OGH 13Os66/07s

OGH13Os66/07s3.10.2007

Der Oberste Gerichtshof hat am 3. Oktober 2007 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Ratz als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Kirchbacher und Dr. Lässig, die Hofrätin des Obersten Gerichtshofes Mag. Hetlinger und den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Mag. Lendl in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Gutlederer als Schriftführerin in der Strafsache gegen Tibor T***** und weitere Angeklagte wegen des Verbrechens der Hehlerei nach § 164 Abs 1, Abs 2 und Abs 4 dritter Fall StGB und anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten Tibor T***** gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 19. Februar 2007, GZ 053 Hv 179/06i-112, sowie die Beschwerde (§ 498 Abs 3 StPO) gegen den zugleich verkündeten Beschluss nach § 494a Abs 6 StPO nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Seidl, des Angeklagten und seines Verteidigers Dr. Hauswirth zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung wegen des Ausspruchs über die Strafe und der Beschwerde wird nicht Folge gegeben.

Der Berufung wegen des Ausspruchs über die privatrechtlichen Ansprüche wird Folge gegeben und der Privatbeteiligte Gerhard M***** auf den Zivilrechtsweg verwiesen.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen, auch in Rechtskraft erwachsene (Teil-)Freisprüche enthaltenden Urteil wurde Tibor T***** des Verbrechens der Hehlerei nach § 164 (richtig:) Abs 2 und Abs 4 dritter Fall StGB schuldig erkannt.

Danach hat er nach dem 3. April 2006 in Wien ein Fahrzeug der Marke Pontiac des Gerhard M***** in einem 3.000 Euro nicht übersteigenden Wert, das ein unbekannter Täter durch einen Diebstahl durch Einbruch, mithin durch eine aus einem anderen Grund als wegen gewerbsmäßiger Begehung mit fünf Jahre erreichender Freiheitsstrafe bedrohte Handlung gegen fremdes Vermögen erlangt hatte, wobei er die diese Strafdrohung begründenden Umstände kannte, dadurch verhehlt, dass er das Fahrzeug von einem Unbekannten gekauft hat.

Rechtliche Beurteilung

Gegen diesen Schuldspruch richtet sich die auf Z 3, 5 und 10 des § 281 Abs 1 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten, der keine Berechtigung zukommt.

Aus Z 3 rügt der Angeklagte, seine in der Hauptverhandlung vom 19. Februar 2007 vernommene Mutter, Edith B*****, sei zwar nach § 152 Abs 1 Z 2 StPO, nicht aber nach der Z 1 leg cit belehrt worden. Da diese Zeugin offensichtlich die auf dem verfahrensgegenständlichen PKW vorgefundene, für ein anderes Fahrzeug ausgestellte Begutachtungsplakette beschafft habe, sei nicht auszuschließen, dass sie sich in diesem Zusammenhang einer „strafbaren Handlung schuldig gemacht habe.

Dabei übersieht die Beschwerde, dass zwar eine Belehrung über das Entschlagungsrecht stattzufinden hat, eine Bezugnahme auf Entschlagungsgründe nach dem Gesetzeswortlaut aber nicht notwendig ist. Betrachtet man nämlich den Zweck der Belehrung, ist von Bedeutung, dass die Reichweite des Entschlagungsrechts vom Entschlagungsgrund abhängt, sodass es nur geboten ist, den Zeugen in Kenntnis zu setzen, inwieweit er nicht aussagen muss (Kirchbacher, WK-StPO § 152 Rz 59). Indem das Erstgericht der Zeugin aber ein uneingeschränktes Entschlagungsrecht zugebilligt hat (S 113/III), ist es seiner gesetzlichen Verpflichtung zur Anerkennung des Rechtes nachgekommen. Ein Nichtigkeit begründender Verfahrensmangel liegt daher nicht vor.

Soweit der Angeklagte moniert, er hätte keine Möglichkeit gehabt, sich zu den Angaben des Goran P***** zu äußern, legt er nicht dar, wodurch er an der - nötigenfalls durch entsprechende Antragstellung zu ermöglichenden - Ausübung seines Rechtes, der Aussage dieses Zeugen etwas zu entgegnen (§ 248 Abs 4 StPO) oder Fragen an ihn zu stellen (§ 249 Abs 1 StPO), gehindert war (inhaltlich Z 5a; Ratz, WK-StPO § 281 Rz 480). Mit der Argumentation, der Zeuge P***** hätte sich bei wahrheitsgemäßer Darlegung des Sachverhaltes selbst belasten müssen und dürfe daher nicht als glaubwürdig qualifiziert werden, wird lediglich die Beweiswürdigung der Tatrichter angegriffen, ohne einen Begründungsmangel aufzeigen zu können.

