OGH 15Os83/07f

OGH15Os83/07f8.8.2007

Der Oberste Gerichtshof hat am 8. August 2007 durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofes Dr. Schmucker als Vorsitzende sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Danek, Hon. Prof. Dr. Kirchbacher, Dr. T. Solé und Mag. Lendl als weitere Richter in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Gutlederer als Schriftführerin in der Strafsache gegen John A***** wegen der Verbrechen nach § 28 Abs 2 vierter Fall, Abs 3 erster Fall SMG und einer weiteren strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 24. April 2007, GZ 061 Hv 170/06z-91, sowie die Beschwerde des Angeklagten gegen den gemeinsam mit dem Urteil gefassten Beschluss (§ 494a Abs 1 Z 4 StPO) nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

In Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde und aus deren Anlass wird das angefochtene Urteil aufgehoben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht verwiesen.

Mit seiner Berufung und seiner Beschwerde wird der Angeklagte auf diese Entscheidung verwiesen.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der Angeklagte John A***** der Verbrechen nach § 28 Abs 2, Abs 3 erster Fall SMG (I./A./) und des Vergehens nach § 27 Abs 1 (erg: erster und zweiter Fall) SMG (I./B./) schuldig erkannt.

Danach hat er

I./ in Wien den bestehenden Vorschriften zuwider Suchtgift A./ gewerbsmäßig in einer großen Menge (§ 28 Abs 6 SMG) an Nachgenannte verkauft und dadurch in Verkehr gesetzt, nämlich 1./ von Anfang 2003 bis 7. Juli 2006 an Alexander R***** Heroin und Kokain in einer nicht mehr exakt feststellbaren Menge in der Größenordnung von zirka 100 bis 200 Gramm;

2./ von 2002 bis 2004 an Jaqueline K***** Kokain in nicht mehr exakt feststellbarer, die große Menge des § 28 Abs 6 SMG jedenfalls übersteigender Menge in einer Größenordnung von mehreren 100 Gramm;

3./ um den 7. Juli 2006 an Christoph B***** insgesamt vier Kugeln Kokain in einem Gesamtgewicht von zirka 2 Gramm;

4./ von November 2005 bis Juli 2006 an Manuela T***** zumindest 40 Gramm Heroin;

5./ vom 16. Juni 2006 bis 7. Juli 2006 an Janine H***** 4,5 Gramm Heroin;

6./ am 24. Juni 2006 und am 7. Juli 2006 an einen unbekannten „Christian" eine nicht mehr feststellbare Menge von mehreren Kugeln Kokain;

B./ in der Zeit zwischen 3. Oktober 2004 und 19. Oktober 2004 erworben und besessen, nämlich Heroin und Kokain.

Rechtliche Beurteilung

Der vom Angeklagten erhobenen, auf § 281 Abs 1 Z 5, 5a und 10 gestützten Nichtigkeitsbeschwerde kommt Berechtigung zu. Zutreffend vermisst der Beschwerdeführer in seiner auf die Schuldsprüche A./1./ und 2./ bezogenen Subsumtionsrüge (Z 10) Feststellungen über die in den von ihm in Verkehr gesetzten Suchtmittel enthaltene Reinsubstanz.

Konstatierungen über den Reinheitsgehalt zur Beurteilung des Vorliegens einer „großen Menge" - deren Untergrenze nach § 28 Abs 6 SMG iVm § 1 der Suchtgift-Grenzmengenverordnung/Anlage 1 BGBl II 377/1997 idF BGBl II 228/2006 (und ebenso - relevant aufgrund der zur Last liegenden Tatzeiträume - idF BGBl II 145/2001 und BGBl II 137/2004) bei Heroin mit 3 Gramm und bei Kokain mit 15 Gramm festgesetzt wurde - sind unerlässlich. Die bloße Nennung der Gesamtmenge im Urteilsspruch unter Hinzufügung der Bezeichnung „große Menge (§ 28 Abs 6 SMG)" ohne jegliche Feststellung über die Reinsubstanz dieser Suchtmittel erlaubt nämlich keine verlässliche Beurteilung, ob durch die vom Schuldspruch erfasste Weitergabe eine große Menge iSd § 28 Abs 6 SMG in Verkehr gesetzt wurde (vgl RIS-Justiz RS0111350).

Dieser Rechtsfehler mangels Feststellungen haftet auch den Schuldsprüchen A./3./ bis 6./ an und ist daher insoweit von Amts wegen wahrzunehmen (§ 290 Abs 1 StPO iVm § 281 Abs 1 Z 10 StPO). Im Hinblick darauf ist gemäß § 289 StPO auch betreffend den Schuldspruch B./ mit Urteilsaufhebung und Anordnung neuer Verhandlung und Entscheidung vorzugehen, hängt dessen Zulässigkeit doch davon ab, ob dem Beschwerdeführer im zweiten Rechtsgang neuerlich eine weitere, über den Erwerb und Besitz jeweils geringer Mengen Suchtgift zum Eigengebrauch (vgl insoweit § 35 Abs 1 iVm § 37 SMG) hinausgehende strafbare Handlung nach dem Suchtmittelgesetz zur Last fällt (vgl RIS-Justiz RS0119278).

Ein Eingehen auf das weitere Beschwerdevorbringen ist demnach entbehrlich.

Das angefochtene Urteil war daher teils in Stattgebung und teils aus Anlass (§§ 289, 290 StPO) der Nichtigkeitsbeschwerde zur Gänze aufzuheben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückzuverweisen.

Mit seiner Berufung und seiner Beschwerde war der Beschwerdeführer auf die kassatorische Entscheidung zu verweisen.

Stichworte