OGH 12Os106/07s

OGH12Os106/07s27.9.2007

Der Oberste Gerichtshof hat am 27. September 2007 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Mayrhofer als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Schroll, Dr. Schwab, Dr. Lässig und Dr. T. Solé als weitere Richter in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Gutlederer als Schriftführerin in der Strafsache gegen Angelika W***** wegen des Verbrechens der betrügerischen Krida nach § 156 Abs 1 StGB und einer weiteren strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung der Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Eisenstadt als Schöffengericht vom 12. April 2007, GZ 15 Hv 8/07p-30, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Der Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Angelika W***** des Verbrechens der betrügerischen Krida nach § 156 Abs 1 StGB (I) und des Vergehens der grob fahrlässigen Beeinträchtigung von Gläubigerinteressen nach § 159 Abs 1 StGB (II) schuldig erkannt.

Demnach hat sie als Geschäftsführerin der B***** GmbH (zu ergänzen:

somit als leitende Angestellte einer juristischen Person, die Schuldnerin mehrerer Gläubiger war)

I. am 14. Dezember 2004 durch den Verkauf des wesentlichen Gesellschaftsvermögens, nämlich der Software „DKS-I*****" an die S***** AG (SFM), deren Direktorin und Alleinaktionärin sie war, mit der Vereinbarung, dass im Falle des Konkurses der B***** GmbH die Zahlung der von den insgesamt gestundeten Raten in Höhe von Euro 320.000 bei Insolvenzeröffnung noch offenen Raten entfällt, das Vermögen der Gesellschaft verringert und dadurch die Befriedigung deren Gläubiger geschmälert, wobei ein der Höhe nach nicht feststellbarer, jedoch Euro 50.000 nicht übersteigender Schaden herbeigeführt wurde;

II. von Anfang Jänner 2002 bis 17. Juni 2005 grob fahrlässig die Zahlungsunfähigkeit der B***** GmbH herbeigeführt, indem sie entgegen Grundsätzen ordentlichen Wirtschaftens übermäßigen, mit der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Gesellschaft in auffallendem Widerspruch stehenden Aufwand trieb, sich insbesondere eine im Verhältnis zur Leistungsfähigkeit der B***** GmbH unangemessen hohe Geschäftsführerentlohnung ausbezahlte und als betriebliche Ausgaben verbuchte Privatentnahmen verrechnete, somit kridaträchtig handelte.

Rechtliche Beurteilung

Dagegen richtet sich die auf die Nichtigkeitsgründe der Z 5, 5a, 9 lit a und b des § 281 Abs 1 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde der Angeklagten, welcher keine Berechtigung zukommt.

Zum Schuldspruch I:

Der Behandlung der geltend gemachten formellen Nichtigkeitsgründe ist voranzustellen, dass die Beschwerde das vorgeworfene Übergehen eines die gegenständliche Software betreffenden Vorkaufsvertrages aus dem Jahr 1995 auf selektiv herausgegriffene Ausführungen des Sachverständigen Dr. P***** in der Hauptverhandlung (S 286 ff/II) sowie auf gleichfalls aus dem Zusammenhang gerissene Aussageteile des Zeugen Dr. Z***** (S 245 ff/II) stützt.

Der in der Mängelrüge (Z 5) erhobene Einwand, die (im Übrigen im Hinblick auf § 156 StGB - der eine wirtschaftliche Krisensituation keineswegs voraussetzt; vgl Kirchbacher/Presslauer in WK2 [2006] § 156 Rz 5 - nicht entscheidungswesentliche) Feststellung, die Beschwerdeführerin habe bereits ab 2002 die wirtschaftlichen Schwierigkeiten ihres Unternehmens erkannt und deshalb das einzig werthaltige und damit überhaupt verkäufliche Vermögen der B***** GmbH veräußert (US 10), stehe im „eklatanten Widerspruch" zum Akteninhalt, „insbesondere der Beweiswürdigung", wonach das Erstgericht die Feststellungen zum Verkauf auch auf den Vorkaufsvertrag vom 27. Dezember 1995 stützte, verkennt einerseits das Wesen des Nichtigkeitsgrundes nach Z 5 dritter Fall, der nur dann erfüllt wäre, wenn Tatsachen festgestellt werden, die nach den Gesetzen logischen Denkens einander ausschließen oder nicht nebeneinander bestehen können, andererseits aber auch nach Z 5 fünfter Fall, der nur dann vorliegt, wenn der Inhalt von Aussagen oder Urkunden im Urteil unrichtig wiedergegeben wird (vgl Ratz, WK-StPO § 281 Rz 438 f und Rz 465).

