OGH 11Os126/07z

OGH11Os126/07z23.10.2007

Der Oberste Gerichtshof hat am 23. Oktober 2007 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Zehetner als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Ebner, Dr. Danek, Dr. Schwab und Mag. Lendl als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Wiaderek als Schriftführer, in der Strafsache gegen Christian R***** wegen des Verbrechens der Vergewaltigung nach § 201 Abs 1, Abs 2 erster und dritter Fall StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Geschworenengerichtes beim Landesgericht für Strafsachen Wien vom 28. Juni 2007, GZ 412 Hv 3/06x-65, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit Urteil des Geschworenengerichtes beim Landesgericht für Strafsachen Wien vom 20. November 2006, GZ 412 Hv 3/06x-47, war Christian R***** des Verbrechens der Vergewaltigung nach § 201 Abs 1, Abs 2 erster und dritter Fall StGB schuldig erkannt worden. Der Oberste Gerichtshof hob mit Erkenntnis vom 27. März 2007, GZ 11 Os 23/07b-6, den Wahrspruch der Geschworenen, wonach die von der Hauptfrage 1 umfasste Tat eine schwere Körperverletzung zur Folge gehabt habe, und den darauf beruhenden Schuldspruch - der im Übrigen unberührt blieb - in der Unterstellung der Tat unter die Qualifikation des § 201 Abs 2 erster Fall StGB sowie demzufolge im Strafausspruch auf und verwies die Sache im Umfang dieser Aufhebung zu neuer Verhandlung und Entscheidung an ein anderes Geschworenengericht beim Landesgericht für Strafsachen Wien. Mit dem nunmehr angefochtenen, auf dem Wahrspruch der Geschworenen beruhenden Urteil wurde Christian R***** schuldig erkannt, (auch) die Qualifikation nach § 201 Abs 2 erster Fall StGB verwirklicht zu haben, weil die den Gegenstand des rechtskräftigen Schuldspruches des ersten Rechtsganges bildende Tat beim Opfer eine posttraumatische Belastungsstörung verbunden mit einer mehr als 24 Tage andauernden Gesundheitsschädigung, nämlich Depressionen, Schlafstörungen, Albträume, Kopfschmerzen sowie Schmerzen an den Stellen, wohin die Frau geschlagen worden war, und an den Brustwarzen zur Folge hatte. Dagegen richtet sich die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten aus § 345 Abs 1 Z 8, 10a und 13 StPO.

Rechtliche Beurteilung

Die eine unrichtige und undeutliche Rechtsbelehrung geltend machende Instruktionsrüge (Z 8) orientiert sich nicht an der Gesamtheit der den Laienrichtern erteilten juristischen Information. Die Geschworenen waren nach dem Vorliegen einer posttraumatischen Belastungsstörung, verbunden mit einer mehr als 24 Tage andauernden Gesundheitsschädigung, nämlich Depressionen, Schlafstörungen, Albträumen, Kopfschmerzen sowie Schmerzen an den Stellen, wohin das Opfer geschlagen worden war, und an den Brustwarzen gefragt worden. Eine an sich schwere Körperverletzung (§ 84 Abs 1 dritter Fall StGB) war nicht Gegenstand der Frage und daher auch nicht notwendigerweise der fragenbezogenen Rechtsbelehrung (§ 321 Abs 2 StPO; Philipp, WK-StPO § 321 Rz 20, Ratz, WK-StPO § 345 Rz 63 - jeweils mit Judikaturnachweisen). Das isolierte Abstellen auf die an sich überflüssige Belehrung in diese Richtung (was keine Nichtigkeit begründet - Ratz, WK-StPO § 345 Rz 54; Mayerhofer, StPO5 § 345 Z 8 E

9a) und Übergehen der Instruktionen zur Gesundheitsschädigung an sich (S 9 der Rechtsbelehrung) und zu der Bedeutsamkeit deren Dauer (S 8 ebendort) lässt eine am Gesetz orientierte Ausführung der Nichtigkeitsbeschwerde vermissen. Dies gilt gleichermaßen für das monierte Fehlen des in diesen Zusammenhang notwendigen Kriteriums des Krankheitswertes - mit dem dargelegten Erfordernis eines „pathologischen Wertes" (S 9 der Rechtsbelehrung) spricht die Instruktion genau diesen Umstand an.

Die Tatsachenrüge (Z 10a) stützt die Behauptung erheblicher Bedenken gegen die Feststellung der qualifizierten Folgen der Tat auf eine herausgegriffene Passage des zu diesem Thema eingeholten Sachverständigengutachtens ON 28, wonach für einen Tag ein schwerer seelischer Schmerzzustand im Sinne einer akuten Belastungsreaktion bestand (S 467/I), übergeht aber die übrigen Ausführungen der Expertin, die zu deutlich über 24 Tagen seelischer Schmerzen (somit eindeutig vom Krankheitswert) gelangte und sogar noch bei der Befundaufnahme etwa zweieinhalb Monate nach der Tat eine aktuelle posttraumatische Belastungsstörung mit wiederholtem Erleben des Traumas in sich aufdrängenden Erinnerungen sowie übermäßiger Ängstlichkeit und fortdauernden Schlafstörungen vorfand (S 447, 467 f/I, 55/II). Der Oberste Gerichtshof hat deshalb keine erheblichen Bedenken an der Tatsachengrundlage der Qualifikation nach § 201 Abs 2 erster Fall StGB.

Die Darstellung der Strafzumessungsrüge (nominell Z 13 zweiter und dritter Fall) beschränkt sich mit dem Reklamieren zusätzlicher Milderungsgründe und dem Bestreiten erschwerender Umstände auf die Geltendmachung von im Nichtigkeitsverfahren nicht zu erledigenden Berufungsgründen.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher - in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur, jedoch entgegen der hiezu gemäß § 35 Abs 2 StPO erstatteten Äußerung - bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§§ 285d Abs 1, 344 StPO), woraus die Zuständigkeit des Gerichtshofes zweiter Instanz zur Erledigung der Berufung folgt (§§ 285i, 344 StPO).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

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