OGH 11Os118/06x

OGH11Os118/06x27.3.2007

Der Oberste Gerichtshof hat am 27. März 2007 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Zehetner als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Ebner, Dr. Danek, Dr. Schwab und Dr. Lässig als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtswärterin Mag. Egger als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Wolfgang W***** wegen des Verbrechens des schweren gewerbsmäßigen Betruges nach §§ 146, 147 Abs 3, 148 erster Fall StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung der Angeklagten sowie über die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichtes Feldkirch als Schöffengericht vom 11. September 2006, GZ 17 Hv 74/06f-37, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Innsbruck zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Wolfgang W***** des Verbrechens des schweren gewerbsmäßigen Betruges nach §§ 146, 147 Abs 3, 148 erster Fall StGB schuldig erkannt und zu einer gemäß § 43a Abs 3 StGB zum Teil bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe verurteilt. Danach hat er von November (richtig) 2005 bis Februar 2006 in Dornbirn gewerbsmäßig mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz zahlreiche, im Spruch unter Punkt 1 bis 66 angeführte Personen durch Täuschung über Tatsachen, nämlich ein lieferungsfähiger Warenverkäufer zu sein, zu Zahlungen verleitet, ohne die Waren zu liefern, wodurch die Getäuschten in einem 50.000 EUR übersteigendem Betrag am Vermögen geschädigt wurden.

Rechtliche Beurteilung

Dieses Urteil bekämpft der Angeklagte mit Nichtigkeitsbeschwerde aus den Gründen der Z 4, 5, 5a, 10 und 11 des § 281 Abs 1 StPO, welcher indes keine Berechtigung zukommt.

Der Beschwerdeansicht (Z 4) zuwider begründet die Abweisung des Antrages auf Einholung eines psychiatrischen Gutachtens keinen Verfahrensmangel. Durch die Expertise sollte bewiesen werden, dass der Angeklagte „im Tatzeitraum unter einer Spielsucht gelitten hat, weshalb von einer Zurechnungsunfähigkeit, jedenfalls aber von einer verminderten Zurechnungsfähigkeit auszugehen sei" (S 155 f). Spielsucht kann zwar in Ausnahmefällen Zurechnungsunfähigkeit bewirken doch nur dann, wenn der Täter unter Anführung dafür sprechender Umstände tatsächlicher Art eine Diskretions- und/oder Dispositionsunfähigkeit auf Grund einer Spielsucht von Krankheitswert behauptet - die sich ja nicht allein auf die Beherrschung seiner Spielleidenschaft, sondern auch auf die Begehung strafbarer Handlungen zu deren Finanzierung erstrecken muss - oder Verfahrensergebnisse eine solche indizieren, sind hiezu nach entsprechender Beweisaufnahme klärende Feststellungen zu treffen. Vorliegend ergeben sich solche Anhaltspunkte jedoch weder aus der Verantwortung des zur Gänze geständigen Angeklagten, der lediglich davon sprach, den „Drang" verspürt zu haben, „das Geld zurückzugewinnen, damit ich es diesen Leuten zurückzahlen kann" (S 151), noch aus dem Schreiben der Psychologin Mag. K***** (ON 34), die die Ansicht vertritt, „es könne hier von einer Spielsucht ausgegangen werden". Vor diesem Hintergrund zielt der in Rede stehende Antrag auf die Durchführung eines nicht zulässigen Erkundungsbeweises, dessen Ablehnung somit keine Nichtigkeit bewirkt.

Nicht nachvollziehbar ist das Vorbringen zur Mängelrüge (Z 5 zweiter Fall), soweit der Beschwerdeführer damit einen Widerspruch zwischen der Feststellung seines Schädigungsvorsatzes und der Konstatierung, er habe mit dem Geld aus den „neuen Geschäften" die „alten Geschäfte" erfüllen wollen, behauptet. Denn dass der Angeklagte durch neue Betrugshandlungen aus vorangegangenen Betrügereien zugefügte Vermögensschäden wiedergutmachen wollte, steht weder der Annahme des Schädigungsvorsatzes bei zeitlich späteren Betrugstaten noch jener bei früheren gleichartigen Straftaten entgegen.