Die weiteren Rechtsmittelausführungen lassen nicht erkennen, inwieweit die Konstatierung der für die Gläubiger nachteiligen Vertragsklausel eines Entfalls jeglicher noch bestehender Zahlungsverpflichtung im Fall einer freiwilligen oder konkursbedingten Liquidation der B***** GmbH (US 7 und US 14) einer Erörterung im Lichte des eine solche Klausel gerade nicht beinhaltenden Vorkaufsvertrags bedurft hätte.

Die Beschwerde zeigt im Übrigen weder das Erfordernis einer Auseinandersetzung mit den - aus dem Zusammenhang gerissenen - Bemerkungen des Sachverständigen auf, wonach er „mangels Vorliegens der Planungen" der Angeklagten fünf Monate vor der Konkursanmeldung trotz des auffallenden Missverhältnisses von Aktiva und Passiva (1:1000; siehe US 9) „nichts sagen" könne (S 301/II) und wonach es für die Rechtsmittelwerberin (zu ergänzen: in Bezug auf die Einnahmen aus Lizenzen) „keine Auffälligkeiten" gegeben habe (S 303/II), noch werden Gründe genannt, weshalb die umfassende Abwägung verschiedenster Beweisergebnisse sonst iSd § 281 Abs 1 Z 5 StPO mangelhaft wäre.

Die Tatsachenrüge (Z 5a), welche auf die Ausführungen zur Mängelrüge verweist, erschöpft sich - sofern überhaupt entscheidungswesentliche Umstände betroffen sind - darin, den Abwägungen des erkennenden Gerichts eigene Beweiswerterwägungen entgegenzustellen, und entzieht sich solcherart einer inhaltlichen Erwiderung.

Soweit eine Begründung zur subjektiven Tatseite nach § 156 StGB vermisst wird, lässt die insoweit inhaltlich als Mängelrüge (Z 5) aufzufassende Beschwerde die dazu im Urteil dargestellten Erwägungen der Tatrichter außer Acht (US 13 ff).

Die Ausführungen der Rechtsrüge (Z 9 lit a), wonach die angefochtene Entscheidung weder Feststellungen zur Schmälerung der Befriedigung von Unternehmensgläubigern noch zu einem darauf gerichteten Vorsatz enthalte, ignorieren die diesbezüglichen Urteilskonstatierungen (US 7 iVm 10 sowie US 13 bis 15) und verfehlen somit den vom Gesetz geforderten Bezugspunkt.

Das mit diesem Beschwerdeansatz verknüpfte, inhaltlich allenfalls als Mängelrüge (Z 5) einzustufende Vorbringen, die Tatrichter hätten bei der Beurteilung der Gläubigerschädigung die vom Zeugen Dr. Z***** vorgebrachten Erwägungen zum Cash-Flow oder den Gewinn bei Belassen der DKS-Software in der B***** GmbH prüfen müssen, vermag unter dem Aspekt, dass entscheidungswesentlich allein der Sachsubstanzwert und nicht aber die bei Einsatz des (durch die inkriminierte Handlung verschobenen) Vermögensguts bestehende Gewinnerwartung ist, nichts aufzuzeigen, was diesbezüglich einer näheren Erörterung bedurft hätte. Vielmehr vermochte das Erstgericht die Annahme der Vermögensverringerung in einer ohnehin unter dem tatsächlichen Kaufpreisentgang von 267.118,51 Euro (US 12) liegenden, 50.000 Euro nicht übersteigenden Höhe (US 1) mängelfrei auf den Umstand zu stützen, dass die Aktiva der B***** GmbH - wenn auch erst zum Zeitpunkt der knapp sechs Monate danach erfolgten Konkurseröffnung - lediglich 1.251,60 Euro (US 9) betrugen und die DKS-Software, deren Vermarktung Betriebsgegenstand der bezeichneten Gesellschaft war (US 3), ihr einziges Vermögen gewesen war (US 10).

