Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei binnen 14 Tagen die mit 624,06 EUR bestimmten Kosten der Revisionsrekursbeantwortung (darin 104,01 EUR Umsatzsteuer) zu ersetzen.
Text
Begründung
Die Parteien betreiben Mobilfunknetze. Seit Sommer 2006 bot die Beklagte ein neues Tarifmodell an, wobei die Möglichkeit zum Abschluss von Verträgen ursprünglich bis zum 31. August 2006 befristet war. Sie warb für dieses Angebot sowohl im Hörfunk als auch im Fernsehen. und stellte dabei Vergleiche mit einem Tarif der Klägerin an. Zum Zeitpunkt der Werbung war das Angebot noch für mehr als einen Monat verfügbar.
Im Revisionsrekursverfahren strittig ist nur mehr der Antrag der Klägerin, der Beklagten das Bewerben von zeitlich befristeten Sondertarifen zu untersagen, sofern sie nicht klar und eindeutig auf das Ende des möglichen Bezugszeitraumes hinweise. Nach § 2 Abs 3 Z 2 UWG sei vergleichende Werbung für Sonderangebote nur dann zulässig, wenn der Aktionszeitraum klar und eindeutig angegeben werde. Das von der Beklagten beworbene Tarifmodell sei ein befristetes Sonderangebot, worauf die Beklagte in ihrer Hörfunk- und Fernsehwerbung nicht hingewiesen habe.
Die Beklagte bestreitet einen Verstoß gegen § 2 Abs 3 Z 2 UWG. Aus der Befristung eines Angebotes folge nicht zwingend dessen Eigenschaft als Sonderangebot. Beim strittigen Angebot handle es sich um einen eigenständigen Tarif und nicht um ein Produkt „in Aktion". Die Befristung regulärer Tarife sei nicht ungewöhnlich; vielmehr seien auch bei der Klägerin und bei einem anderen Mobilfunkanbieter die gewöhnlichen Vertragstarife befristet. Im Übrigen enthielten sowohl der Fernseh- als auch der Hörfunkspot einen Verweis auf die Website der Beklagten, wo auf die Dauer der Befristung hingewiesen werde.
Das Erstgericht wies das Sicherungsbegehren zur Gänze ab. In der Telekom-Branche seien Kunden daran gewöhnt, dass sich die Mitbewerber durch befristete „Aktionen" zu unterbieten trachteten. Das Ende der Frist zum Abschluss solcher Verträge müsse zwar dann bekannt gegeben werden, wenn es in naher Zukunft liege. Denn in diesem Fall drohe die Gefahr, dass ein Empfänger der Werbebotschaft den Vertrag während der üblichen „Überlegungs- und Einwirkzeit" der Werbung nicht mehr schließen könne. Das sei aber nicht mehr zu befürchten, wenn das Angebot ohnehin noch länger als einen Monat nach der Werbung zur Verfügung stehe. Im Übrigen seien solche „Sonderangebote" in der Telekombranche bereits zur Normalität geworden. Kunden gingen daher nicht mehr von langfristig gleichbleibenden, mit fixen Leistungen und Tarifen verbundenen Angeboten aus, von denen nur von Zeit zu Zeit durch Aktionsangebote abgewichen werde.
Das Rekursgericht bestätigte diesen Teil der Entscheidung. Es sprach aus, dass der Wert seines Entscheidungsgegenstands 20.000 EUR übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei.
Zwar könne die Auffassung des Erstgerichts „nicht überzeugen", dass die Verpflichtung zur Angabe von Anfangs- und Endtermin dann nicht gelte, wenn dem Interessenten noch genügend Überlegungszeit zur Verfügung gestanden sei. § 2 Abs 3 Z 2 UWG habe aber nicht den von der Klägerin angenommenen Zweck, Vergleiche mit verdeckten Sonderangeboten zu regulieren. Vielmehr solle diese Bestimmung (nur) verhindern, dass Wettbewerber Kunden mit der Ankündigung von Sonderpreisen anlockten und entweder zu einem übereilten Geschäftsabschluss verleiteten oder ihnen unter Berufung auf den Ablauf des Aktionszeitraumes den Sonderpreis oder die Sonderbedingungen nicht gewährten. Daher erfasse § 2 Abs 3 Z 2 UWG nur solche Angebote, die ausdrücklich als Sonderangebote beworben würden. Da das hier nicht der Fall gewesen sei, habe die Beklagte das Ende des (seinerzeit geplanten) Angebotszeitraums nicht angeben müssen. Der ordentliche Revisionsrekurs sei zuzulassen, da zu Inhalt und Normzweck von § 2 Abs 3 Z 2 UWG keine höchstgerichtliche Judikatur vorliege.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist zulässig, aber im Ergebnis nicht berechtigt.
