OGH 8ObA80/06g

OGH8ObA80/06g22.2.2007

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch die Vizepräsidentin des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Langer als Vorsitzende und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Spenling und Dr. Kuras sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Rolf Gleißner und Robert Maggale als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Allgemeine Unfallversicherungsanstalt, *****, vertreten durch Dr. Peter Schaden ua, Rechtsanwälte in Graz, gegen die beklagten Parteien

1) Josef E*****, Baupolier, *****, 2) E***** GmbH, *****, beide vertreten durch Dr. Christian Kleinszig ua, Rechtsanwälte in St. Veit/Glan, wegen EUR 41.092,17 sA und Feststellung (Revisionsinteresse EUR 46.092,17), über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 12. Juli 2006, GZ 7 Ra 42/06k-23, mit dem das Urteil des Landesgericht Klagenfurt als Arbeits- und Sozialgericht vom 11. November 2005, GZ 34 Cga 87/05b-15, teils bestätigt, teils abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird teilweise Folge gegeben.

Das angefochtene Urteil wird - soweit es die erstbeklagte Partei betrifft - bestätigt.

Hinsichtlich der zweitbeklagte Partei wird das angefochtene Urteil dahin abgeändert, dass das Ersturteil in der Hauptsache wiederhergestellt wird.

Die zweitbeklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei EUR 12.307,94 (darin enthalten EUR 1.870,99 Umsatzsteuer und EUR 1.082,- Barauslagen) an Verfahrenskosten erster Instanz zu ersetzen. Die klagende Partei ist schuldig, der erstbeklagten Partei EUR 2.970,72 (darin EUR 495,12 Umsatzsteuer) an Kosten ihrer Berufungsbeantwortung und EUR 1.781,11 (darin EUR 296,85 Umsatzsteuer) an Kosten ihrer Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Die zweitbeklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei EUR 266,69 (darin EUR 44,45 Umsatzsteuer) an Kosten ihres Kostenrekurses, EUR 2.475,- (darin EUR 412,50 Umsatzsteuer) an Kosten ihrer Berufungsbeantwortung und EUR 4.117,20 (darin EUR 296,70 Umsatzsteuer und EUR 2.337 Barauslagen) an Kosten ihrer Revision zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Am Vormittag des 20. 4. 2002 ereignete sich am Betriebsgelände der Zweitbeklagten, und zwar am sogenannten „Bauhof", ein Arbeitsunfall, bei dem ein Mitarbeiter der Zweitbeklagten schwere Verletzungen erlitt. Die Klägerin erbrachte aus Anlass dieses Arbeitsunfalls an den bei ihr pflichtversicherten Verletzten bis 31. 3. 2005 Sachleistungen in Höhe von EUR 29.388,44 und Rentenleistungen in Höhe von EUR 11.707,73.

Die Zweitbeklagte hatte zum Unfallszeitpunkt rund 40 Mitarbeiter, darunter zwei bis drei Poliere, ein bis zwei Hilfspoliere sowie Fach- und Hilfsarbeiter. Einen Gesamtverantwortlichen für den Bauhof oder einen Verantwortlichen für die dort stattfindende Lagerung von Baumaterialen gab es nicht. Der Geschäftsführer der Zweitbeklagten hält sich unregelmäßig, maximal einmal in 10 bis 14 Tagen, am Bauhof auf. Einmal jährlich belehrte der Geschäftsführer die Belegschaft über die Sicherheit am Bau. Dabei ging es um die Sicherheit auf Baustellen, nicht aber um die Lagerung von Betriebsmitteln. Es ist nicht feststellbar, dass es im Betrieb der Zweitbeklagten zum Unfallszeitpunkt eine Sicherheitsfachkraft gab.

Der Erstbeklagte ist bei der Zweitbeklagten seit 1999 als Hilfspolier beschäftigt und bearbeitet mit Partien von drei bis vier Mann kleine Baustellen. Er war zum Unfallszeitpunkt Vorgesetzter des Verletzten, der zu seiner Partie gehörte. Poliere und Hilfspoliere sind für die ihnen zugeteilten Partien verantwortlich. Der Verletzte ist gelernter Maurer und war nach seiner Lehrzeit rund sechs Monate bei anderen Arbeitgebern und in der Folge rund 2,5 Jahre bei der Zweitbeklagten beschäftigt.

Am Unfallstag sollte die Partie des Erstbeklagten den Abtransport von verschiedenen Materialien, darunter auch Schalungsträger („Doka-Träger", Holzbretter für Schalungszwecke), vorbereiten. Diese Träger, die beim Gebrauch mit dem Öl eingelassener Schaltafeln in Berührung kommen, werden am Bauhof gelagert, nach Bedarf geholt und nach Gebrauch wieder zurückgebracht. Über ihre Lagerung gibt es bei der Zweitbeklagten keine Anweisung. Im Laufe des Vormittages des Unfallstages regnete es. Wann es zu regnen begonnen hat, steht nicht fest; zum Unfallszeitpunkt waren aber die auf einem Stapel gelagerten Träger nass.

