OGH 2Ob247/05w

OGH2Ob247/05w8.3.2007

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Baumann als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Veith, Dr. Grohmann, Dr. E. Solé und Dr. Nowotny als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Mag. Ralph K*****, vertreten durch Hoffmann‑Ostenhof Rechtsanwalts GmbH in Wien, gegen die beklagte Partei G***** GmbH, ***** vertreten durch Eisenberger & Herzog, Rechtsanwälte in Graz, wegen EUR 6.348,70 sA, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz vom 17. Juni 2005, GZ 6 R 145/05w‑20, mit dem der Berufung der klagenden Partei gegen das Urteil des Bezirksgerichtes Graz vom 25. Februar 2005, GZ 62 C 573/04h‑16, nicht Folge gegeben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2007:0020OB00247.05W.0308.000

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit EUR 499,39 (darin enthalten EUR 83,23 USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Begründung

Das Berufungsgericht änderte über Antrag des Klägers nach § 508 Abs 1 ZPO seinen Ausspruch über die (Un‑)Zulässigkeit der Revision ab, indem es die ordentliche Revision doch für zulässig erklärte. Eine erhebliche Rechtsfrage liege darin, dass das Berufungsgericht tatsächlich die Richtlinie 90/314/EWG des Rates vom 13. Juni 1990 über Pauschalreisen nicht berücksichtigt habe und zur Frage der Anwendbarkeit dieser Regelung auf Pauschalreisen wie die vorliegende noch keine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes vorliege.

Entgegen dem ‑ den Obersten Gerichtshof nicht bindenden ‑ Ausspruch des Berufungsgerichtes ist die Revision mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO unzulässig.

Nach den vorinstanzlichen Feststellungen wollte der Kläger (ein Rechtsanwalt) für sich und seine Mutter einen Badeurlaub mit Halbpension buchen. Er suchte am 25. 2. 2004 gemeinsam mit seiner Mutter das Reisebüro der beklagten Partei auf. Da der Urlaubsantritt sehr kurzfristig erfolgte (die Reise sollte vom 3. 3. 2004 bis 16. 3. 2004 stattfinden), war die Auswahl an Hotels im letztlich gewählten Reiseziel Dubai sehr eingeschränkt. Für das gewünschte Hotel „Metropolitan" konnte lediglich eine Buchung „auf Anfrage" durchgeführt werden. Am 1. 3. 2004 erfuhr der Kläger von einer Mitarbeiterin der beklagten Partei, dass eine Unterkunft in diesem Hotel nicht erhältlich sei. Im Reisebüro wurde ihm alternativ das Hotel „Dusit Dubai" angeboten. Der Kläger wurde darauf hingewiesen, dass dieses Hotel nicht am Strand liegt, sondern ein Stadthotel ist, dass es aber einen Shuttlebus zum Strand gebe. Weiters wurde die Möglichkeit einer Halbpension zugesichert und gemeinsam aus dem Internet ein Lageplan des Hotels in Form einer groben Skizze ausgedruckt und dem Kläger mitgegeben. Der Kläger akzeptierte diese Änderung der Buchung und eine Aufzahlung in Höhe von EUR 516. Zum Zeitpunkt der Buchung der Reise des Klägers war ein Hotelzimmer am Strand nicht verfügbar.

Tatsächlich war das Hotel „Dusit Dubai" ca 25 km vom Strand entfernt. Die Fahrzeit des Shuttlebusses, der täglich um 10,00 Uhr zum Strand und um 16,30 Uhr zum Hotel zurückfuhr, betrug rund 45 Minuten. Halbpension stand dem Kläger und seiner Mutter in der Form zur Verfügung, dass Gutscheine im Restaurant „Coffee‑Shop" eingelöst und dort zu einer dreigängigen Menüfolge zusammengestellt werden konnten.