1. Strittig ist die Auslegung von § 2 Abs 3 Z 2 UWG. Nach Auffassung des Rekursgerichts erfasst diese Bestimmung nur solche Fälle vergleichender Werbung, in denen der belangte Mitbewerber sein eigenes Angebot ausdrücklich als „Sonderangebot" herausstellt. Darauf stützt sich nun auch die Beklagte. Demgegenüber nimmt die Klägerin an, dass § 2 Abs 3 Z 2 UWG gerade dann eingreife, wenn der Mitbewerber nicht auf die bloß beschränkte Verfügbarkeit seines Angebots hinweise. Das Rekursgericht zeigt zutreffend auf, dass der Oberste Gerichtshof diese Frage bisher noch nicht entschieden hat.
2. Vergleichende Werbung ist nach § 2 Abs 3 Z 2 UWG nur zulässig, wenn „sich der Vergleich auf ein Sonderangebot bezieht, der Zeitpunkt des Endes des Sonderangebotes und, wenn das Sonderangebot noch nicht gilt, der Zeitpunkt des Beginns des Zeitraums, in dem der Sonderpreis oder andere besondere Bedingungen gelten, klar und eindeutig angegeben werden." Grundlage für diese - nicht ganz glücklich formulierte - Bestimmung war Art 3a Abs 2 der RL 1984/450/EWG über irreführende und vergleichende Werbung idF der RL 1997/55/EG , der wie folgt lautete: „Bezieht sich der Vergleich auf ein Sonderangebot, so müssen klar und eindeutig der Zeitpunkt des Endes des Sonderangebots und, wenn das Sonderangebot noch nicht gilt, der Zeitpunkt des Beginns des Zeitraums angegeben werden, in dem der Sonderpreis oder andere besondere Bedingungen gelten; gegebenenfalls ist darauf hinzuweisen, dass das Sonderangebot nur so lange gilt, wie die Waren und Dienstleistungen verfügbar sind."
Die Neufassung von Art 3a der RL 1984/450/EWG durch die RL 2005/29/EG über unlautere Geschäftspraktiken enthält keine entsprechende Regelung. Die RL 2005/29/EG trat nach ihrem Art 20 am Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union, somit am 12. Juni 2005, in Kraft. Nach ihrem Art 19 sind die Umsetzungsvorschriften bis zum 12. Juni 2007 zu erlassen, aber erst ab dem 12. Dezember 2007 anzuwenden. Über den Revisionsrekurs ist daher jedenfalls noch aufgrund der derzeit geltenden Rechtslage zu entscheiden. Ein Vorabentscheidungsersuchen zur Auslegung von Art 3a Abs 2 der RL 1984/450/EWG , das im Sicherungsverfahren nicht zwingend erforderlich ist (EuGH Rs 35, 36/82, Slg 1982, 3723 - Morson), ist nicht angezeigt, da der Wegfall dieser Bestimmung unmittelbar bevorsteht.
3. Höchstgerichtliche Entscheidungen zu § 2 Abs 3 Z 2 UWG oder zur entsprechenden Bestimmung des deutschen Wettbewerbsrechts (§ 6 Abs 3 dUWG) liegen nicht vor. Im Schrifttum werden - soweit die Autoren das Problem sehen und nicht bloß den Wortlaut der Bestimmungen paraphrasieren - im Wesentlichen zwei Auffassungen vertreten, die sich in den Standpunkten der Parteien und der Vorinstanzen widerspiegeln.
