OGH 3Ob71/07y

OGH3Ob71/07y23.5.2007

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schiemer als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Prückner, Hon. Prof. Dr. Sailer, Dr. Jensik und die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Fichtenau als weitere Richter in der Exekutionssache der betreibenden Partei Raiffeisenbank F***** reg. Genossenschaft mbH, Faistenau, Faistenau Nr. 3, vertreten durch Dr. Georg Peterlunger, Rechtsanwalt in Salzburg, wider die verpflichtete Partei Karin H*****, vertreten durch Dr. Andrea König, Rechtsanwältin in Salzburg als Verfahrenshelferin, wegen EUR 9.704,05 sA, infolge außerordentlichen Revisionsrekurses der verpflichteten Partei gegen den Beschluss des Landesgerichts Salzburg als Berufungsgericht vom 11. Jänner 2007, GZ 53 R 1/07i, 53 R 2/07m-39, womit der Rekurs gegen den Beschluss des Bezirksgerichts Salzburg vom 18. August 2006, GZ 5 E 7116/05h-21, zurückgewiesen wurde, den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der Akt wird dem Erstgericht zurückgestellt.

Text

Begründung

Das Erstgericht bewilligte zur Hereinbringung einer Forderung von EUR 9.704,05 sA die Zwangsversteigerung eines Liegenschaftsanteils der Verpflichteten, mit dem das Wohnungseigentum an einem Wohnhaus untrennbar verbunden ist, ebenso die Forderungs- und Fahrnisexekution.

Das Erstgericht wies die Anträge der Verpflichteten auf Enthebung des zur Schätzung des Liegenschaftsanteils bestellten Sachverständigen sowie auf Einholung weiterer Sachverständigengutachten ab. Das Rekursgericht wies den gegen diese Entscheidung gerichteten Rekurs der Verpflichteten zurück, weil der Mangel des Fehlens der Unterschrift eines Rechtsanwalts nicht fristgerecht verbessert wurde, und sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei.

Den gegen diese Entscheidung gerichteten außerordentlichen Revisionsrekurs der Verpflichteten legte das Erstgericht unmittelbar dem Obersten Gerichtshof vor.

Am 30. März 2007, zeitlich nach Vorlage des Aktes, fand die öffentliche Versteigerung statt. Im Rahmen des Versteigerungstermins erhob die Verpflichtete Widerspruch gegen die Erteilung des Zuschlags an den Meistbietenden. Mit Beschluss vom 2. April 2007 erachtete das Erstgericht den Widerspruch als unbegründet und erteilte dem Meistbietenden den Zuschlag. Am 4. April 2007 langte ein von der Verpflichteten selbst verfasster „Antrag auf unbefristete Aufschiebung bzw Unterbrechung sowie gerichtliche Verweigerung/Verfügung des Zuschlags an den etwaigen Ersteher" ein. Weiters ein Antrag auf Beigabe eines Verfahrenshelfers. Über diese Anträge ist derzeit noch keine Entscheidung erfolgt.

Rechtliche Beurteilung

1. Nicht nur ein meritorischer über ein Rechtsmittel absprechender Beschluss des Rekursgerichts, sondern auch ein Beschluss, mit dem das Rekurgericht einen Rekurs gegen einen Beschluss erster Instanz zurückweist, ist bei Vorliegen einer erheblichen Rechtsfrage iSd § 528 Abs 1 ZPO iVm § 78 EO mit Revisionsrekurs anfechtbar (RIS-Justiz RS0044501, RS0044269).

2. Obwohl zwischenzeitig die Versteigerungstagsatzung stattgefunden hat und ein Zuschlag an den Meistbietenden erfolgt ist, ist das Rechtsschutzinteresse der Verpflichteten an einer Entscheidung durch den OGH zu bejahen. Dieser würde es nur dann an der Beschwer fehlen, wenn der Zuschlag nicht mehr rückgängig gemacht werden könnte (Jakusch in Angst § 65 EO Rz 15). Die Erteilung des Zuschlags ist infolge des dagegen erhobenen Rechtsmittels aber noch nicht in Rechtskraft erwachsen, sodass das Rechtsschutzbedürfnis für auf das Versteigerungsverfahren Bezug habende Beschlüsse weiterhin besteht.

3. Bei der Ermittlung des Werts des Entscheidungsgegenstands iSd § 528 Abs 2 Z 1 und 1a ZPO ist grundsätzlich vom betriebenen Anspruch auszugehen. Bei Entscheidungen, die das Exekutionsverfahren als ganzes betreffen - wie hier die Zurückweisung eines Rechtsmittels gegen einen Beschluss, womit der Antrag auf Ablehnung eines Sachverständigen und die Bestellung anderer Sachverständiger abgewiesen wurde - bildet der Wert des betriebenen Anspruchs zugleich den Wert des Entscheidungsgegenstands (Jakusch aaO Rz 25). Der Differenzbetrag zwischen dem vom Sachverständigen festgelegten und dem von der Rekurswerberin in ihrem Rechtsmittel angestrebten höheren Schätzwert ist nicht maßgeblich. Somit liegt bei der angefochtenen Entscheidung der Wert im Zwischenbereich (mehr als 4.000 EUR, aber nicht mehr als 20.000 EUR). Bei einem solchen Wert des Entscheidungsgegenstands ist ungeachtet der Bezeichnung des Rechtsmittels als „außerordentlicher Revisionsrekurs" und ungeachtet der an den Obersten Gerichtshof gerichteten Anträge der Revisionsrekurswerberin eine Entscheidungskompetenz des Obersten Gerichtshofs (noch) nicht gegeben.

In diesem Streitgegenstandsbereich ist gegen eine rekursgerichtliche Entscheidung, in welcher der Revisionsrekurs für nicht zulässig erklärt wurde, kein außerordentlicher Revisionsrekurs zulässig (§ 528 Abs 3 ZPO), sondern es ist lediglich im Wege des Abänderungsantrag nach § 528 Abs 2a ZPO (hier iVm § 78 EO) unter sinngemäßer Anwendung des § 508 ZPO sowie eines damit verbundenen ordentlichen Revisionsrekurses beim Rekursgericht Abhilfe zu suchen. Eine Entscheidungskompetenz des Obersten Gerichtshofs ist im derzeitigen Verfahrensstadium daher nicht gegeben. Dies gilt auch, wenn - wie hier - das Rechtsmittel als „außerordentliches" bezeichnet wird (RIS-Justiz RS0109620) und wenn der Rechtsmittelwerber in dem Schriftsatz nicht iSd § 508 Abs 1 ZPO den Antrag auf Änderung des Ausspruchs des Gerichts zweiter Instanz gestellt hat, weil dieser (allfällige) Mangel gemäß § 84 Abs 3 ZPO verbesserungsfähig ist. Das Erstgericht wird daher das nicht jedenfalls unzulässige Rechtsmittel gemäß § 528 Abs 2a und § 507b Abs 2 ZPO iVm § 78 EO dem Rekursgericht vorzulegen habe. Ob der Rechtsmittelschriftsatz den Erfordernissen des § 508 Abs 1 ZPO entspricht, oder ob er einer Verbesserung bedarf, bleibt der Beurteilung der Vorinstanzen vorbehalten (stRsp, 3 Ob 210/02g uva).

Stichworte