OGH 15Os106/06m

OGH15Os106/06m29.3.2007

Der Oberste Gerichtshof hat am 29. März 2007 durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofes Dr. Schmucker als Vorsitzende sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Danek, Hon. Prof. Dr. Kirchbacher, Dr. T. Solé und Mag. Lendl als weitere Richter in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Brandstetter als Schriftführerin in der Strafsache gegen Mag. Dr. Hans S***** wegen Verbrechen der versuchen Nötigung von Mitgliedern eines verfassungsmäßigen Vertretungskörpers, einer Regierung, des Verfassungsgerichtshofes, des Verwaltungsgerichtshofes oder des Obersten Gerichtshofes oder des Präsidenten oder des Vizepräsidenten des Rechnungshofes nach §§ 15, 251 erster Fall StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Geschworenengerichts beim Landesgericht für Strafsachen Wien vom 28. Juni 2006, GZ 412 Hv 2/06z-66, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem auf dem Wahrspruch der Geschworenen beruhenden angefochtenen Urteil wurde Mag. Dr. Hans S***** (richtig:) mehrerer Verbrechen der versuchten Nötigung von Mitgliedern eines verfassungsmäßigen Vertretungskörpers, einer Regierung, des Verfassungsgerichtshofes, des Verwaltungsgerichtshofes oder des Obersten Gerichtshofes oder des Präsidenten oder des Vizepräsidenten des Rechnungshofes nach §§ 15, 251 erster Fall StGB schuldig erkannt.

Danach hat er am 8. November 2005 und am 20. Februar 2006 in Wien durch im Urteil wiedergegebene, unter anderem Drohungen mit Körperverletzung enthaltende Schreiben an den Präsidenten und den Vizepräsidenten des Verwaltungsgerichtshofs versucht, Mitglieder dieses Gerichtshofs, nämlich den Präsidenten Dr. Clemens J***** sowie den Vizepräsidenten Univ. Prof. Dr. Wolfgang P*****, durch gefährliche Drohung mit zumindest einer Verletzung am Körper zur Ausübung ihrer Befugnisse in einem bestimmten Sinn, nämlich zur Veranlassung der Einleitung eines Verwaltungsverfahrens betreffend seine Wiedereinstellung in den Bundesdienst als Assistenzprofessor sowie seine Definitivstellung, zu nötigen.

Die Geschworenen hatten die anklagekonformen Hauptfragen (I und II) nach diesem Verbrechen bejaht.

Rechtliche Beurteilung

Der Angeklagte bekämpft die Schuldsprüche mit einer auf § 345 Abs 1 Z 6, 11 lit a, 12 und 13 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, die ihr Ziel verfehlt.

Die Fragenrüge (Z 6) ist nicht stichhältig:

Weshalb ein absolut untauglicher Versuch (§ 15 Abs 3 StGB), auf dessen Vorliegen bei Beantwortung der Hauptfrage (durch Verneinung) eingegangen wird (Schindler, WK-StPO § 312 Rz 65), Gegenstand einer Eventualfrage sein soll (§ 314 Abs 1 StPO), ist nicht ersichtlich. Der Einwand, dass eine Eventualfrage nach „Nötigung im Sinn des § 105 StGB" unterblieben sei, wird nicht, worauf aber die entsprechende Vorschrift über solche Fragen abstellt (§ 314 Abs 1 StPO), auf ein Vorbringen von Tatsachen in der Hauptverhandlung gestützt (Ratz, WK-StPO § 345 Rz 43).

Verfahrensergebnisse zum Kreis der Befugnisse von Mitgliedern des Verwaltungsgerichtshofes (§ 251 StGB) schließlich betreffen Rechtsfragen, nicht Tatsächliches.

Rechts- und Subsumtionsrüge (Z 11 lit a, 12) gehen, anders als nach dem Verfahrensrecht geboten, nicht von den im Wahrspruch der Geschworenen festgestellten Tatsachen aus (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 581).

Die Beschwerdeauffassung von einer mangelnden Besorgniseignung der Drohungen (§ 74 Abs 1 Z 5 StGB) wird nicht auf die Gesamtheit der im Wahrspruch der Geschworenen festgestellten Tatsachen gestützt. Stattdessen wird der konstatierte Bedeutungsinhalt der Äußerungen in Abrede gestellt und die konstatierte subjektive Tatseite verneint. Verfahrensergebnisse bilden der Beschwerde zuwider keinen Bezugspunkt für den Einwand einer unrichtigen rechtlichen Beurteilung. Weshalb es bei den angelasteten Versuchen auf eine Kausalität der Tathandlungen für das abzunötigende Verhalten ankommen soll, bleibt offen.

Absolute Untauglichkeit des Versuchs wird geltend gemacht, ohne aus dem Gesetz abzuleiten, weshalb eine Befugnis des Verwaltungsgerichtshofs zur Veranlassung der Aufhebung eigener Erkenntnisse - etwa im Weg einer Wiederaufnahme des Verfahrens (§ 45 VwGG) - bei der nach § 15 Abs 3 StGB gebotenen generalisierenden Betrachtung (zB Fabrizy StGB9 § 15 Rz 20 mwN) geradezu ausgeschlossen sein sollte.

Die Sanktionsrüge (Z 13) macht mit dem Einwand, dass eine bedingte Nachsicht von Rechtsfolgen der Verurteilung (§ 44 Abs 2 StGB) unterblieben sei, keinen Nichtigkeits-, sondern bloß einen Berufungsgrund geltend (RIS-Justiz RS0091610).

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§§ 285d Abs 1, 344 StPO), woraus die Kompetenz des Gerichtshofs zweiter Instanz zur Entscheidung über die Berufung folgt (§ 285i StPO).

Die Kostenersatzpflicht des Angeklagten beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

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