3.1. Nach einer von Koos (in Fezer (Hrsg) Lauterkeitsrecht II [2005] § 6 Rz 283 ff) und Hasselblatt (in Gloy/Loschelder [Hrsg], Handbuch des Wettbewerbsrechts3 [2005] § 44 Rz 78) vertretenen Ansicht erfasst die Regelung nur jenes Irreführungspotential, das in der Herausstellung einer besonders vorteilhaften Angebotsgestaltung liege, die für den Verbraucher aber nur zeitlich begrenzt zur Verfügung stehe. Die Bestimmung erfasse daher regelmäßig nur „die als 'Sonderangebot' den angesprochenen Verkehrskreisen angetragenen Angebote" (Koos aaO Rz 283). Mangelnde Objektivität des Werbevergleichs durch Verschweigen besonderer Angebotsbedingungen sei demgegenüber nach den allgemeinen Grundsätzen der irreführenden Werbung zu beurteilen (Koos aaO Rz 285).
3.2. Dem steht die wohl überwiegende Auffassung gegenüber, dass die Bestimmung eine Verzerrung von Preisvergleichen durch unerkannte kurzfristige Preissenkungen verhindern soll (Gloy/Bruhn, Die Zulässigkeit von Preisvergleichen nach der Richtlinie 97/55/EG - Kehrtwende oder Kontinuität, GRUR 1998, 226, 236; Eck/Ikas, Neue Grenzen vergleichender Werbung, WRP 1999, 251, 260 [FN 110]; Wuermeling/Fuchs, Preisvergleich in der Telekommunikation, CR 2000, 587, 595; Freund, Vergleichende Werbung nach der Richtlinie 97/55/EG und der UWG-Novelle [2001] 95; Ohly in Piper/Ohly, Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb4 [2006] § 6 Rz 71). In diese Richtungen weisen auch Ausführungen von Gamerith (Vergleichende Werbung, ÖBl 1998, 115, 123), wonach die Richtlinie sicherstellen wolle, dass die Unterschiede zwischen regulären und Sonderpreisen offen gelegt würden.
4. Nach Auffassung des Senats sind Art 3a Abs 2 der RL 1984/450/EWG und § 2 Abs 3 Z 2 UWG besondere Ausprägungen des allgemeinen Irreführungsverbots (idS ua Gloy/Bruhn, Eck/Ikas, Gamerith aaO). Die danach erforderliche Angabe von Anfang und Ende des Aktionszeitraums soll verhindern, dass sich die angesprochenen Kreise aufgrund des Vergleichs mit den Angeboten des Werbenden befassen, obwohl eine Inanspruchnahme des konkret beworbenen, besonders günstigen Angebots möglicherweise noch nicht oder nicht mehr möglich ist. Insofern bestehen Parallelen zur unzulässigen Lockvogelwerbung (4 Ob 4/92 = SZ 65/24 - Blaupunkt Bremen; vgl RIS-Justiz RS0078574, RS0078584).
Diese Zielsetzung erfordert eine Gleichbehandlung von ausdrücklichen und verdeckten Sonderangeboten. Denn Angebote, die nach außen hin nicht als „Sonderangebote" in Erscheinung treten, erwecken von vornherein den Eindruck, dass die angebotenen Waren oder Dienstleistungen über einen längeren Zeitraum zur Verfügung stehen. Damit ist der Schutz des Verkehrs in noch viel höherem Ausmaß erforderlich als bei ausdrücklich so bezeichneten Sonderangeboten. Denn dort müssen die angesprochenen Kreise schon wegen dieser Bezeichnung mit einem begrenzten Angebotszeitraum rechnen. Die Auffassung des Rekursgerichts kann die Abweisung des Sicherungsbegehrens daher nicht tragen.
5. Schon das Erstgericht hat aber zutreffend erkannt, dass kein „Sonderangebot iSv § 2 Abs 3 Z 2 UWG vorliegt, wenn das Angebot noch mehr als einen Monat nach der beanstandeten Werbung in Anspruch genommen werden kann.
