und Aufzucht von Hanfpflanzen, teils gemeinsam mit dem abgesondert verfolgten Peter K*****."

Rechtliche Beurteilung

Da trotz - auch im Erkenntnis (§ 260 Abs 1 Z 1 StPO) zum Ausdruck gebrachten - Inverkehrsetzens jeweils großer, jedoch nicht übergroßer (§ 28 Abs 4 Z 3 SMG) Suchtgiftmengen in der Urteilsausfertigung eine Subsumtion zu A geschilderter Taten nach § 28 Abs 2 vierter Fall SMG nicht erfolgt ist, nur der in § 260 Abs 1 Z 2 StPO genannte Ausspruch indes als Schuldspruch gilt (vgl Ratz, WK-StPO § 281 Rz 266), ist - fallbezogen - nicht mit Sicherheit von einer (nach Erkenntnis [§ 260 Abs 1 Z 1 StPO] und Entscheidungsgründen angezeigt gewesenen) Verurteilung der beiden Angeklagten jeweils auch nach § 28 Abs 2 vierter Fall und Abs 3 erster Satz (erster Fall) SMG auszugehen, was klarstellend vermerkt wird (RIS-Justiz RS0111410).

Inhaltlich ausschließlich gegen die zu Punkt A ergangenen Schuldsprüche (jeweils nach § 28 Abs 2 zweiter und dritter Fall, Abs 3 erster Satz [erster Fall] und Abs 4 Z 3 SMG) richtet sich die gemeinsam ausgeführte, nominell auf Z 5, 5a, 9 lit a und 9 lit b sowie 10 des § 281 Abs 1 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde der beiden Angeklagten.

Dem Einwand offenbar unzureichender Begründung (Z 5 vierter Fall) der Urteilsannahme, wonach die Sichtgiftmengen (polizeilich sichergestellte 392,31 Gramm Kokain mit einem Reinheitsgehalt zwischen 77 und 85 % und 202,19 Gramm Heroin mit einem Reinheitsgehalt von 47 %, weitere 50 Gramm Kokain mit ähnlichem Reinheitsgehalt und 100 Gramm Heroin mit einem Reinheitsgehalt von 20 bis 30 % sowie weitere 400 bis 500 Gramm hochwertiges Heroin und weitere unbekannte Mengen Kokain, US 8, 9, 11) mehr als das 25-fache der Grenzmenge ausmachen (US 8), weil nicht überprüfbar sei, „was das Erstgericht konkret als große oder übergroße Menge beurteilt bzw von welchen Grenzmengen ausgegangen wird", genügt es zu erwidern, dass die jeweiligen Grenzmengen zufolge § 28 Abs 6 SMG mittels Suchtgiftgrenzmengenverordnung (BGBl II 1997/377 idgF) fixiert und demgemäß nicht auf Tatsachenbasis richterlich zu klären oder auf der Begründungsebene zu erläutern sind.

Demgegenüber zutreffend releviert die Rüge (inhaltlich Z 10) unter Hinweis auf die konstatierte Gewöhnung der Angeklagten Diana D***** an Suchtgifte, ihren Konsum vor der Verhaftung (täglich bis zu 3 Gramm Heroin und 1 bis 2 Gramm Kokain; US 10) und die Feststellung, wonach sie Suchtgifte im Bedarfsfall Freiern (teilweise 2 bis 3 Mal die Woche, teilweise seltener) angeboten hat, andererseits die Schmuggelfahrten auch von der Intention getragen waren, sich Suchtmittel zum eigenen Erwerb - insbesondere Heroin - zu verschaffen, die Privilegierung der im Schuldspruch zu A beschriebenen Tathandlungen nach § 28 Abs 3 zweiter Satz SMG. Für deren vorliegend erfolgte Verneinung mangelt es in der Tat an eindeutigen Feststellungen, ob D***** die Taten vorwiegend deshalb begangen hat, um sich für den eigenen Gebrauch Suchtmittel oder die Mittel zu deren Erwerb zu verschaffen.

Gleichfalls zu Recht wird die zu § 28 Abs 3 zweiter Satz SMG getroffene (zudem für die rechtliche Annahme der Qualifikation nach § 28 Abs 3 erster Satz [erster Fall] SMG unzureichende; Z 10) Negativfeststellung, wonach nicht festgestellt werden kann, dass der Angeklagte Werner O***** „diese Suchtgiftbeschaffungsfahrten für die Erstangeklagte deswegen beging, um sich selbst Suchtmittel zu verschaffen, oder um sich Mittel zum Erwerb von Suchtmitteln zu verschaffen" (US 10), als unbegründet in Frage gestellt (Z 5 vierter Fall).

Wegen der damit erforderlichen Aufhebung der Subsumtion nach § 28 Abs 3 erster Satz (erster Fall) SMG erübrigt sich ein Eingehen auf das weitere, gegen die Annahme gewerbsmäßiger Tatbegehung der Angeklagten Diana D***** gerichtete Vorbringen. Lediglich der Vollständigkeit halber ist anzuführen, dass der Begriff Einnahmen iSd § 70 StGB nicht nur Geld- und Geldeswert, sondern überhaupt alle Sachwerte umfasst, durch die das Tätervermögen vermehrt wird (vgl Jerabek in WK² § 70 [2006] Rz 10).

Anzumerken bleibt, dass das irrige Anführen auch des siebenten Falles des § 27 Abs 1 SMG im Ausspruch nach § 260 Abs 1 Z 2 StPO hinsichtlich der zu B/II umschriebenen Taten des Angeklagten Werner O***** diesem mangels Wertung eines solchen Vergehens nach § 27 Abs 1 SMG im Rahmen der Strafzumessung nicht zum Nachteil gereichte und damit ein Vorgehen nach § 290 Abs 1 zweiter Satz StPO nicht angezeigt ist.

Da angesichts der vorliegenden Nichtigkeitsgründe die Anordnung einer neuen Hauptverhandlung nicht zu vermeiden ist, war bereits bei der nichtöffentlichen Beratung zu entscheiden (§§ 285e erster Satz, 288 Abs 2 Z 3 zweiter SatzStPO).

Mit ihren Berufungen waren die Angeklagten auf die kassatorische Entscheidung zu verweisen.

Der Kostenausspruch beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

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