OGH 2Ob243/06h

OGH2Ob243/06h26.4.2007

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Baumann als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Danzl, Dr. Veith, Dr. Grohmann und Dr. Schwarzenbacher als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr. Rudolf Mitterlehner, Rechtsanwalt in Linz, als Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen der F***** GmbH, *****, gegen die beklagte Partei Republik Österreich, vertreten durch die Finanzprokuratur, 1010 Wien, Singerstraße 17-19, wegen Feststellung (Streitwert EUR 42.000,00) über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz vom 24. Juli 2006, GZ 1 R 242/05x-10, womit das Urteil des Landesgerichtes Linz vom 13. September 2005, GZ 4 Cg 110/05x-6, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit EUR 1.475,85 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Gemeinschuldnerin hatte Maschinen angeschafft und den Kaufpreis drittfinanziert, wobei von den Verkäufern das vorbehaltene Eigentum an die finanzierende Bank abgetreten worden war. Bei Konkurseröffnung waren die Kredite noch nicht zur Gänze zurückgeführt, sodass die Banken ihr vorbehaltenes Eigentum im Konkurs geltend machten. Der Aussonderungsanspruch wurde vom Kläger als Masseverwalter jeweils anerkannt, worauf die Banken die Maschinen an Dritte weiterverkauften. Die anfallende Umsatzsteuer in Höhe von insgesamt EUR 42.000,- wurde vom Finanzamt der Gemeinschuldnerin, zu Handen des Klägers, vorgeschrieben. Der Kläger hat den entsprechenden Steuerbescheid unbekämpft gelassen.

Mit der gegenständlichen Klage begehrt der Kläger die Feststellung, dass die genannte Abgabenschuld keine Masseforderung iSd § 46 KO darstelle und damit nicht zu den nach § 47 KO vorrangig zu befriedigenden Ansprüchen gehöre. Die Maschinen seien aufgrund des Eigentumsvorbehalts niemals im zivilrechtlichen Eigentum der Gemeinschuldnerin gestanden. Damit hätten sie niemals zur Konkursmasse gehört, sodass damit im Zusammenhang stehende Steuern nicht die Konkursmasse treffen könnten, wie dies von § 46 Abs 1 Z 2 KO verlangt werde.

Die Beklagte bestritt das klägerische Begehren.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab.

Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung mit der Begründung, dass sich die Steuerschuld aus den Dispositionen des Masseverwalters über die beiden Maschinen ergebe. Im Übrigen sei der ergangene Steuerbescheid rechtskräftig. Da die Verwertung der Maschinen zu einer (teilweisen) Abdeckung der Kreditforderungen der finanzierenden Banken geführt habe, stehe der Steuerpflicht ein zumindest indirekter Vorteil für die Konkursmasse gegenüber. Da die Aussonderung und die Verwertung während des Konkursverfahrens vorgenommen worden seien, habe sich der die Abgabenpflicht auslösende Sachverhalt während des Konkursverfahrens verwirklicht (§ 46 Abs 1 Z 2 KO). Es handle sich daher um eine Masseforderung. Die ordentliche Revision ließ das Berufungsgericht mit der Begründung zu, dass sich der Oberste Gerichtshof mit der Qualifizierung einer derartigen Umsatzsteuerforderung im Konkurs noch nicht beschäftigt habe und dass der Lösung dieser Rechtsfrage eine über den Einzelfall hinausreichende Bedeutung zukomme.

Der Kläger beantragt in seiner Revision, das Berufungsurteil dahin abzuändern, dass die begehrte Feststellung getroffen werde. Die Vorinstanzen hätten die Unterscheidung zwischen abgabenrechtlichem Verwaltungsverfahren und zivilgerichtlicher Qualifikation als Masseforderung nicht eingehalten, zumal es für letztere nur auf das zivilrechtliche Eigentum bzw eine zivilrechtliche Forderungszuständigkeit ankomme und nicht bloß auf „wirtschaftliches Eigentum" oder einen „indirekten Vorteil". Die Abgabenschuld richte sich auf das konkursfreie Vermögen der Gemeinschuldnerin, da sie im Zusammenhang mit der wirtschaftlichen Geschäftsführung der Gemeinschuldnerin vor Konkurseröffnung durch Wahl der Finanzierungsform stehe.