Der Kläger beschwerte sich am 4. 3. und 5. 3. 2004 bei der beklagten Partei sowohl über das Abendessen als auch den Shuttleservice. Die beklagte Partei ließ dem Kläger über die örtliche Agentur in Dubai ein ab 6. 3. 2004 freies Zimmer im Strandhotel „Oasis Beach" mit Meerblick ‑ allerdings gegen eine Aufzahlung von USD 336 pro Person - anbieten, womit dieser nicht einverstanden war.

Mit dem Vorbringen, die Beklagte habe die vereinbarte Leistungen eines Badeurlaubes mit Halbpension nicht erfüllt, begehrte er die gesamten Reisekosten sowie für entgangene Urlaubsfreude Schadenersatz von EUR 2.500 und Kosten für Taxi/Kommunikation und vorprozessuale Kosten (Fotos) in Höhe von insgesamt EUR 236,70.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren zur Gänze ab. Die beklagte Partei habe die am 1. 3. 2004 bei der Buchung des Hotels „Dusit Dubai" vertraglich vereinbarte Leistung erfüllt.

Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung. Es gelangte ebenfalls zu dem Ergebnis, dass die beklagte Partei ihre vertraglichen Verpflichtungen zur Gänze erfüllt habe, weshalb weder eine Rückzahlung des geleisteten Preises, noch Schadenersatz für Telefon‑ und sonstige Kosten, noch ein Anspruch nach § 31e Abs 3 KSchG bestehe.

Die weitwendigen Revisionsausführungen beschäftigen sich zusammengefasst mit der Frage der Nicht- bzw Schlechterfüllung des bedungenen Badeurlaubes und der Verletzung von Aufklärungspflichten sowohl was die Entfernung vom Strand und den als unzureichend angesehenen Shuttlebus als auch die als unangemessen eingestufte Halbpension betrifft. Es sei Art 3 der eingangs erwähnten Richtlinie heranzuziehen und zu dessen Auslegung eine Vorabentscheidung des EuGH dahingehend einzuholen, ob eine gemeinsame Erkundung des Internets als „Geben einer Beschreibung" und ein Ausdruck davon als zur Verfügung gestelltes Prospekt zu qualifizieren sei und zu wessen Lasten eine im Vergleich zu den Anforderungen der Richtlinie unzureichende Information gehe.

Rechtliche Beurteilung

Nach § 31 e KSchG in der hier bereits anwendbaren Fassung des mit 1.1.2004 in Kraft getretenen ZivRÄG 2004 besteht neben Ansprüchen auf Gewährleistung und Schadenersatz auch ein solcher auf Ersatz entgangener Urlaubsfreude, wenn der Reiseveranstalter einen erheblichen Teil der vertraglich vereinbarten Leistung nicht erbracht hat und dies auf einem ihm zurechenbaren Verschulden beruht.

Die Richtlinie 90/314/EWG des Rates vom 13. Juni 1990 über Pauschalreisen sieht in ihrem Art 3 vor, dass die dem Verbraucher vom Veranstalter oder vom Vermittler gegebene Beschreibung einer Pauschalreise, ihr Preis und die übrigen Vertragsbedingungen keine irreführenden Angaben enthalten und der dem Verbraucher zur Verfügung gestellte Prospekt klare und genaue Angaben zum Preis und weiteren Determinanten wie zB Art, Lage, Kategorie und Komfort der Unterbringung und deren touristische Einstufung und den Mahlzeiten zu enthalten hat sowie, dass diese Angaben den Veranstalter binden. Ihr Art 5 legt fest, dass Veranstalter für die ordnungsgemäße Erfüllung der vertraglichen Verpflichtungen haften sollen und Schäden, die dem Verbraucher aus der Nichterfüllung oder mangelhaften Erfüllung des Vertrages entstehen, zu übernehmen haben. Voraussetzung ist daher auch hier die Nichterfüllung oder mangelhafte Erfüllung der vertraglich vereinbarten Leistung.

