Spruch:
In der Strafsache gegen Alexander K*****, AZ 3 U 129/05b des Bezirksgerichtes Kufstein, verletzt das Urteil dieses Gerichtes vom 25. Jänner 2006 (ON 10) das Gesetz in der Bestimmung des § 88 Abs 1 StGB.
Es werden dieses Urteil sowie alle darauf gegründeten Entscheidungen und Verfügungen aufgehoben.
Die Strafsache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Bezirksgericht Kufstein verwiesen.
Text
Gründe:
Mit seit 31. Jänner 2006 rechtskräftigem (S 95), in gekürzter Form ausgefertigten Urteil des Bezirksgerichtes Kufstein vom 25. Jänner 2006 (ON 10) wurde Alexander K***** des Vergehens der fahrlässigen Körperverletzung nach § 88 Abs 1 StGB schuldig erkannt. Danach hat er „am 12. Februar 2005 in Wörgl dadurch, dass er auf der Bundesstraße 171 als Lenker des Pkw mit dem Kennzeichen ***** entgegen der Abbiegespur an der stehenden Fahrzeugkolonne vorbeifuhr, wodurch es zum Zusammenstoß mit dem vom Parkplatz der Firma H***** herausgefahrenen Pkw mit dem Kennzeichen *****, gelenkt von Stefanie N***** kam, wobei Stefanie N***** eine Zerrung der Halswirbelsäule und des Brustkorbes erlitt, fahrlässig die Genannte leicht am Körper verletzt."
Rechtliche Beurteilung
Wie der Generalprokurator in der gemäß § 33 Abs 2 StPO erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes zutreffend ausführt, steht dieser Schuldspruch mit dem Gesetz nicht im Einklang. Dem bekämpften Urteil mangelt es nämlich an der Feststellung eines objektiv sorgfaltswidrigen Verhaltens. Denn ein solches ist nicht schon im konstatierten Befahren eines Fahrstreifens entgegen dem auf diesem angebrachten Richtungspfeil (§ 9 Abs 6 StVO, § 18 BodenmarkierungsV) zu erblicken. Eine derartige Bodenmarkierung regelt nämlich nur das Einordnen für die Weiterfahrt. Ein Verbot, den damit versehenen Fahrstreifen entgegen der Pfeilrichtung zu befahren, lässt sich weder aus der Straßenverkehrsordnung noch aus der Bodenmarkierungsverordnung ableiten (2 Ob 235/04d). Auch das festgestellte Vorbeifahren an einer stehenden Fahrzeugkolonne ist grundsätzlich zulässig (Pürstl/Somereder, StVO11 § 17 E 15). Die Bestimmung des § 17 Abs 4 StVO, wonach an Fahrzeugen, die gemäß § 18 Abs 3 StVO angehalten haben, um den Querverkehr nicht zu behindern, nur unter bestimmten Voraussetzungen vorbeigefahren werden darf, ist hier nicht von Bedeutung, weil nach dem bekämpften Urteil Stefanie N***** ihr Fahrzeug von einem Parkplatz, also nicht von einer Querstraße iSd § 18 Abs 3 StVO (Pürstl/Somereder, StVO11 § 18 E 43) aus auf die Bundesstraße 171 gelenkt hat.
Zumal sich die Gesetzesverletzung potenziell zum Nachteil des Verurteilten auswirkt, sah sich der Oberste Gerichtshof veranlasst, deren Feststellung gemäß § 292 letzter Satz StPO mit konkreter Wirkung zu verknüpfen.
Da das - in gekürzter Form ausgefertigte - Urteil keine näheren Feststellungen zum Unfallhergang, wie insbesonders zur Fahrgeschwindigkeit sowie zur Reaktionszeit und zu den örtlichen Gegebenheiten, also etwa zur Frage, ob der Verurteilte eine Sperrlinie missachtet hat, enthält, konnte der Oberste Gerichtshof in der Sache selbst keine Entscheidung fällen.
Die vom genannten Urteil rechtslogisch abhängigen Entscheidungen und Verfügungen gelten aufgrund der Urteilsaufhebung gleichermaßen als beseitigt (Ratz, WK-StPO § 292 Rz 28). Die Aufnahme dieser rechtlichen Konsequenz in den Spruch des Erkenntnisses dient der Klarstellung.
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