OGH 4Ob66/07w

OGH4Ob66/07w12.6.2007

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Zechner als Vorsitzenden und die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Schenk sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Vogel, Dr. Jensik und Dr. Musger als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Hubert W*****, vertreten durch Dr. Dieter Böhmdorfer Rechtsanwalt GmbH in Wien, wider die beklagte Partei Dr. Gerhard S*****, vertreten durch Dr. Gahleitner & Partner Rechtsanwälte OEG in Wien, wegen 25.248,94 EUR sA, infolge Rekurses der klagenden Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 22. Dezember 2006, GZ 15 R 243/06z-60, womit das Endurteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien vom 12. September 2006, GZ 21 Cg 1/04b-56, aufgehoben wurde, den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der Rekurs wird zurückgewiesen.

Die Kosten der Rekursbeantwortung bilden weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung

Der Kläger lebt von der Tier- und Jagdmalerei. Deshalb nahm er mit dem Beklagten im Mai 2000 an einer Bärenjagd in Russland teil. Da der Beklagte den von ihm während der Reise verlangten Betrag von insgesamt 50.100 USD nicht in bar bezahlen konnte, sondern den russischen Jagdbegleitern lediglich 19.900 USD übergab, übernahm der Kläger vereinbarungsgemäß für den Beklagten die persönliche Haftung, damit dieser die Bärenfelle sowie die Bärentrophäen mit nach Hause nehmen konnte. Außerdem übernahm der Kläger für den Beklagten Transportkosten und Spesen von insgesamt 1.200 USD. Entgegen der zwischen den Streitteilen getroffenen Vereinbarung zur Refundierung des gesamten Betrags leistete der Beklagte nur 10.000 USD, weitere Zahlungen lehnte er ab.

Der Beklagte ist Zahnarzt. Anfang 1996 erhielt er vom Kläger den Auftrag, eine Generalsanierung seines Gebisses durch Herstellung einer Metallkeramikbrücke sowohl im Ober- als auch im Unterkiefer vorzunehmen. Die Behandlung begann am 30. Jänner 1996; am 23. Mai 1996 waren beide Brücken fix einzementiert. Der Kläger kam auch weiterhin zum Beklagten, wobei vor allem Zahnfleischentzündungen samt Taschenabszessen zu behandeln waren, die letzte Behandlung erfolgte am 14. September 1999. Am 2. November 1999 erstellte der Beklagte eine Rechnung über 175.387 S für Behandlungsleistungen sowie eine weitere Rechnung über 458.280 S für zahntechnische Leistungen, wobei er eine Akontozahlung des Beklagten von 190.000 S abrechnete, die der Kläger im März 1996 an den Beklagten geleistet hatte. am 24. Oktober 1996 überließ der Kläger dem Beklagten ein Leopardenbild; am 23. Oktober 2000 übergab er ihm eine Ikone. Zwischen den Streitteilen fanden ab Ende 1996/Anfang 1997 Gespräche über die Erbringung einer weiteren Gegenleistung für die Gebisssanierung statt. Dabei war auch das Bemalen eines Speiseservices aus Augarten-Porzellan für einen Picknickkorb durch den Kläger im Gespräch, weil dieser erklärt hatte, es sei ihm „eine Zahlung von Bargeld nicht möglich". Der Beklagte war damit „grundsätzlich einverstanden, wollte aber Entwürfe sehen"; zu einer solchen Leistung kam es in der Folge jedoch nicht, weil dem Beklagten die ihm übermittelten Entwürfe des Klägers „nicht gefielen". Am 23. Oktober 2000 forderte der Kläger den Beklagten auf, das restliche Entgelt für die Jagdreise nach Russland zu begleichen, worauf der Beklagte erwiderte, dass ihm der Kläger noch Geld schulde. Der Kläger begehrte vom Beklagten 25.295,61 EUR sA. Das Erstgericht stellte mit Teilurteil vom 16. Juli 2003 fest, dass die Klagsforderung mit 25.248,94 EUR zu Recht bestehe und verpflichtete den Beklagten zur Bezahlung dieses Betrags samt Zinsen; das Mehrbegehren von 46,67 EUR sA wies es hingegen ab. Das Teilurteil ist in Rechtskraft erwachsen.

