Spruch:
I. Es verletzen das Gesetz:
1. der mit Urteil des Landesgerichtes Leoben vom 30. September 2005, GZ 10 Hv 134/05k-11, ergangene gesonderte Schuldspruch des Martin H***** wegen Vergehen des unbefugten Gebrauchs von Fahrzeugen nach § 136 Abs 1, Abs 2 und Abs 3 erster Fall StGB (A/l) und nach § 136 Abs 1 und Abs 2 StGB (A/2) in der Bestimmung des § 29 StGB;
2. der Beschluss des Bezirksgerichtes Klagenfurt vom 26. April 2006, GZ 2 U 19/06z-8, auf Verlängerung der im Verfahren AZ 10 Hv 134/05k des Landesgerichtes Leoben gewährten Probezeit auf fünf Jahre in der Bestimmung des § 15 Abs 2 JGG.
II. Das im Übrigen unberührt bleibende Urteil des Landesgerichtes Leoben vom 30. September 2005, GZ 10 Hv 134/05k-11, wird in der gesonderten rechtlichen Beurteilung der zu Schuldspruch Punkt A/l und A/2 festgestellten Taten und demzufolge im Ausspruch über den Vorbehalt der Strafe gemäß § 13 Abs 1 JGG aufgehoben und es wird in der Sache selbst erkannt:
Martin H***** hat durch das ihm laut den Punkten A/l und A/2 des genannten Urteils angelastete Verhalten das Vergehen des unbefugten Gebrauchs von Fahrzeugen nach § 136 Abs 1, Abs 2 und Abs 3 erster Fall StGB begangen.
Gemäß § 13 Abs 1 JGG wird der Ausspruch der wegen dieser strafbaren Handlung und der ihm nach dem unberührt gebliebenen Teil des Schuldspruchs weiters zur Last liegenden Vergehen des Diebstahls nach § 127 StGB, der Entfremdung unbarer Zahlungsmittel nach § 241e Abs 1 erster Fall StGB, der Urkundenunterdrückung nach § 229 Abs 1 StGB und des Betruges nach § 146 StGB zu verhängenden Strafe für eine Probezeit von drei Jahren vorbehalten.
III. Der Beschluss des Bezirksgerichtes Klagenfurt vom 26. April 2006, GZ 2 U 19/06z-8, wird ersatzlos aufgehoben.
Text
Gründe:
Mit rechtskräftigem Urteil des Landesgerichtes Leoben vom 30. September 2005, GZ 10 Hv 134/05k-11, wurde der am 4. Oktober 1988 geborene Martin H***** gesondert des Vergehens des unbefugten Gebrauchs von Fahrzeugen nach § 136 Abs 1, Abs 2 und Abs 3 erster Fall StGB (A/l) und des Vergehens des unbefugten Gebrauchs von Fahrzeugen nach § 136 Abs 1 und Abs 2 StGB (A/2) sowie anderer strafbarer Handlungen, nämlich der Vergehen des Diebstahls nach § 127 StGB (B), der Entfremdung unbarer Zahlungsmittel nach § 241e Abs 1 erster Fall StGB (C), der Urkundenunterdrückung nach § 229 Abs 1 StGB (D) und des Betruges nach § 146 StGB (E), schuldig erkannt. Der Strafausspruch wurde gemäß § 13 Abs 1 JGG für eine Probezeit von drei Jahren vorbehalten.
Mit rechtskräftigem Urteil des Bezirksgerichtes Klagenfurt vom 26. April 2006, GZ 2 U 19/06z-8, wurde der genannte Jugendliche wegen des innerhalb offener Probezeit begangenen Vergehens des Diebstahls nach § 127 StGB unter Anwendung des § 5 Z 5 JGG zu einer Geldstrafe verurteilt. Gemeinsam mit diesem Urteil verkündete die Richterin über Antrag der Bezirksanwältin den Beschluss, dass vom nachträglichen Strafausspruch zum Verfahren 10 Hv 134/05k des Landesgerichtes Leoben abgesehen und die Probezeit auf fünf Jahre verlängert wird.
Rechtliche Beurteilung
Wie der Generalprokurator in seiner Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes zutreffend ausführt, stehen das Urteil des Landesgerichtes Leoben und der Beschluss des Bezirksgerichtes Klagenfurt mit dem Gesetz nicht im Einklang:
1. Bei gleichartiger Realkonkurrenz wert- oder schadensqualifizierter Delikte, zu denen mit Blick auf den vorliegenden Fall auch § 136 StGB gehört, führt § 29 StGB zu einer nach Maßgabe des Zusammenrechnungsgrundsatzes zu bildenden Subsumtionseinheit sui generis; sie besteht aus der höchsten Wert- oder Schadensqualifikation und weiteren, in echter Konkurrenz dazu stehenden Begehungsformen und unselbständigen Abwandlungen des Grunddelikts (RIS-Justiz RS0112520 und RS0114927; Ratz in WK² § 29 Rz 5). Die Zusammenrechnungsregel des § 29 StGB betrifft nicht die Schuldsprüche, sondern nur den Strafrahmen, ohne die rechtliche Selbständigkeit der einzelnen Taten zu ändern (Ratz aaO Rz 7). Im vorliegenden Fall wurde bisher keine Strafe festgesetzt. Die aufgezeigte Gesetzesverletzung hat sich demnach bislang nicht zum Nachteil des Verurteilten ausgewirkt. Um künftige Rechtsfehler, insbesondere im Fall einer nachträglichen Straffestsetzung gemäß § 15 Abs 1 JGG, zu vermeiden, war aber zugleich mit der Feststellung der Gesetzesverletzung der Schuldspruch zu korrigieren (§ 292 letzter Satz StPO), zumal eine nachträgliche Straffestsetzung zeitlich noch möglich ist.
2. § 15 Abs 2 JGG sieht die Verlängerung einer gemäß § 13 Abs 1 JGG bestimmten Probezeit gezielt nicht vor und steht damit auch einer analogen Anwendung des § 53 Abs 3 StGB entgegen (RIS-Justiz RS0086993; Jerabek in WK² [2006] § 53 Rz 24; Jesionek JGG³ § 15 Anm 15).
Weil die gesetzwidrige Probezeitverlängerung durch das Bezirksgericht Klagenfurt dem Verurteilten zum Nachteil gereichte, war der Beschluss ersatzlos aufzuheben (§ 292 letzter Satz StPO).
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