Die Beklagte beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist aus dem vom Berufungsgericht angeführten Grund zulässig, sie ist aber nicht berechtigt.

1. Die Rechtsfrage der Umsatzsteuerpflicht der Masse (vgl Kristen, ZIK 1/2004, 2, 3, 5, mit Hinweis auf die Neuregelung des § 19 Abs 1b lit b UStG 1994) ist schon wegen der Rechtskraft des Steuerbescheides nicht verfahrensgegenständlich.

2. Nach § 46 Abs 1 Z 2 KO sind Masseforderungen „alle Auslagen, die mit der Erhaltung, Verwaltung und Bewirtschaftung der Masse verbunden sind, einschließlich … … der die Masse treffenden Steuern, Gebühren, Zölle, Beiträge zur Sozialversicherung und anderen öffentlichen Abgaben, wenn und so weit der die Abgabenpflicht auslösende Sachverhalt während des Konkursverfahrens verwirklicht wird. Um im Sinne des § 46 KO davon sprechen zu können, dass eine bestimmte öffentliche Abgabe „die Masse trifft", bedarf es einer zeitlichen und einer sachlichen Voraussetzung: Die Abgabe muss für einen Vorgang oder Zustand zu entrichten sein, der in die Zeit nach der Konkurseröffnung fällt, und das Steuerobjekt muss ein in die Masse gehörendes Vermögen oder dessen Ertrag sein (5 Ob 219/73 = RIS-Justiz RS0064925).

Im Hinblick auf den rechtskräftigen, zu Handen des Masseverwalters ergangenen, Steuerbescheid kann daher kein Zweifel daran bestehen, dass die verfahrensgegenständlichen Abgabenforderungen in einem engen sachlichen Zusammenhang mit der Masse stehen.

Ob im konkreten Fall durch die Erfüllung der Aussonderungsansprüche das Massevermögen im Zusammenhang mit den nachfolgenden Abgabenforderungen vermehrt oder verringert wurde, ist für die konkursrechtliche Einordnung der Umsatzsteuerforderung ohne Relevanz.

3. Der Kläger argumentiert weiters, dass er auf die Verwertung der Maschinen - welche die Umsatzsteuerpflicht ausgelöst habe - keinen Einfluss habe nehmen können. Dabei übersieht er aber, dass bereits die Lieferung der Maschinen an die „abgetretenen" Vorbehaltseigentümer (die finanzierenden Banken) eine umsatzsteuerrechtlich relevante Lieferung darstellt (VwGH 20. 3. 2002, 2000/15/0130). Es wird nach hA eine Doppellieferung unterstellt, wenn der Sicherungsnehmer („abgetretener" Vorbehaltseigentümer) das Sicherungsgut verwertet (Kristen in ZIK 1/2004, 4). Letztlich wurde somit der die Abgabepflicht auslösende Sachverhalt vom klägerischen Masseverwalter in Gang gesetzt.

4. Die richtige Lösung erkennt der Kläger darin, dass sich die Umsatzsteuerforderung auf das konkursfreie Vermögen der Gemeinschuldnerin richte, insbesondere weil die Wahl der Finanzierungsform vor Konkurseröffnung erfolgt sei. Die seinerzeitigen Kaufverträge bewirkten aber noch nicht das Entstehen der nunmehrigen Umsatzsteuerforderung, sondern erst die Lieferung der Maschinen an die „abgetretenen" Vorbehaltseigentümer (siehe oben zu 3.). Somit scheidet die Qualifizierung als Forderung auf das konkursfreie Vermögen der Gemeinschuldnerin aus.

5. Für die Abgrenzung zwischen Masseforderung und Konkursforderung ist (lediglich) maßgebend, ob der die Abgabenpflicht auslösende Sachverhalt vor oder nach Konkurseröffnung verwirklicht wurde (RIS-Justiz RS0057941). Dieser wurde im konkreten Fall der Lieferung an die Vorbehaltseigentümer nach Konkurseröffnung verwirklicht. Es liegt somit eine Masseforderung vor (dafür auch: Kanduth-Kristen in Berger/Bürgler/Kanduth-Kristen/ Wakounig, UStG, § 16, Rz 2415; Kristen in ZIK 1/2004, 5).

Der Revision ist daher ein Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung gründet auf den §§ 41, 50 ZPO.

Stichworte