Der Beklagte wendete unter anderem ein, der Kläger schulde ihm aus einer kompletten Zahnsanierung immer noch einen Betrag, der den Klagebetrag bei weitem übersteige; diese Forderung wendete er bis zur Höhe des Klagebetrags compensando ein. Der Kläger habe im Hinblick auf die Kompensandoforderung stets Zahlung zugesagt und diese somit anerkannt. Die Streitteile hätten vereinbart, dass der Beklagte für zahntechnische Leistungen 458.280 S laut Heilkostenplan zu bezahlen habe. Die zahnärztlichen und chirurgischen Leistungen des Beklagten könnten noch einmal diesen Betrag erreichen.

Der Kläger erhob gegen die Kompensandoforderung eine Verjährungseinrede. Der Beklagte habe nachträglich erklärt, 250.000 S seien zu wenig gewesen, weshalb die Streitteile vereinbart hätten, dass der Kläger einen Picknickkorb mit Augarten-Porzellan bemale und sich der Beklagte 150.000 S hiefür anrechnen lasse. Das Anbot, dem Beklagten zur Abgeltung der von diesem erhobenen Forderung bei Anschaffung eines Picknickkorbs 150.000 S gutzuschreiben, bedeute nicht, dass der Kläger dem Beklagten die Bezahlung einer derartigen Leistung angeboten hätte. Das Gespräch habe bereits am 24. Oktober 1996 stattgefunden, weshalb die Gegenforderung des Beklagten auch bei Annahme einer Verjährungsunterbrechung durch ein deklaratorisches Teilanerkenntnis verjährt sei. Das Anbot habe der Kläger lediglich aus Freundschaft unterbreitet, eine Aufforderung des Beklagten zur Leistung einer bestimmten Nachforderungssumme sei ihm nie zugegangen. Die Streitteile hätten vielmehr eine Pauschalvereinbarung getroffen. Das Erstgericht sprach mit Endurteil im zweiten Rechtsgang aus, dass die bis zur Höhe der Klageforderung geltend gemachte Gegenforderung nicht zu Recht bestehe. Ausreichende Beweisergebnisse für die Annahme eines Anerkenntnisses lägen nicht vor. Der Kläger sei lediglich bereit gewesen, für den Beklagten ein Augarten-Service zu bemalen. Darin sei kein Anerkenntnis der Gegenforderung gelegen. Das Berufungsgericht hob dieses erstgerichtliche Urteil auf und verwies die Rechtssache zur Behebung von Feststellungsmängeln an das Erstgericht zurück. Die der eingewendeten Gegenforderung zugrundeliegende Generalsanierung des Gebisses des Klägers sei spätestens am 20. Februar 1997 abgeschlossen gewesen. Die auf zahnärztliche Leistungen anzuwendende Verjährungsfrist betrage drei Jahre, sie beginne - mangels anderer Vereinbarung - mit dem Zeitpunkt, indem die Forderung geltend gemacht oder die Zahlungspflicht ausgelöst werden könne. Für den Beginn der Verjährung sei der Zeitpunkt maßgeblich, in dem die Rechnungslegung unter Einhaltung einer für die Erstellung der Rechnung angemessenen Frist objektiv möglich gewesen wäre. Die dafür zur Verfügung stehende Frist sei im Einzelfall nach der objektiven Verkehrsübung zu bestimmen und hänge von der Art des Geschäfts, der Geschäftsbranche sowie einer allfälligen geschäftlichen Gepflogenheit ab. Da die Gebisssanierung des Klägers spätestens am 20. Februar 1997 abgeschlossen gewesen sei, sei unter Zugrundelegung „der vom Beklagten für die Rechnungslegung geforderten Frist von drei Monaten die Honorarforderung spätestens Ende Mai 1997 fällig geworden"; die Verjährung sei damit am 1. Juni 2000 eingetreten. Der Aufrechnungserklärung komme Rückwirkung zu. Sie könne noch nach Ablauf der Verjährungsfrist erfolgen. Die Hauptforderung sei im September 2000 entstanden; in diesem für die Aufrechnungslage maßgeblichen Zeitpunkt sei die Gegenforderung - ohne Berücksichtigung eines allfälligen Anerkenntnisses - schon verjährt gewesen. Zwischen den Streitteilen seien aber ab Ende 1996/Anfang 1997 Gespräche über die Erbringung einer weiteren Gegenleistung für die Gebisssanierung des Klägers geführt worden; der Kläger habe dem Beklagten mitgeteilt, es