OGH 9ObA128/07z

OGH9ObA128/07z22.10.2007

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Rohrer als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Spenling und Dr. Kuras sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Manfred Engelmann und Mag. Michael Zawodsky als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Manfred P*****, vertreten durch Dr. Hans Jalovetz, Dr. Paul Bachschütz, Rechtsanwälte OEG in Villach, wider die beklagte Partei H*****, vertreten durch Schubeck & Schubeck, Rechtsanwälte in Salzburg, wegen EUR 4.389,87 sA, über die Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 30. Mai 2007, GZ 7 Ra 47/07x-13, womit das Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt als Arbeits- und Sozialgericht vom 13. März 2007, GZ 35 Cga 6/07a-7, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit EUR 399,74 (darin enthalten EUR 66,62 an USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der seit 2001 bei der beklagten Gebäudereinigung beschäftigte Kläger wurde mit Schreiben der Beklagten vom 15. 11. 2006, das dem Kläger am 16. 11. 2006 zuging, zum 23. 11. 2006 gekündigt. Ebenfalls mit Schreiben vom 15. 11. 2006, das wiederum der Beklagten am 16. 11. 2006 zuging, kündigte der Kläger sein Dienstverhältnis mit 18. 11. 2006 zum 24. 11. 2006.

In weiterer Folge erklärte dann die Beklagte, dass sie die Kündigung des Klägers zur Kenntnis nehme, und der Kläger wies daraufhin, dass sein Kündigungsschreiben hinfällig sei, da ja die Beklagte ohnehin sein Dienstverhältnis aufgekündigt habe.

Mit seiner Klage begehrt der Kläger nun der Höhe nach unstrittig die Abfertigung in Höhe von EUR 4.389,87 und stützt dies darauf, dass sein Dienstverhältnis durch Arbeitgeberkündigung geendet habe. Die Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens und wendete ein, dass eine Dienstnehmerkündigung vorliege, die von der Beklagten auch zur Kenntnis genommen worden sei. Die Beklagte habe den Kläger auch bis 24. 11. 2006 abgerechnet.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt und folgerte rechtlich aus dem einleitend festgestellten Sachverhalt, dass die Beklagte das Dienstverhältnis zum 23. 11. 2006 aufgelöst habe, ebenso der Kläger zum 24. 11. 2006. Die Kündigungserklärung des Klägers habe aber keine Rechtswirkungen mehr entfalten können, da sie durch die Auflösungserklärung der Beklagten überholt worden sei. Eine einseitige Zurücknahme der Kündigung sei nicht möglich. Das Berufungsgericht gab der gegen diese Entscheidung erhobenen Berufung der Beklagten nicht Folge. Es stellte noch ergänzend fest, dass der Kläger sein Kündigungsschreiben am 15. 11. 2006 eingeschrieben aufgegeben habe, jedoch der genaue Zeitpunkt der Zustellung an die Beklagte am 16. 11. 2006 nicht festgestellt werden konnte.

Rechtlich folgerte das Berufungsgericht, dass nicht entscheidend sei, ob die Kündigungserklärung der Beklagten jene des Klägers „überholt" habe, sondern dass der Kläger ausdrücklich erklärt habe, dass seine Kündigung erst mit 18. 11. 2006 in Kraft trete und der letzte Arbeitstag der 24. 11. 2006 sei. Dementsprechend habe der Kündigungsausspruch des Klägers die Kündigungsfrist nicht mit Zugang, sondern erst mit 18. 11. 2006 in Kraft gesetzt. Die Kündigungserklärung der Beklagten enthalte keine derartige Einschränkung, was nur dahin verstanden werden könne, dass die Kündigungsfrist bereits mit Zugang in Gang gesetzt werde. Daher sei die Kündigungserklärung der Beklagten als vor jener des Klägers abgegeben anzusehen, weshalb eine Dienstgeberkündigung vorliege und daher der Anspruch des Klägers berechtigt sei.

Die Revision an den Obersten Gerichtshof ließ das Berufungsgericht zu, da eine Rechtsprechung zur Frage der Rechtswirksamkeit „konkurrierender" Kündigungserklärungen soweit überblickbar fehle.

Rechtliche Beurteilung

Die gegen dieses Urteil erhobene Revision der Beklagten ist aus dem vom Berufungsgericht genannten Grund zulässig, aber nicht berechtigt. Nach einhelliger Lehre und Rechtsprechung hängt der Abfertigungsanspruch nach § 23 AngG, aber ebenso jener nach dem Arbeiterabfertigungsgesetz unter dem Aspekt des Abfertigungsausschlusses wegen Vorliegens einer anspruchvernichtenden Beendigungsart iSd § 23 Abs 7 AngG davon ab, wie das Dienstverhältnis tatsächlich endete (vgl K. Mayer in Zeller Komm § 23 AngG Rz 8 mwN; ähnlich Löschnig Arbeitsrecht10, 582). Mit dem Ausspruch der Kündigung wird das Arbeitsverhältnis aber noch nicht gelöst, sondern tritt nur in die Auflösungsphase (vgl dazu etwa Karl in Angestellten Komm § 20 Rz 135; Reissner in Zeller Komm § 20 Rz 42 jeweils mwN). Ebenfalls Übereinstimmung besteht dahin, dass Kündigungen nicht mehr einseitig zurückgenommen werden können (vgl Karl aaO Rz 62 und Reissner aaO Rz 33 jeweils mwN). Daher wurde hier konkret das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung durch den Arbeitgeber zum 23. 11. 2006 aufgelöst. Dementsprechend haben die Vorinstanzen im Ergebnis den Anspruch des klagenden Arbeitnehmers auf Abfertigung schon deshalb zutreffend bejaht.

Der Revision der Beklagten war dementsprechend nicht Folge zu geben. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 2 ASGG, 50 und 41 ZPO.

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