Gleiches gilt für den bloß den persönlichen Eindruck der Tatricher von der Glaubwürdigkeit des Goran P***** bekämpfenden (RIS-Justiz RS0098519) Verweis darauf, dass in der Garage dieses Mitangeklagten ein (anderes) gestohlenes Fahrzeug und in dessen Wohnung der dazugehörige Fahrzeugschlüssel gefunden worden sei. Weshalb die Aussage des - nähere Kenntnis über den in Rede stehenden Sachverhalt abstreitenden (S 107/III) - Drittangeklagten M***** über eine mit dem Angeklagten unternommene Probefahrt im verfahrensgegenständlichen Fahrzeug (S 113/III) erörterungsbedürftig gewesen wäre, legt die Beschwerde nicht dar. Daran vermögen auch die vom Rechtsmittelwerber aus dessen Aussage gezogenen spekulativen Schlüsse nichts zu ändern. Auch die hypothetischen Erwägungen, ob dem Angeklagten ein „Kratzer" am Schloss der Beifahrertür hätte auffallen müssen, verbleiben auf der Ebene der Beweiswürdigungskritik und verfehlen so die gebotene Orientierung an den Verfahrensgesetzen.

Die Subsumtionsrüge (Z 10), die deutlich und bestimmt behauptet, die Qualifikation des § 164 Abs 4 dritter Fall StGB verlange Wissentlichkeit iSd § 5 Abs 3 StGB, stützt sich dabei auf eine Stelle im wissenschaftlichen Schrifttum (Bertel/Schwaighofer BT I8 § 164 [richtig:] Rz 8), die ihrerseits ihre Argumentation methodengerecht aus dem Gesetzeswortlaut entwickelt, und entspricht solcherart den prozessualen Zulässigkeitsvoraussetzungen (vgl 13 Os 151/03, SSt 2003/98 = JBl 2004, 531 [Burgstaller]).

Inhaltlich vermag sie aber nicht überzeugend darzulegen, warum abweichend vom Regelsprachgebrauch des StGB (Reindl in WK2 § 5 Rz 33;

vgl etwa § 297 Abs 1 StGB) und entgegen Rechtsprechung und Lehre (RIS-Justiz RS0095652; Kirchbacher/Presslauer in WK2 § 164 [2006] Rz 47; Fabrizy StGB9 § 164 Rz 14; Rainer in SbgK § 164 Rz 56;

Kienapfel/Schmoller Studienbuch BT II § 164 Rz 100) Eventualvorsatz nicht genügen sollte.

Soweit die Beschwerde ausführt, kein normal denkender Mensch hätte es ernstlich für möglich gehalten, dass ein derartiges Fahrzeug gestohlen sei, entfernt sie sich von den Feststellungen der Tatrichter und verfehlt solcherart den Bezugspunkt einer erfolgreichen Anfechtung.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen.

Das Schöffengericht verhängte über den Angeklagten eine Freiheitsstrafe in der Dauer von acht Monaten und verurteilte ihn gemäß § 369 Abs 1 StPO zur Zahlung von 2.500 Euro an den Privatbeteiligten Gerhard M*****.

Gemäß § 494a Abs 1 Z 2 StPO wurde vom Widerruf der mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 16. November 2005, AZ 162 Hv 158/05a, gewährten (teil)bedingten Strafnachsicht abgesehen, die Probezeit aber auf fünf Jahre verlängert.

Mit seiner gegen den Sanktionsausspruch gerichteten Berufung strebt der Angeklagte eine Reduktion der Strafe an, vermag aber mit der Behauptung geringen sozialen Störwerts und dem Hinweis auf seine nunmehrige Beschäftigungssituation keinen ins Gewicht fallenden zusätzlichen Milderungsumstand aufzuzeigen.

Bei der Strafzumessung sind die zwei einschlägigen Vorstrafen und der rasche Rückfall als erschwerend, als mildernd hingegen die Rückstellung des PKW zu werten. Unter Rücksichtnahme auf den Unrechtsgehalt der Tat, die Schuld des Täters und seine Persönlichkeit ist eine achtmonatige Freiheitsstrafe sachgerecht und demnach einer Reduktion nicht zugänglich. Spezialpräventive Gründe machen den Vollzug der Strafe ebenso wie die Verlängerung der Probezeit notwendig.

Hingegen kommt der Berufung gegen den Ausspruch über die privatrechtlichen Ansprüche Berechtigung zu. Denn zutreffend weist das Rechtsmittel darauf hin, dass der in Rede stehende Schaden nicht aus der Straftat entstanden ist (§ 365 Abs 1 StPO; RIS-Justiz RS0101219; Spenling, WK-StPO Vor §§ 365 - 379 Rz 14; Fuchs, 13. ÖJT Bd IV/1, 19).

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 390a Abs 1 StPO.

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