sei ihm eine Zahlung von Bargeld nicht möglich, er werde jedoch als weitere Gegenleistung für die Zahnsanierung für den Beklagten - mit dessen grundsätzlichem Einverständnis unter Vorlage von Entwürfen - ein Speiseservice aus Augarten-Porzellan für einen Picknickkorb bemalen. Daraus sei ein - wenn auch nur deklaratorisches - Anerkenntnis des Forderungsrechts abzuleiten. Für eine Unterbrechung der Verjährung genüge ein „deklaratorisches Anerkenntnis oder auch ein Anerkenntnis dem Grunde nach". Die Erklärung des Klägers habe bei objektiver Betrachtung des Sinngehalts vom Beklagten nur so verstanden werden können, dass die Leistungen für die Gebisssanierung auch aus Sicht des Klägers nicht zur Gänze abgegolten gewesen seien, sondern eine weitere Gegenleistung ausständig sei. Aus der vom Kläger erklärten Bereitschaft, eine weitere Gegenleistung zu erbringen, könne an seinem Bewusstsein, dass eine weitere Schuld oder Leistungspflicht bestehe, nicht gezweifelt werden. Für ein deklaratorisches Anerkenntnis sei lediglich das für den Berechtigten deutlich erkennbare Bewusstsein des Erklärenden erforderlich, dass die Schuld bestehe. Ein solches Bewusstsein komme auch durch die Erklärung, eine Naturalleistung erbringen zu wollen, zum Ausdruck. Ein derartiges Anerkenntnis sei von der Höhe und der Art der Leistungspflicht unabhängig. Die Gegenforderung des Beklagten resultiere aus einem zahnärztlichen Behandlungsvertrag, die Gegenleistung des Patienten aus einem solchen Vertrag sei - mangels anderer Vereinbarung - auf die Erbringung einer Geldleistung gerichtet. Der Schuldner habe grundsätzlich kein Wahlrecht, entweder eine Geldleistung oder eine Naturalleistung zu erbringen. Daran ändere auch die Erklärung des Klägers nichts, ihm sei eine Zahlung von Bargeld nicht möglich. Bei verständiger Betrachtung könne diese Erklärung nur als Hinweis auf mangelnde Geldmittel verstanden werden, weshalb eine Naturalleistung angeboten werde. Das grundsätzliche Einverständnis des Beklagten bedeute, dass er dem Kläger habe entgegenkommen wollen und sich mit der angebotenen Naturalleistung grundsätzlich einverstanden gezeigt habe. Dieses Einverständnis sei jedoch unter dem Vorbehalt gestanden, dass die vom Kläger übermittelten Entwürfe den Vorstellungen des Beklagten entsprächen, was jedoch nicht der Fall gewesen sei. Eine - hinsichtlich der Erfüllung des Behandlungsvertrags - andere Vereinbarung über die Erbringung einer Naturalleistung anstelle einer Geldleistung sei daher nicht zustandegekommen. Maßgebend für eine allfällige Unterbrechung der Verjährung sei, dass die anerkannte Forderung zum Zeitpunkt des deklaratorischen Anerkenntnisses noch nicht verjährt gewesen sei. Mangels bisheriger Feststellung des Erklärungszeitpunkts sei eine abschließende Beurteilung des Falls noch nicht möglich. Ebenso fehlten Feststellungen „zur Höhe der (allenfalls) deklaratorisch anerkannten Gegenforderung". Das Berufungsgericht sprach überdies aus, dass der Rekurs gegen den Aufhebungsbeschluss zulässig sei, weil Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zur Frage fehle, ob bei einem Erfüllungsanspruch ein deklaratorisches Anerkenntnis der Erbringung einer weiteren Naturalleistung für den Fall, dass die vom Anerkenntnis betroffene Forderung in diesem Zeitpunkt nicht verjährt sei und in einer Geldzahlungspflicht bestehe, die Verjährung des geltend gemachten Geldanspruchs unterbreche.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs des Klägers, mit dem er die Aufhebung des berufungsgerichtlichen Aufhebungsbeschlusses und die Wiederherstellung des erstgerichtlichen Endurteils anstrebt, ist entgegen dem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Zulassungsausspruch des Berufungsgerichts (§ 526 Abs 2 zweiter Satz ZPO) nicht zulässig.

