OGH 9ObA35/07y

OGH9ObA35/07y9.5.2007

Der Oberste Gerichtshof hat in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Rohrer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Spenling und Dr. Hradil sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Peter Zeitler und Amtsrätin Angelika Neuhauser als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache des Antragstellers Österreichischer Gewerkschaftsbund (Gewerkschaft vida), Margaretenstraße 166, 1050 Wien, vertreten durch Mag. Canan Aytekin-Yildirim und Mag. Gabriele Jarosch, Margaretenstraße 166, 1050 Wien, gegen die Antragsgegnerin Berufsvereinigung von Arbeitgebern für Gesundheits- und Sozialberufe (BAGS), Auerspergstraße 4/11, 1010 Wien, vertreten durch den Vorsitzenden Univ. Prof. Dr. Josef Weidenholzer, über den gemäß § 54 Abs 2 ASGG gestellten Antrag auf Feststellung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der Antrag, der Oberste Gerichtshof möge feststellen, dass die Bestimmungen des § 32 Abs 5 des Kollektivvertrages für ArbeitnehmerInnen, die bei Mitgliedern der Berufsvereinigung von Arbeitgebern für Gesundheits- und Sozialberufe beschäftigt sind, für die ArbeiternehmerInnengruppe der saisonal beschäftigten KlubbetreuerInnen diskriminierend sind, wird abgewiesen.

Text

Begründung

Die Kollektivvertragsfähigkeit beider Parteien ergibt sich § 4 Abs 2 ArbVG: Der Antragsteller ist eine auf freiwilliger Mitgliedschaft beruhende Berufsvereinigung der Arbeitnehmer, die Antragsgegnerin eine solche der Arbeitgeber. Antragsteller und Antragsgegner sind daher gemäß § 54 Abs 2 letzter Satz ASGG als Parteien des besonderen Feststellungsverfahrens legitimiert.

Der Antragsteller beantragte, wie aus dem Spruch ersichtlich, wobei er seinen Ausführungen folgende Bestimmung des Kollektivvertrags für ArbeitnehmerInnen, die bei Mitgliedern der Berufsvereinigung von Arbeitgebern für Gesundheits- und Sozialberufe (BAGS) beschäftigt sind, voranstellte: „§ 32 Anrechnung von Vordienstzeiten für Gehalt. Abs 1) Facheinschlägige Vordienstzeiten sind bis zum Ausmaß von maximal 10 Jahren anzurechnen, sofern sie nach der Vollendung des 18. Lebensjahres liegen und die geleistete Wochenarbeitszeit mindestens 19 Stunden betragen hat. Liegt die geleistete Wochenarbeitszeit unter 19 Stunden, erfolgt eine Aliquotierung. Facheinschlägige Tätigkeiten, die nicht im Rahmen eines unselbständigen Dienstverhältnisses geleistet wurden, sind nur dann als Vordienstzeiten anrechenbar, wenn Inhalt, Ausmaß und Zeitdauer der Tätigkeiten durch eine entsprechende Bestätigung nachgewiesen werden.

Abs 2) Falls keine oder weniger als 10 Jahre facheinschlägige Vordienstzeiten vorliegen, sind andere (nicht facheinschlägige) Vordienstzeiten im Ausmaß von maximal vier Jahren zu 50 % anzurechnen.

Abs 3) Die gemeinsame Obergrenze für alle anrechenbaren Vordienstzeiten (facheinschlägige und nicht facheinschlägige) beträgt höchstens 10 Jahre.

Abs 4) Die Anrechnung der Vordienstzeiten erfolgt nach einer Dauer des Arbeitsverhältnisses von sechs Monaten.

Abs 5) Vordienstzeiten sind bis zum Ende des 5. Monats nachzuweisen, später vorgelegte Nachweise werden nicht berücksichtigt. Abs 6) Nicht als Vordienstzeiten gerechnet werden Schul- und sonstige Ausbildungszeiten".

Der Antragsteller führt ausdrücklich aus, „konkret auf die Regelung der Vordienstzeitenanrechnung im Abs 5 des § 32 des vorliegenden Kollektivvertrages Bezug zu nehmen".

