OGH 2Ob121/07v

OGH2Ob121/07v28.6.2007

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Baumann als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Danzl, Dr. Veith, Dr. Grohmann und Dr. Nowotny als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1.) Aloizij I*****, und 2.) Elizabeta P*****, vertreten durch Ing. Mag. Dr. Felix Jurak, Rechtsanwalt in Klagenfurt, gegen die beklagte Partei Verband der Versicherungsunternehmungen Österreichs, Schwarzenbergplatz 7, 1030 Wien, vertreten durch Dr. Manfred Angerer und andere Rechtsanwälte in Klagenfurt, wegen EUR 6.042,95 sA und Feststellung (erstklagende Partei) sowie EUR 300,-- sA (zweitklagende Partei), über die „außerordentliche" Revision der klagenden Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgericht vom 19. April 2007, GZ 3 R 32/07m-37, womit infolge Berufung der klagenden Parteien das Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt vom 12. Dezember 2006, GZ 23 Cg 10/06d-32, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

1.) Die „außerordentliche" Revision wird, soweit sie von der zweitklagenden Partei erhoben wird, zurückgewiesen.

2.) Soweit die „außerordentliche" Revision von der erstklagenden Partei erhoben wird, werden die Akten dem Erstgericht zurückgestellt.

Text

Begründung

Nach einem Verkehrsunfall begehrte der Erstkläger zuletzt Zahlung von EUR 6.042,95 (restliches Schmerzengeld EUR 600,--; Sachschaden EUR 1.912,70; sonstige Aufwendungen EUR 3.530,25) sA sowie die Feststellung der Haftung der beklagten Partei für alle künftigen Schäden aus dem Unfallgeschehen. Die Zweitklägerin begehrte noch Zahlung eines restlichen Schmerzengeldes von EUR 300,-- sA. Das Erstgericht wies das Klagebegehren beider Kläger ab. Das Berufungsgericht verwarf die Nichtigkeitsberufung der Kläger und bestätigte im Übrigen das erstinstanzliche Urteil. Es sprach ferner - ohne dabei zwischen den beiden Klägern zu differenzieren - aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstandes zwar EUR 4.000,--, nicht aber EUR 20.000,-- übersteige und die ordentliche Revision nicht zulässig sei.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die „außerordentliche" Revision beider Kläger, die das Erstgericht dem Obersten Gerichtshof vorgelegt hat.

Rechtliche Beurteilung

1.) Das Rechtsmittel ist, soweit es von der Zweitklägerin erhoben wird, jedenfalls unzulässig.

Gemäß § 55 Abs 1 Z 2 JN sind mehrere in einer Klage geltend gemachte Ansprüche von mehreren Klägern nur im Falle einer materiellen Streitgenossenschaft (§ 11 Z 1 ZPO) zusammenzurechnen. Mehrere aus einem Unfall Geschädigte sind nur formelle Streitgenossen im Sinne des § 11 Z 2 ZPO (2 Ob 248/98d mwN; 3 Ob 52/07d; RIS-Justiz RS0110982). Ihre Ansprüche sind daher nicht zusammenzurechnen (RIS-Justiz RS0035615). Die Zulässigkeit der Revision ist für jeden einzelnen Streitgenossen gesondert zu beurteilen (RIS-Justiz RS0035588, RS0035710).

Die Zweitklägerin machte zuletzt ein Zahlungsbegehren von EUR 300,-- sA geltend, weshalb die Revision in Ansehung der Zweitklägerin gemäß § 502 Abs 2 ZPO jedenfalls unzulässig und daher zurückzuweisen ist. Dem Bewertungsausspruch des Berufungsgerichtes kommt insoweit keine den Obersten Gerichtshof bindende Wirkung zu (RIS-Justiz RS0042410 [T13 und 22]).

2.) Soweit die „außerordentliche" Revision vom Erstkläger erhoben wurde, erweist sich die Aktenvorlage als verfehlt.

Hinsichtlich des Erstklägers richtet sich die Revisionszulässigkeit nach § 502 Abs 3 ZPO, weil nach dem - insoweit bindenden - Bewertungsausspruch des Berufungsgerichtes der zweitinstanzliche Entscheidungsgegenstand zwar EUR 4.000,--, nicht aber insgesamt EUR 20.000,-- übersteigt und das Berufungsgericht die ordentliche Revision nach § 500 Abs 2 Z 3 ZPO für nicht zulässig erklärt hat. Unter diesen Voraussetzungen ist auch ein außerordentliches Rechtsmittel nicht zulässig. Eine Partei kann in einem solchen Fall nur gemäß § 508 Abs 1 ZPO einen Antrag an das Berufungsgericht stellen, seinen Ausspruch dahingehend abzuändern, dass das ordentliche Rechtsmittel doch für zulässig erklärt werde. Mit demselben Schriftsatz ist das ordentliche Rechtsmittel auszuführen. Dieser Antrag, verbunden mit dem ordentlichen Rechtsmittel, ist beim Prozessgericht erster Instanz einzubringen und gemäß § 508 Abs 3 und 4 ZPO vom Rechtsmittelgericht zu behandeln. Erhebt in den dargestellten Fällen eine Partei ein Rechtsmittel, so ist dieses gemäß § 507b Abs 2 ZPO dem Gericht zweiter Instanz vorzulegen. Das gilt auch dann, wenn das Rechtsmittel als „außerordentliches" Rechtsmittel bezeichnet wird und wenn es an den Obersten Gerichtshof gerichtet ist; auch dieser darf hierüber nur und erst entscheiden, wenn das Gericht zweiter Instanz gemäß § 508 Abs 3 ZPO ausgesprochen hat, dass ein ordentliches Rechtsmittel doch zulässig sei. Dies gilt ferner auch dann, wenn der Rechtsmittelwerber in dem Schriftsatz nicht im Sinne des § 508 Abs 1 ZPO den Antrag auf Abänderung des Ausspruches des Gerichtes zweiter Instanz gestellt hat, weil dieser Mangel gemäß § 84 Abs 3 ZPO verbesserungsfähig ist (RIS-Justiz RS0109623).

Das Erstgericht wird somit das Rechtsmittel, soweit es vom Erstkläger erhoben wird, dem Berufungsgericht vorzulegen haben. Ob der Schriftsatz den Erfordernissen des § 508 Abs 1 ZPO entspricht oder ob er einer Verbesserung bedarf, bleibt der Beurteilung der Vorinstanzen vorbehalten.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte