OGH 15Os39/07k

OGH15Os39/07k30.5.2007

Der Oberste Gerichtshof hat am 30. Mai 2007 durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofes Dr. Schmucker als Vorsitzende sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Danek, Hon. Prof. Dr. Kirchbacher, Dr. T. Solé und Mag. Lendl als weitere Richter in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Egger als Schriftführerin in der Strafsache gegen Thomas F***** wegen des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs 2, 148 zweiter Fall StGB, über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Wels als Schöffengericht vom 24. Jänner 2007, GZ 11 Hv 27/06v-81, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

In teilweiser Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde wird das angefochtene Urteil - das im Übrigen unberührt bleibt - in der Unterstellung der Taten auch unter § 148 zweiter Fall StGB und demgemäß im Strafausspruch aufgehoben und die Sache im Umfang der Aufhebung zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht verwiesen.

Mit seiner Berufung wird der Angeklagte auf diese Entscheidung verwiesen.

Dem Angeklagten fallen die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen, auch einen Privatbeteiligtenzuspruch enthaltenden Urteil wurde Thomas F***** des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs 2, 148 zweiter Fall StGB schuldig erkannt.

Danach hat er in der Zeit von Mai bis Juli 2003 in Linz und an anderen Orten mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz Verfügungsberechtigte der Fo***** GmbH durch Vortäuschung seiner Zahlungsfähigkeit und Zahlungswilligkeit, sohin durch Täuschung über Tatsachen, wiederholt zu Handlungen, nämlich zu mehrfachen Lieferungen von Waren im Wert von zumindest 42.000 Euro verleitet, wodurch die Rechtsnachfolgerin des genannten Unternehmens in einem 3.000 Euro übersteigenden Betrag, nämlich in der Höhe von zumindest 42.000 Euro am Vermögen geschädigt wurde, wobei er in der Absicht handelte, sich durch die wiederkehrende Begehung dieser Taten eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen.

Rechtliche Beurteilung

Gegen dieses Urteil richtet sich die auf Z 4, 5 und 10 des § 281 Abs 1 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten, der teilweise Berechtigung zukommt.

Der Verfahrensrüge (Z 4) zuwider verfiel der ursprünglich in der Hauptverhandlung vom 12. April 2006 gestellte Antrag auf Vernehmung des Zeugen Karl H***** zum Beweis dafür, dass nicht der Angeklagte selbst, sondern der Zeuge Benjami S***** den Großteil der bei der Firma Fo***** auf Lieferschein gekauften Sachen weitergegeben bzw verkauft habe (S 169/II), zu Recht der Abweisung, weil zum einen in der (neu durchgeführten) Hauptverhandlung vom 8. November 2006 lediglich die neuerliche Ladung und Vernehmung dieses Zeugen ohne Anführung eines Beweisthemas beantragt wurde (S 295/II) und zum anderen die Frage, von wem die betrügerisch erlangten Sachen in der Folge einer Verwertung zugeführt wurden, keinen für die Lösung der Schuld- oder Subsumtionsfrage entscheidenden Umstand betrifft. Der schriftliche Antrag auf zeugenschaftliche Vernehmung des Harald Hi***** (ON 73) wurde am 27. November 2006 vor der Hauptverhandlung überreicht, in dieser laut ungerügt gebliebenem Inhalt der Verhandlungsschrift jedoch nicht wiederholt, sodass der Beschwerdeführer zur Verfahrensrüge nicht legitimiert ist (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 310 f).

Dem Vorbringen der Mängelrüge (Z 5) zuwider stehen die Aussagen der Zeugen Christian D*****, Martin T*****, Harald J***** und Helmut J***** über Beschaffung und Veräußerung der betrügerisch erlangten Gegenstände den Urteilsannahmen zu einem mit Benjamin S***** ausgeführten gemeinsamen Tatplan und zur subjektiven Tatseite des Angeklagten nicht entgegen und bedurften daher ebensowenig einer gesonderten Erörterung wie die Angaben des Zeugen Andreas W*****, wonach Benjamin S***** es war, der die Kundenkarten bei der Firma Fo***** beantragte, zumal die Tatrichter davon ausgingen, dass die Idee zu einer derartigen Vorgangsweise vom Angeklagten stammte (US 4 bis 6).

Auch mit der bloßen Behauptung, dem Urteil sei nicht zu entnehmen, welche Waren der Angeklagte tatsächlich gekauft hat und welchen Wert diese jeweils hatten, wird ein Begründungsgebrechen nicht aufgezeigt. Diesem Einwand kommt jedoch unter dem Gesichtspunkt fehlender Feststellungen im Rahmen der gegen die Annahme gewerbsmäßiger Begehung schwerer Betrügereien (§ 148 zweiter Fall StGB) gerichteten, später behandelten Subsumtionsrüge (Z 10) Bedeutung zu. Weshalb die Aussagen der bereits genannten Zeugen D*****, T***** sowie Harald und Helmut J*****, ausschließlich Benjamin S***** habe die Aufträge zum Abholen der Quads gegeben, der Feststellung, dass es Teil des Tatplanes gewesen sei, Kleinkraftfahrzeuge, nämlich Motorräder, GoKarts und sogenannte Quads einzukaufen, zu verkaufen und auch zu vermieten, entgegenstehen sollten und daher erörterungsbedürftig gewesen wären, legt der Beschwerdeführer nicht dar. Der Einwand ist daher einer sachbezogenen Erwiderung nicht zugänglich.

Die Feststellung, der Angeklagte habe mit Täuschungsabsicht und Bereicherungsvorsatz gehandelt, haben die Tatrichter der eine Begründung vermissenden Beschwerde zuwider erkennbar aus der dem Angeklagten bekannten schlechten wirtschaftlichen Situation des von ihm gemeinsam mit Benjamin S***** betriebenen Unternehmens sowie aus der von ihm in der Vergangenheit bereits „erfolgreich" angewandten und auch nunmehr initiierten Vorgangsweise, sich mittels Kundenkarten Warenlieferungen zu erschleichen, erschlossen (US 5 bis 8). Die Annahme der Gewerbsmäßigkeit wurde fallbezogen mit dem Hinweis darauf, dass dies, also die Verwertung der betrügerisch erlangten Waren, die einzige Einnahmequelle des Angeklagten darstellte und auch geplant war, dies über einen längeren Zeitraum durchzuführen, um so an Bargeld zu kommen, hinreichend und mängelfrei begründet (US 8). Der Einwand, das Erstgericht hätte es unterlassen, „über den wesentlichen Inhalt der verlesenen Beweisergebnisse zu referieren", zeigt ein Begründungsgebrechen nicht auf.

Mit der Behauptung der Aktenwidrigkeit von Feststellungen verkennt der Nichtigkeitswerber das Wesen des geltend gemachten Nichtigkeitsgrundes (Z 5 letzter Fall), der nur dann vorliegt, wenn der eine entscheidende Tatsache betreffende Inhalt einer Aussage oder Urkunde in seinen wesentlichen Teilen unrichtig oder unvollständig wiedergegeben wird (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 467). Der Einwand ist jedoch auch der Sache nach unberechtigt:

Angesichts des festgestellten Tatplans, verschiedene Waren auf Lieferschein anzukaufen und durch Vermietung und Veräußerung dieser Waren entsprechende Erlöse zu erzielen, den Kaufpreis in der Folge jedoch nicht zu bezahlen (US 3), betrifft die Frage, wann die Idee zum Erwerb von Kleinfahrzeugen (Quads) geboren wurde, keine entscheidende Tatsache, sodass das Schöffengericht die diesbezüglichen Angaben des Zeugen S***** (S 292/II) in seine Erwägungen nicht miteinbeziehen musste. Außerdem hat dieser Zeuge überdies angegeben, dass auch Sachen eingekauft wurden, die mit der „Quad-Firma" nichts zu tun hatten.

Soweit der Beschwerdeführer aus isoliert herausgegriffenen Verfahrensergebnissen andere - im Vergleich zum Erstgericht für ihn günstigere - Schlussfolgerungen zieht und solcherart den konstatierten Täuschungsvorsatz bestreitet, wendet er sich nach Art einer Schuldberufung in unzulässiger Weise gegen die tatrichterliche Beweiswürdigung.

Im Ergebnis zu Recht weist jedoch die Subsumtionsrüge (Z 10) darauf hin, dass das Erstgericht bereits in objektiver Hinsicht keine die Unterstellung der Betrugshandlungen unter den Qualifikationstatbestand des § 148 zweiter Fall StGB tragenden Feststellungen getroffen hat. Die Anwendung des zweiten Strafsatzes des § 148 StGB setzt nämlich voraus, dass der Täter (zumindest) einen schweren Betrug in der Absicht verübt hat, sich durch wiederkehrende Begehung von jeweils schon für sich gesehen schwerem Betrug (§ 147 StGB) eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen (Kirchbacher/Presslauer in WK² § 148 Rz 6). Es muss daher sowohl der in der bezeichneten Absicht begangene als auch der beabsichtigte schwere Betrug jeweils für sich allein ein schwerer Betrug sein. Es genügt demnach nicht, dass schwerer Betrug nur infolge der Zusammenrechnung mehrerer an sich die Wertgrenze des § 147 Abs 2 StGB jeweils nicht übersteigender Schadensbeträge vorliegt (Leukauf/Steininger, Komm³ § 148 Rz 8, Kienapfel/Schmoller, Studienbuch BT II § 148 Rz 9, zuletzt 13 Os 1/07g). Das erstgerichtliche Urteil enthält nur die zusammenfassende Darstellung, dass der Angeklagte in wiederholten Angriffen Waren im Wert von zumindest 42.000 Euro betrügerisch herausgelockt hat, jedoch keinerlei Feststellungen zu den mit den einzelnen Tathandlungen korrespondierenden Schadensbeträgen. Den tatrichterlichen Konstatierungen ist daher nicht zu entnehmen, ob der Angeklagte zumindest einen schweren Betrug nach § 147 Abs 2 StGB begangen hat, sodass das Vorliegen der Qualifikation des § 148 zweiter Fall StGB nicht beurteilt werden kann.

Demgemäß war das Urteil in der rechtlichen Unterstellung der Taten nach § 148 zweiter Fall StGB sowie im Strafausspruch aufzuheben und die Sache im Umfang der Aufhebung an das Erstgericht zu verweisen. Im Übrigen war die Nichtigkeitsbeschwerde bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO). Mit seiner Berufung war der Angeklagte auf diese Entscheidung zu verweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 390a Abs 1 StPO.

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