OGH 13Os43/07h

OGH13Os43/07h3.10.2007

Der Oberste Gerichtshof hat am 3. Oktober 2007 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Ratz als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Kirchbacher und Dr. Lässig, die Hofrätin des Obersten Gerichtshofes Mag. Hetlinger und den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Mag. Lendl in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Gutlederer als Schriftführerin in der Strafsache gegen Karl K***** wegen Finanzvergehen der Abgabenhinterziehung nach §§ 33 Abs 1 und 13 FinStrG über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Graz als Schöffengericht vom 22. November 2006, GZ 20 Hv 89/05y-30, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Graz zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der Angeklagte Karl K***** der teilweise in der Entwicklungsstufe des Versuches (§ 13 FinStrG) verbliebenen Finanzvergehen der Abgabenhinterziehung nach § 33 (mit Blick auf US 9 sowie S 61/II iVm ON 13 richtig:) Abs 1 FinStrG schuldig erkannt, weil er in Graz und J***** als Einzelunternehmer vorsätzlich unter Verletzung der abgabenrechtlichen Offenlegungs- und Wahrheitspflicht „gemäß § 21 UStG 1994" durch Nichterklären von „Umsätzen" Verkürzungen an Umsatzsteuer für (Juni und Dezember) 2001 von insgesamt 465.345,67 Euro bewirkt und für (Jänner und Juli) 2002 von insgesamt 440.000 Euro zu bewirken versucht hatte.

Rechtliche Beurteilung

Diese Schuldsprüche bekämpft der Angeklagte mit einer auf Z 5, 9 lit a und 9 lit b des § 281 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, der jedoch keine Berechtigung zukommt.

Dem Einwand der Unvollständigkeit zufolge mangelnder Auseinandersetzung mit dem vom Angeklagten entwickelten „Bau-Marketing-Konzept" zuwider (Z 5 zweiter Fall) wurden sämtliche das Bauvorhaben B***** betreffende Verfahrensergebnisse, somit auch die Aussage des Zeugen Andreas B*****, in dem vom Schöffengericht den betreffenden Urteilsannahmen zu Grunde gelegten (US 10 f) schriftlichen und in der Hauptverhandlung vom 22. November 2006 mündlich erstatteten Gutachten des Sachverständigen Dr. K***** (ON 21, insb S 347 ff/I; 55/II) berücksichtigt. Angaben der Zeugen Harald H***** und Helmut K***** zu einer teils erfolgreichen Kundenwerbung lassen den Tatumstand der Wertlosigkeit des beworbenen, vorliegend in Rechnung gestellten „Bau-Marketing-Systems", den das Erstgericht mängelfrei aus dem Gerichtssachverständigengutachten erschlossen hat (US 10 f), unberührt und bedurften somit keiner besonderen Erörterung. Der Beschwerde zuwider haben sich die Tatrichter mit der Verantwortung des Angeklagten, dem Gebot zu einer gedrängten Darstellung der Entscheidungsgründe folgend (§ 270 Abs 2 Z 5 StPO), ausreichend auseinandergesetzt und, gestützt auf das Gerichtssachverständigengutachten, formal mängelfrei dargelegt, weshalb sie ihr nicht gefolgt sind (US 10 f).