Soweit den Ausführungen der Revision zugrundeliegt, der Kläger hätte einen Badeurlaub mit Halbpension gebucht, entfernen sie sich von den Feststellungen der Vorinstanzen, wonach - mangels Verfügbarkeit eines Hotelzimmers am Strand - Leistungsgegenstand des vom Kläger eingegangenen Vertrages die Unterbringung in einem Stadthotel mit Halbpension und Shuttlebusmöglichkeit zum Strand war. Diese Leistung hat der Kläger auch bekommen. Dass ein solches Hotel nicht die selben Annehmlichkeiten wie ein Badeaufenthalt in einem Strandhotel, insbesondere was Dauer und Flexibilität des Aufenthaltes am Strand betrifft, bietet, liegt in der Natur der Sache und kann ebensowenig als Mangel angesehen werden, wie der Umstand, dass in solchen Strandhotels auf die Ernährungsgewohnheiten europäischer Urlauber bei Würzung der Speisen und Umfang des Angebotes eher Bedacht genommen werden mag. Dass der Kläger eine bestimmte Kategorie der Unterbringung (insb ein 4 oder 5‑Sterne Hotel) gebucht hätte und die Art der Halbpension demzufolge als unangemessen zu beurteilen wäre, ist den Feststellungen nicht zu entnehmen.

Die rechtliche Beurteilung der Vorinstanzen, die beklagte Partei habe insoweit ihre vertraglich übernommene Verpflichtung erfüllt, ist daher im Einzelfall zumindest vertretbar. Damit ist das allfällige Fehlen einer Judikatur zu den in Betracht kommenden Regelungen nicht erheblich.

Zu prüfen bleibt, ob die beklagte Partei den Kläger vor Vertragsabschluss ausreichend informiert und aufgeklärt hat.

Auch hier stellt die Revision auf die Richtlinie, nämlich deren Art 3 und den Anhang ab. Soweit darin auf die Klarheit, Lesbarkeit und Genauigkeit der Angaben eines zur Verfügung gestellten Prospektes abgestellt wird, kommt sie nicht zum Tragen, weil hinsichtlich des zuletzt tatsächlich gebuchten Hotels ein Prospekt nicht zur Verfügung gestellt wurde. Aus den Erwägungsgründen der Richtlinie, wonach Reiseveranstalter und -vermittler sicherstellen müssen, dass Beschreibungen der von ihnen veranstalteten Pauschalreisen keine irreführenden Angaben enthalten und Reiseprospekte klare und genaue Informationen enthalten, ergibt sich, dass dies nur für solche Unterlagen gelten kann, auf deren Inhalt und Gestaltung die Genannten Einfluss haben, oder die sie zumindest bei Übernahme überprüfen können, weil nur dann die Möglichkeit „sicherzustellen" besteht. Dies trifft aber nach den Feststellungen - für den Kläger ersichtlich - auf den in seinem Beisein hergestellten Internetausdruck schon aus zeitlichen Gründen nicht zu.

Zur Irreführungseignung einer allenfalls gegebenen Beschreibung der Pauschalreise ist festgestellt, dass das Hotel als Stadthotel, das nicht am Strand liegt, aber über eine Shuttlebusanbindung zu diesem verfügt, angeboten, gemeinsam im Internet begutachtet und sodann ein Lageplan in Form einer groben Skizze ausgedruckt wurde. Die Beschreibung des Hotels durch die beklagte Partei war grundsätzlich nicht unrichtig, eine weitergehende Information konnte der Kläger unter den festgestellten Umständen der sehr kurzfristigen Buchung nicht erwarten.

Im Vordergrund stehen hier die besonderen Umstände des Einzelfalls, weshalb sich keine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung stellt. Der von der Revision angeregten Vorabentscheidung durch den EuGH zur Auslegung der Richtlinie bedarf es daher nicht.

Die geltend gemachte Aktenwidrigkeit liegt nicht vor (§ 510 Abs 3 ZPO).

Die Revision war somit zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 41, 50 Abs 1 ZPO. Die beklagte Partei hat in ihrer Revisionsbeantwortung auf die Unzulässigkeit der Revision hingewiesen, sodass ihre Rechtsmittelbeantwortung der zweckentsprechenden Rechtsverfolgung diente.

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