Dass in Ermangelung einer äquivalenten Gegenleistung (US 14) mit der Veräußerung der - entgegen der undifferenzierten Bestreitung der Tatbildlichkeit einer Werthältigkeit der veräußerten Sache zufolge „untrennbarer Verbindung" mit der Angeklagten (welche aber Alleineigentümerin der als Käuferin auftretenden SFM war) und wegen fehlgeschlagener sonstiger Veräußerungsversuche - nicht völlig wertlosen Software ein Vermögensschaden einherging, bedurfte somit keiner weiteren Begründung, wobei angesichts dessen die durch den Abschluss eines Lizenzvertrages mit der Erwerberin der Software, der S***** AG, erfolgte weitere Vermögensverringerung (US 15) dahingestellt bleiben konnte.

Das in der Rechtsrüge inhaltlich einen Begründungsmangel (Z 5) zum Ausdruck bringende weitere Vorbringen einer fehlenden Auseinandersetzung mit der Aussage des Zeugen Dr. Z*****, wonach die Software im Falle eines Ausscheidens der Angeklagten aus der BEC wertlos gewesen wäre, kann darauf verwiesen werden; im Übrigen haben sich die Tatrichter mit dessen Angaben eingehend auseinandergesetzt (US 13).

Der Einwand eines Mangels an Feststellungen (Z 9 lit a) zum Befriedigungsausfall der Gläubiger übergeht die tatrichterlichen Konstatierungen, wonach den von den 25 Gläubigern angemeldeten Forderungen von 1.508.925,50 Euro lediglich Vermögenserlöse der Gemeinschuldnerin von 1.251,60 Euro gegenüberstanden (US 9). Im Urteil wird dazu weiters ausgeführt, dass durch die tatsächliche Konkurseröffnung mit der unmittelbaren Unternehmensschließung die Befriedigung der 25 Gläubiger zumindest geschmälert wurde, was sich aus der Gegenüberstellung der Aktiva und Passiva mit einem Überhang der Passiva von mehr als 1.500.000,-- Euro von selbst ergibt (US 15). Welche darüber hinausgehenden Feststellungen zum Befriedigungsausfall notwendig gewesen wären, wird im Rechtsmittel nicht dargetan. Weshalb es in Anbetracht der Aussage des Masseverwalters der B***** GmbH, wonach der gegenständliche Vertrag auch Punkte beinhalte, die sich zugunsten der Verkäuferin auswirken, weiterer tatbildrelevanter Feststellungen zum Verbrechen der betrügerischen Krida bedurft hätte, wird von der Beschwerdeführerin nicht erklärt.

Ebenso wenig auf den Tatbestand des § 156 StGB Bezug nehmend ist der Verweis auf die Aussage des Zeugen Dr. Z*****, dass die Kaufpreiszahlungsperiode „von den schweizerischen Behörden auferlegt wurde".

Des weiteren lässt die Rechtsrüge jegliche Ableitung aus dem Gesetz dazu vermissen, weshalb es für die Erfüllung des Tatbestandes des § 156 Abs 1 StGB Konstatierungen bedurft hätte, aus welchen Gründen die Angeklagte den Vertrag unterschrieb, der für das Unternehmen nachteilige Klauseln enthält, und wer sie allenfalls dazu gebracht hat, diese Vereinbarung zu unterschreiben.