Nach dieser Bestimmung müssten die ArbeitnehmerInnen bei Antritt des Dienstverhältnisses die Vordienstzeiten bekannt geben und diese würden nach einer Dauer des Dienstverhältnisses von sechs Monaten angerechnet. Diese Regelung stelle eine mittelbare, sachlich nicht gerechtfertigte Diskriminierung von mindestens drei KlubbetreuerInnen dar, die nur saisonal befristete Dienstverträge haben. Konkret finde die Klubbetreuung nur in den Monaten Oktober bis Mai statt, das heiße die KlubbetreuerInnen treten im Oktober ein und beendeten ihre Dienstverhältnisse jeweils im Mai. Während der dazwischen liegenden Sommermonate finde kein Klubbetrieb statt. Diese Tätigkeit werde überwiegend von Frauen verrichtet, der Männeranteil sei dabei verschwindend. Den ArbeitnehmerInnen werden Vordienstzeiten erst ab einer durchgehenden Tätigkeit von sechs Monaten angerechnet, das heiße, dass sie zu Saisonbeginn zunächst nur ein niedrigeres Entgelt erhielten, welches erst ab dem sechsten Monat durch Anrechnung von Vordienstzeiten ansteige. Dem gegenüber haben durchgehend beschäftigte Arbeitskräfte den Vorteil, dass ab dem sechsten Monate die Anrechnung fortlaufend erfolge. Unter Heranziehung des § 19d Abs 6 AZG, Art 119 EGV und insbesondere der Bestimmungen des Gleichbehandlungsgesetzes leitet der Antragsteller daraus eine mittelbare Diskriminierung der vorwiegend weiblichen KlubbetreuerInnen (Saisonkräfte) ab.

Die Antragsgegnerin beschränkte sich in ihrer Äußerung auf die Mitteilung, dass es von ihrer Seite keinen Einwand gebe, dem § 32 BAGS-KollV folgenden Absatz hinzuzufügen: „§ 32 Abs 7: Bei saisonalen Dienstverhältnissen, die betriebsbedingt befristet abgeschlossen werden, kommt Abs 4 nur beim ersten Dienstverhältnis zur Anwendung; ab dem zweiten Dienstverhältnis in derselben Funktion erfolgt die Anrechnung der Vordienstzeiten mit Beginn des zweiten bzw weiteren Dienstverhältnisses".

Rechtliche Beurteilung

Der Antrag ist aus folgenden Überlegungen abzuweisen:

Ein Feststellungsantrag gemäß § 54 Abs 2 ASGG muss einen Sachverhalt enthalten, der ein Feststellungsinteresse begründet (9 ObA 9/99k uva). § 54 Abs 5 ASGG, der normiert, dass Feststellungsanträge nach § 54 Abs 2 ASGG auch dann erhoben werden können, wenn der Berechtigte eine Leistungsklage erheben könnte, beseitigt nur die Notwendigkeit des Vorliegens dieser Voraussetzung des rechtlichen Interesses, ändert aber sonst am Erfordernis des rechtlichen Interesses an der begehrten Feststellung nichts. Dieses rechtliche Interesse ist vom Obersten Gerichtshof auf der Grundlage des vom Antragsteller zu behauptenden Sachverhalts, der auch auf das rechtliche Interesse Bezug nehmen muss, von Amts wegen zu prüfen. Sein Fehlen führt zur Abweisung des Feststellungsantrags. Im vorliegenden Fall ist der Feststellungsantrag ausdrücklich auf Feststellung der Gesetzwidrigkeit des § 32 Abs 5 des Kollektivvertrags (und damit auf die Unanwendbarkeit dieser Bestimmung für die betroffenen Arbeitnehmer) gerichtet. Dass es sich bei der Zitierung des „Absatzes 5" um keinen Irrtum handelt, geht auch aus der Zitierung auf Seite 5 oben des Antrags, insbesondere aber aus Seite 3 des Antrags hervor, wo der Wortlaut des Absatzes 5 hervorgehoben wird. Diese Bestimmung regelt aber lediglich, dass Vordienstzeiten bis zum Ende des fünften Monats nachzuweisen sind und später vorgelegte Nachweise nicht berücksichtigt werden, nicht aber, ab welcher Dauer des Arbeitsverhältnisses Vordienstzeiten anrechenbar sind. Durch Abs 5 können sich daher die ArbeitnehmerInnen, für die der Antragsteller auftritt, nicht beschwert erachten, zumal aus dem Erfordernis des bloßen Nachweises noch keine wie immer geartete Diskriminierung ersichtlich ist. Unabhängig davon, ob nun darin eine (mittelbare) Diskriminierung zu ersehen ist oder nicht, ergibt sich die behauptete Schlechterstellung der saisonal beschäftigten ArbeitnehmerInnen nur aus Abs 4 des § 32 KollV, der bestimmt, dass eine Anrechnung der Vordienstzeiten erst nach einer Dauer des Arbeitsverhältnisses von sechs Monaten erfolgt. Diese Bestimmung wird aber vom Antragsteller nicht angefochten.

Unabhängig vom Anbot des Antragsgegners auf Änderung des Kollektivvertrags fehlt es dem Feststellungsantrag daher schon an sich an der Voraussetzung für eine Stattgebung.

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