Die Träger waren zum Unfallszeitpunkt „kunterbunt" und instabil gelagert. Sie lagen auf einem mit einer Folie abgedeckten Stapel. Die um die einzelnen Pakete gebundenen Metallbänder waren locker. Den einzelnen Paketen waren bereits Hölzer entnommen worden. Zwischen die einzelnen Pakete waren Polsterhölzer geschoben worden, die schief waren, sodass die volle Auflage übereinander nicht gegeben war. Der Erstbeklagte beauftragte die Arbeiter seiner Partie, ua die Schalungsträger herzurichten. „Aus seiner Position konnte er den Stapel sehen; ob er ihn wahrnehmen konnte, ist nicht feststellbar". Da die Träger „kunterbunt" gelagert waren, sollten sie auch geschlichtet, also nach Längen und Größen sortiert, und dann in eine Halle gebracht werden. Die drei Arbeiter teilten sich die Arbeit auf. Der später Verletzte sollte die Träger sortieren, die andern sollten sie „herrichten". Wie das gemacht werden sollte, wurde nicht besprochen. Nach der Erteilung dieses Auftrags ging der Erstbeklagte in das Büro. Für den später Verletzten war klar, dass das oberste Paket der Träger mit einem Kran heruntergehoben werden sollte, um es dann am Boden zu sortieren. Er hatte derartiges schon mehrmals gemacht. Er veranlasste den Lenker eines auf dem Betriebsgelände befindlichen Kranfahrzeugs einer Subfirma, zum Stapel zu fahren, um das Paket herunter zu heben. Die Zufahrt zum Stapel war jedoch durch andere Materialien verstellt, sodass zunächst der Zugang hätte freigemacht werden müssen. Es wäre auch möglich gewesen, eine Palettengabel am Kran aufzuhängen, um mit dieser die Hölzer herunter zu heben. Dabei wäre es nicht notwendig gewesen, den Zugang zum Stapel freizumachen und den Stapel zu besteigen.

Der später Verletzte stieg auf den Stapel gelagerter Schalungsträger, um einen Gurt um ein Paket von rund 40 Trägern zu legen. Dabei rutschte er aus, stürzte ab und verletzte sich schwer. In einem Anhang zum Arbeitsvertrag des Verletzten unter dem Titel „Information/Arbeitsschutz", den er unterfertigt hatte, ist ua festgehalten, dass Arbeitnehmer bei fehlender Erreichbarkeit ihrer Vorgesetzten oder sonst zuständiger Personen verpflichtet sind, bei unmittelbarer, erheblicher Gefahr nach Maßgabe der Festlegungen in den Sicherheits- und Gesundheitschutzdokumenten, ihrer Informationen und Unterweisung sowie der zur Verfügung stehenden technischen Mitteln selbst die ihnen zumutbaren unbedingt notwendigen Maßnahmen zu treffen, um die anderen Arbeitnehmer zu warnen und Nachteile für Leben und Gesundheit abzuwehren.

Die Klägerin begehrte unter Berufung auf § 334 ASVG den Ersatz der von ihr erbrachten Leistungen von EUR 41.092,17 sA und die Feststellung, dass die Beklagten zur ungeteilten Hand für alle ihre zukünftigen Pflichtaufwendungen aus Anlass des Arbeitsunfalls haften. Beide Beklagten hätten den Unfall grob fahrlässig verursacht. Der Erstbeklagte habe es in Kenntnis der Witterungsverhältnisse und der Lagerungsart unterlassen, für die ordnungsgemäße Lagerung und den ordnungsgemäßen Transport der Schalungsträger zu sorgen. Er hätte auch erkennen müssen, dass eine gefahrlose Ausführung des von ihm erteilten Auftrags nicht möglich gewesen sei. Er habe es grob schuldhaft unterlassen, entsprechende Sicherheitsanweisungen zu geben. Die Zweitbeklagte habe ihre Verpflichtung verletzt, für ordentliche Lagerplätze und für die ordentliche und sichere Lagerung der Träger zu sorgen. Es habe überdies am Unfallsort keine Gefahrenevaluierung und keinen Gesamtverantwortlichen gegeben. Die sachgemäße Lagerung der Träger sei nicht kontrolliert worden. Der Verweis auf nicht existierende Sicherheits- und Gesundheitsschutzdokumente stelle keine Erfüllung der gesetzlichen Pflichten dar. Den Verletzten treffe kein Verschulden, weil die von ihm gewählte Vorgangsweise die einzige Alternative für die ihm aufgetragene Arbeit gewesen sei.