Der von der Nichtigkeitswerberin eingenommene Standpunkt, wonach Tatobjekt nur sein könne, was von den Gläubigern sofort oder in kurzer Zeit zu Geld gemacht werden könne, lässt die gebotene methodengerechte Ableitung aus dem Gesetz vermissen und erschöpft sich daher in einer substratlosen Behauptung. Dieses Vorbringen übergeht überdies die Konstatierungen zu dem mit der SFM vereinbarten Kauf des Softwarepakets, aus dem sich schon die Wertträgereigenschaft ergibt (US 5). Überdies kommt es nach § 156 Abs 1 StGB für die Vereitelung oder Schmälerung der Befriedigung der Gläubiger nicht darauf an, ob das Vermögen sofort oder erst später verwertbar ist. Die Gläubigerbenachteiligung braucht nicht einmal endgültig zu sein (vgl Kirchbacher/Presslauer in WK2 § 156 (2006) Rz 20). Die vermisste Feststellung zur Ursächlichkeit eines - der Höhe nach nicht weiter zu spezifizierenden, 50.000 Euro jedenfalls nicht übersteigenden - Befriedigungsausfalls lässt sich der Rüge zuwider dem Urteil hinreichend deutlich entnehmen (US 9, 15). Die von der Rechtsmittelwerberin unter Z 9 lit a bekämpften Schlussfolgerungen des Schöffengerichts, die Angeklagte hätte es - theoretisch - in der Hand gehabt, durch freiwillige Liquidation der BEC ihre Gläubiger um den Gegenwert der Software zu bringen, sind angesichts der festgestellten Auflösung der Gesellschaft infolge Konkurses und des damit durch den inkriminierten Vertrag bewirkten (gläubigerschädigenden) Entfalls der weiteren Zahlungsverpflichtungen der Käuferin des Softwarepakets hinfällig; die dagegen gerichteten Einwendungen haben daher auf sich zu beruhen.

Soweit die Beschwerdeführerin einen Rechtsirrtum und dessen mangelnde Vorwerfbarkeit geltend macht (Z 9 lit b), weil sie zur Abwicklung des Geschäftes sowohl ihren Steuerberater als auch ihren Rechtsanwalt beigezogen und „das Beweisverfahren eindeutig ergeben" habe, dass die Vertragsgestaltung vom Zeugen Dr. Z***** selbst vorgenomnen wurde", führt sie die Beschwerde einerseits nicht deutlich und bestimmt aus, weil die Nichtigkeitswerberin nicht darlegt, worüber sie sich konkret geirrt haben sollte. Andererseits ignoriert dieses Vorbringen die entgegenstehenden Urteilsannahmen einer eigenständigen, gerade nicht auf die Einflussnahme des Dr. Z***** zurückgehenden Vertragsgestaltung (US 12 f).

Zum Schuldspruch II:

Die Tatsachenrüge (Z 5a) beschränkt sich darauf, mit isoliert herausgegriffenen Ausführungen des Buchsachverständigen in der Hauptverhandlung für die Angeklagte günstigere Schlüsse als das Erstgericht abzuleiten, und vermag solcherart keine erheblichen Bedenken gegen die Richtigkeit der dem Ausspruch über die Schuld zugrunde liegenden entscheidenden Tatsachen zu wecken. Mit dem in der Rechtsrüge (Z 9 lit a) erhobenen Einwand mangelnder „konkreter" Konstatierungen zur Vermögensverringerung durch die kridaträchtigen Handlungen, vorliegend des Treibens übermäßigen, mit den Vermögensverhältnissen oder der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Schuldnerin in auffallendem Widerspruch stehenden Aufwandes, übergeht die Beschwerde die diesbezüglichen Feststellungen (US 10, 11).

Das Vorbringen in der weiteren Rechtsrüge (Z 9 lit b), die Angeklagte habe Steuerberater beigezogen, Jahresabschlüsse seien erstellt und unbeanstandet dem Finanzamt vorgelegt worden, weshalb ein Schuldausschließungsgrund in Form eines Rechtsirrtums vorliege, behauptet diese Konsequenz ohne argumentatives Substrat und lässt solcherart abermals die gebotene methodengerechte Ableitung aus dem Gesetz vermissen.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO). Dies hat die Zuständigkeit des Oberlandesgerichtes Wien zur Entscheidung über die Berufung zur Folge (§ 285i StPO).

Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 390a Abs 1 StPO.

Stichworte