Im Regelfall ist anzunehmen, dass in einer - wie hier - schnelllebigen Branche eine Werbung für ein bestimmtes Produkt entweder unmittelbar oder gar nicht wirkt. Entschließen sich Angehörige der angesprochenen Kreise, sich aufgrund der Werbung mit dem Angebot zu befassen, so werden sie das gewöhnlich in zeitlicher Nähe zur Werbung tun. Demgegenüber ist es unwahrscheinlich, dass eine Werbung noch mehr als einen Monat später Anlass zu einer näheren Befassung mit dem Angebot bietet. Die Erwartung der angesprochenen Kreise wird daher im Regelfall nur darauf gerichtet sein, dass sie das beworbene Angebot innerhalb einer angemessenen Frist wahrnehmen können. Dafür ist nach Auffassung des Senats ein Monat jedenfalls ausreichend (vgl in anderem Zusammenhang BGH I ZR 50/01 = GRUR 2004, 605 - Dauertiefpreise: die Werbung mit „Dauertiefpreisen" ist zulässig, wenn die Waren etwa einen Monat lang zu diesem Preis angeboten werden).
Der Revisionsrekurs hält dem entgegen, dass eine Werbung, die nicht auf die Befristung eines Angebots hinweise, den Eindruck erwecke, der Werbende biete ganz generell günstigere Konditionen als die im Vergleich genannten Mitbewerber. Auch die Verhinderung dieses Eindrucks sei Regelungszweck des § 2 Abs 3 Z 2 UWG (Art 3a Abs 2 RL 1984/450/EWG) .
Der Senat teilt diese Auffassung nicht. Einem Unternehmen steht es auch bei einer Werbung für (zunächst) unbefristete Angebote grundsätzlich frei, diese zu ändern oder auslaufen zu lassen. Eine wettbewerbsrechtliche Schranke findet dieses Verhalten nur im Verbot der Lockvogelwerbung (oben 3.). Der bloße Umstand einer von vornherein beabsichtigten Befristung kann daher noch nicht zur Annahme eines Sonderangebots führen. Weiters kann aus dem Vergleich einzelner, einander strukturell entsprechender Tarife im Regelfall noch nicht darauf geschlossen werden, der Werbende sei in jeder Hinsicht und auch über einen längeren Zeitraum günstiger als der im Vergleich genannte Mitbewerber. All das spricht dagegen, den strittigen Bestimmungen den von der Klägerin angenommenen, nach Auffassung des Senats zu weit reichenden Regelungszweck zu unterstellen.
6. Aufgrund dieser Erwägungen bleibt der Revisionsrekurs im Ergebnis erfolglos. Die tragenden Gründe können wie folgt zusammengefasst werden: Die Anwendung von § 2 Abs 3 Z 2 UWG setzt nicht voraus, dass der belangte Mitbewerber sein Angebot ausdrücklich als „Sonderangebot" bezeichnet hat. Die Bestimmung erfasst vielmehr auch solche Angebote, bei denen aufgrund einer nicht offen gelegten Befristung zu befürchten ist, dass Interessenten, die innerhalb angemessener Frist auf die Werbung reagieren, das Angebot nicht mehr wahrnehmen können. In der Branche der Telekommunikation reicht es im Allgemeinen aus, wenn die angebotenen Leistungen noch einen Monat nach der Werbung zur Verfügung stehen. Diesfalls läge ein Sonderangebot iSd Gesetzes lediglich im Fall einer ausdrücklichen Bezeichnung des jeweiligen Angebots als Sonderangebot vor.
7. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 78, 402 Abs 4 EO iVm §§ 41, 50 Abs 1 ZPO. Die im Revisionsrekursverfahren zur Gänze obsiegende Beklagte hat Anspruch auf vollen Kostenersatz. Bei der Bestimmung von dessen Höhe ist allerdings zu berücksichtigen, dass die Klägerin den strittigen Unterlassungsanspruch in der Klage mit 9.000 EUR bewertet hat. Daran sind die Parteien für das gesamte Verfahren gebunden (vgl RIS-Justiz RS0046474). Die Kosten sind daher nur auf dieser Grundlage zu berechnen.
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