Die Feststellungen zur subjektiven Tatseite hat das Schöffengericht - neben der exzeptionell hohen Bewertung der behaupteten Leistungen und dem Fehlen detaillierter schriftlicher Unterlagen über das in Rede stehende Bau-Marketing-System bis zur Intervention der Finanzverwaltung (US 11) - aus der (mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Graz als Schöffengericht vom 9. Dezember 2004, GZ 13 Hv 227/04i-46, wegen § 33 Abs 2 lit a FinStrG abgeurteilten) malversiven Geltendmachung der in den Rechnungen ausgewiesenen Umsatzsteuern als Vorsteuer zugunsten von Gesellschaften, die überwiegend von dem, Kenntnisse des Steuerrechtes aufweisenden, Angeklagten als Geschäftsführer geführt wurden (US 12), abgeleitet. Indem die Beschwerde diesen tatrichterlichen Erwägungen auf die Verantwortung des Angeklagten gestützte, für ihn günstigere eigenständige Schlussfolgerung entgegenhält, vermag sie eine offenbar unzureichende Entscheidungsbegründung nicht aufzuzeigen. Der Einwand mangelhafter Feststellungen zur subjektiven Tatseite (Z 9 lit a) orientiert sich nicht an den dazu getroffenen Urteilsannahmen (US 9, 12), sondern stellt diese vielmehr beweiswürdigend in Frage. Die aus Z 9 lit b erhobene Rüge legt nicht begründet aus dem Gesetz abgeleitet dar (RIS-Justiz RS0116565), weshalb der Umstand, dass der Angeklagte bereits im wegen Geltendmachung ungerechtfertigter Vorsteuern geführten Verfahren AZ 13 Hv 227/04i des Landesgerichtes für Strafsachen Graz „wegen derselben Rechnungen und der darin ausgewiesenen Umsatzsteuern" verurteilt worden war, die Ahndung der vorliegend inkriminierten, mit Beziehung auf § 11 Abs 14 UStG 1994 bewirkten Abgabenverkürzungen aufgrund des ne bis in idem-Verbotes hindern sollte. In diesem Zusammenhang geht auch der Hinweis auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 2. Juli 2002, AZ 96/14/0074 (VwSlg 7730 F/2002) fehl, das nämlich ohne jeglichen Bezug zum Umsatzsteuertatbestand des § 11 Abs 14 UStG 1994 lediglich die Unzulässigkeit einer Vorschreibung von Umsatzsteuer bei vorheriger Verweigerung des Vorsteuerabzuges hinsichtlich ein- und desselben Unternehmens ausspricht.

Der Vollständigkeit halber ist anzumerken, dass der Einwand eines Verstoßes gegen das ne bis in idem-Verbot schon deshalb fehl geht, weil es sich bei den einerseits im gegenständlichen Verfahren und andererseits im vorerwähnten früheren Strafverfahren gegen den Angeklagten zu beurteilenden - einander bloß im Tatumstand derselben fingierten Rechnungen mit gesondertem Umsatzsteuerausweis überschneidenden - jeweils tatbestandsverwirklichenden Sachverhalten, nämlich zum einen der Vorlage der fingierten Rechnungen an die Finanzverwaltung zur Geltendmachung ungerechtfertigter Vorsteuerguthaben zugunsten der in den Rechnungen genannten Rechnungsempfänger, zum anderen aber der unterbliebenen steuerlichen Erklärung der durch die Ausstellung der fingierten Rechnungen geschuldeten Umsatzsteuer (§ 11 Abs 14 UStG 1994), um verschiedene Taten handelt, die sich in den wesentlichen Tatbestandsmerkmalen grundlegend unterscheiden. In materieller Hinsicht kommt hinzu, dass - worauf schon das Erstgericht zutreffend hingewiesen hat (US 13 f) - der durch die Ausstellung der fingierten, die Umsatzsteuerbeträge gesondert ausweisenden Rechnungen gemäß § 11 Abs 14 UStG 1994 entstandene Fiskalanspruch gegen den Rechnungsaussteller auf Entrichtung der entsprechenden Umsatzsteuer mit den Forderungen der Finanzverwaltung gegen jene Unternehmer, welche (vertreten durch den Angeklagten) unter Verwendung dieser Rechnungen Vorsteuerbeträge zu Unrecht geltend machten, nicht identisch ist, woraus folgt, dass der gesamte Unrechtsgehalt des Täterverhaltens durch die Ahndung bloß der malversiven Geltendmachung von Vorsteuergutschriften nicht erfasst würde. Die vorliegende Inkriminierung der mit Beziehung auf den Umsatzsteuertatbestand des § 11 Abs 14 UStG 1994 verwirklichten Abgabenverkürzung verstößt daher nicht gegen das in Art 4 Abs 1 des

7. ZPEMRK statuierte Verbot der mehrfachen Verfolgung und Verurteilung.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war somit bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Kompetenz des Gerichtshofes zweiter Instanz zur Entscheidung über die Berufung folgt (§ 285i StPO).

Die Kostenersatzpflicht gründet sich auf § 390a Abs 1 StPO.

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