Nicht verständlich ist der Vorwurf offenbar unzureichender Begründung (Z 5 vierter Fall) der Feststellungen zur subjektiven Tatseite, hat sich das Erstgericht doch keineswegs mit einem pauschalen Hinweis auf die Ergebnisse des Beweisverfahrens begnügt, sondern die dafür maßgebenden, in der Beschwerde sogar weitgehend wiedergegebenen Gründe detailliert angeführt und sich zudem auf das umfassende Geständnis des Angeklagten (S 150) gestützt (US 13 f). Auch der in diesem Zusammenhang erhobene Einwand der Aktenwidrigkeit (Z 5 fünfter Fall) ist daher unbegründet.

Mit seinen Ausführungen zur Tatsachenrüge (Z 5a), die sich in erster Linie in der Behauptung erschöpfen, er habe niemanden betrügen wollen, weil er gedacht habe, dass er nach einer so langen Pechsträhne „nun einfach einmal Glück haben müsse", vermag der Beschwerdeführer, der dabei seine eigene Verantwortung (S 150) übergeht, erhebliche Bedenken gegen die Richtigkeit der entscheidenden Urteilsannahmen zum Schädigungs- und Bereicherungsvorsatz nicht zu erwecken.

Auch die Rechtsrüge (Z 9 lit a) ist verfehlt. Mit der - im Übrigen unrichtigen - Behauptung, die Feststellungen des Schöffengerichtes stellten lediglich einen unbegründet gebliebenen und substanzlosen Gebrauch der verba legalia dar, wird nicht aufgezeigt, welche Feststellungen das Erstgericht zur Begründung des Schuldvorwurfes noch hätte treffen müssen.

Der Einwand (Z 10), der unter dem Urteilsfaktum 15 angeführte Betrug zum Nachteil des Werner F***** sei nicht vollendet, sondern nur versucht, weil der von Farmer überwiesene - herausgelockte - Kaufpreis infolge einer unrichtigen Kontobezeichnung nicht dem Angeklagten zugekommen, sondern von der Bank rücküberwiesen worden sei, übergeht, dass der überwiesene Betrag bereits auf das Konto des Angeklagten gebucht worden war und dieser daher bis zur Rückbuchung über ihn frei verfügen konnte (US 12, 15). Der Nichtigkeitsgrund wird daher nicht zur prozessordnungsgemäßen Darstellung gebracht. Auch die Sanktionsrüge (Z 11) ist unbegründet. Ein Verstoß gegen das Doppelverwertungsverbot liegt nur dann vor, wenn Umstände, welche die Strafdrohung bestimmen, zusätzlich als erschwerend gewertet werden (§ 32 Abs 2 StGB). Weil ein „längerer Tatzeitraum" nicht Tatbestandsmerkmal des Betruges ist, kann dessen Beachtung unter dem Gesichtspunkt eines Verstoßes gegen das Doppelverwertungsverbot nicht problematisiert werden. Einwendungen gegen die Annahme dieses Erschwerungsgrundes sind daher in der Berufung vorzubringen. Die Schadenshöhe wiederum ist nach § 32 Abs 3 StGB bei der Strafbemessung ausdrücklich zu berücksichtigen; nur dann, wenn das Erreichen einer Wertqualifikation per se als Erschwerungsgrund gewertet werden würde - was vorliegend jedoch nicht der Fall ist - läge eine nichtigkeitsbegründende Verletzung des Doppelverwertungsverbotes vor. Soweit schließlich der Angeklagte unter demselben Nichtigkeitsgrund die Nichtgewährung gänzlich bedingter Strafnachsicht und die dafür ausschlaggebenden Erwägungen des Schöffengerichtes bekämpft, macht er gleichfalls nur einen Berufungsgrund geltend.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Kompetenz des Oberlandesgerichtes Innsbruck zur Entscheidung über die Berufungen folgt (§ 285i StPO).

Die Kostenentscheidung ist in § 390a StPO begründet.

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