1. Für die Unterbrechung der Verjährung genügt jede Handlung des Schuldners, die in irgendeiner Weise sein Bewusstsein, aus dem betreffenden Schuldverhältnis dem Gläubiger verpflichtet zu sein, zum Ausdruck bringt, wobei es - wie auch sonst im österreichischen Recht - auf den objektiven Erklärungswert der Willensäußerung ankommt (stRsp; RIS-Justiz RS0034516). Sowohl zur Unterbrechung der Verjährung als auch zur Annahme eines wirksamen Verzichts auf die Einrede der Verjährung ist eine Anerkennung dem Grunde nach hinreichend (stRsp; RIS-Justiz RS0034529). Für die Verjährungsunterbrechung genügt schon ein deklaratorisches Anerkenntnis (stRsp; RIS-Justiz RS0033015). Die Anerkennung nach § 1497 ABGB muss nicht ausdrücklich erfolgen; es genügt ein Verhalten, aus dem sich entnehmen lässt, dass der Schuldner das Bewusstsein hat, zur Zahlung verpflichtet zu sein (RIS-Justiz RS0034510).

2. Ob eine Erklärung ein Anerkenntnis bildet, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab. Deren Beurteilung wirft - abgesehen von einer hier nicht vorliegenden im Interesse der Rechtseinheit und Rechtssicherheit aufzugreifenden Fehlbeurteilung - keine Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO auf. Dies gilt genauso für die Frage, ob ein bloß deklaratorisches oder bereits ein konstitutives Anerkenntnis vorliegt (stRsp; RIS-Justiz RS0044468, RS0017965).

3. Die Bereitschaft des Beklagten, sich „grundsätzlich" mit einer bestimmten, seinen Vorstellungen entsprechenden Naturalgegenleistung begnügen zu wollen, führte letztlich zu keiner Tilgung der Schuld des Klägers, weil dessen Entwürfe jenem „nicht gefielen" und eine Naturalgegenleistung deshalb unterblieb. Vor diesem Hintergrund beurteilte das Berufungsgericht die maßgebende Erklärung des Klägers - zumindest vertretbarerweise - (auch) als Anerkenntnis einer Geldzahlungspflicht für zahnärztliche Leistungen dem Grunde nach, mangelt es doch hier an Feststellungen über Vereinbarungsinhalte, die einen Schluss tragen könnten, die erörterten Leistungen des Beklagten auf Grund des Behandlungsvertrags seien - entgegen der nach der Vertragsnatur typischen Gegenleistung - an sich nicht in Geld, sondern mit einer bestimmten Naturalgegenleistung zu entlohnen. Zutreffend wurde daher schon vom Berufungsgericht darauf verwiesen, dass die Beurteilung der Äußerung des Klägers, mangels Geldmittel eine bestimmte Naturalgegenleistung erbringen zu wollen, als schlüssiges Anerkenntnis einer (Geld-)Schuld dem Grunde nach nicht den aus der Entscheidung 7 Ob 12/74 (= SZ 47/28) ablesbaren Leitlinien widerspricht, wurde doch das Anerkenntnis eines Naturalersatzes unter ausdrücklicher Ablehnung eines Geldersatzes dort nur infolge bereits eingetretener Anspruchsverjährung als Verzicht auf die Erhebung einer Verjährungseinrede bloß in Ansehung eines Naturalersatzbegehrens beurteilt. Hier geht es dagegen - sollte die aufgetragene Verfahrensergänzung zur zeitlichen Abfolge und zur Höhe der Entgeltforderung entsprechende Feststellungen zeitigen - um die schlüssige Anerkennung einer (Geld-)Schuld noch vor deren Verjährung. Wäre im fortgesetzten Verfahren die vom Kläger behauptete Verjährung der Gegenforderung wegen der durch ein Anerkenntnis bewirkten Unterbrechungswirkung zu verneinen, so ist ferner klar, dass - in Ermangelung einer konkreten Preisvereinbarung der Streitteile - auch noch das vom Kläger für zahnärztliche Leistungen geschuldete angemessene (Rest-)Entgelt zu ermitteln sein wird.

4. Die Entscheidung hängt somit nicht von der Lösung einer erheblichen Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO ab. Der Rekurs des Klägers ist somit zurückzuweisen. Gemäß § 510 Abs 3 iVm § 528a ZPO kann sich der Oberste Gerichtshof dabei auf die Ausführung der Zurückweisungsgründe beschränken.

5. Der Beklagte hat auf die Unzulässigkeit des Rekurses hingewiesen, weshalb die Entscheidung über die Kosten der Rekursbeantwortung gemäß § 52 Abs 1 ZPO vorzubehalten ist (RIS-Justiz RS0117737 [T2]).

Stichworte