Die Beklagten beantragten, das Klagebegehren abzuweisen. Der Verletzte habe ohne einen entsprechenden Auftrag aus eigener Entscheidung den Stapel bestiegen, obwohl er die drohende Gefahr hätte erkennen müssen. Der Erstbeklagte sei nicht Aufseher im Betrieb gewesen, zumal die Arbeiter selbst über die Art der Vorbereitung der Träger zu entscheiden gehabt hätten. Jedenfalls hätte der Verletzte entsprechend der ihm erteilten Belehrung mit dem zuständigen Vorgesetzten Rücksprache halten müssen. Er habe auf Grund seiner beruflichen Tätigkeit über die entsprechenden Kenntnisse verfügt, weshalb die Beklagten auf ein angemessenes Verhalten seinerseits hätten vertrauen dürfen. Der Unfall sei auch nicht durch fehlerhafte Lagerung der Schalungsträger, sondern durch deren „Rutschhaftigkeit" (Öldurchtränkung und Regennässe) verursacht worden. Zum Zeitpunkt der Auftragserteilung habe es noch nicht geregnet, weshalb der Erstbeklagte den Unfall nicht habe vorhersehen können. Das Erstgericht gab dem gegen die Zweitbeklagte gerichteten Klagebegehren statt und wies das gegen den Erstbeklagte gerichtete Begehren ab. Es stellte den eingangs wiedergegebenen Sachverhalt fest und traf überdies im Rahmen seiner Ausführungen zur rechtlichen Beurteilung folgende Feststellungen:

„Das Zusammentreffen folgender Faktoren hat zum Unfall geführt, nämlich

dass die Stapel mit den Doka-Trägern so gelagert waren, dass ein Manipulieren mit dem Hubstapler unmöglich war, da das Gelände, welches als Zufahrt für den Hubstapler dienen hätte können, durch andere Materialien verstellt war,

die Doka-Träger so gelagert waren, dass .... [der Verletzte] nur über einen Sandhaufen und durch das Hinaufklettern auf diese gelangen konnte,

dass die Doka-Träger so gelagert waren, dass durch die schräg hineingeschobenen Polsterhölzer die Pakete nicht stabil übereinander gelegen sind,

dass die Doka-Träger durch mehrere Stahlbänder zu Bündeln gebunden waren, aus einigen dieser Bündeln bereits Doka-Träger entnommen waren, sodass die Bündel ebenfalls nicht stabil gelagert waren, sowie,

dass die Doka-Träger-Pakete auf einem mit Folie abgedeckten Stapel standen".

Ferner stellte das Erstgericht im Rahmen seiner rechtlichen Beurteilung zusammenfassend fest, dass der Stapel insgesamt instabil und rutschig war.

In rechtlicher Hinsicht verwies das Erstgericht auf § 334 Abs 1 ASVG, wonach ein Dienstgeber oder ein ihm gemäß § 333 Abs 4 ASVG Gleichgestellter den Trägern der Sozialversicherung alle nach dem ASVG zu gewährenden Leistungen zu ersetzen habe, wenn er den Arbeitsunfall durch Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit verursacht habe. Hier habe die Zweitbeklagte durch die unsachgemäße Lagerung der Träger und durch die Unterlassung der vorgeschriebenen Gefahrenermittlung und -verhinderung § 64 Abs 2 des ArbeitnehmerInnenschutzgesetzes, § 64 Abs 5 der Allgemeinen Arbeitnehmerschutzverordnung, § 10 Abs 1 der Arbeitsstättenverordnung und § 3 Abs 1 bis 4 des ArbeitnehmerInnenschutzgesetzes verletzt. Es habe keine wie immer gearteten Anweisungen gegeben, wie die Materialien am Bauhof gelagert sein sollten. Es habe auch keinen für die Lagerung oder überhaupt für die Sicherheit im Betrieb Verantwortlichen und keine Kontrollen gegeben. Ebenso wenig habe es eine Gefahrenevaluierung oder individuelle, auf die besonderen Umstände des Betriebs abgestimmte Sicherheitsaufzeichnungen gegeben. Der Zweitbeklagten habe auch jedes Gefahren- und Verantwortungsbewusstsein gefehlt. Dass sie sich von ihren Arbeitnehmern bestätigen lasse, dass diese nach Maßgabe der Festlegung in den Sicherheits- und Gesundheitsschutzdokumenten selbst für die erforderliche Sicherheit zu sorgen hätten, könne sie nicht exkulpieren, zumal die angesprochenen Dokumente keine für den hier zu beurteilenden Fall taugliche Anweisungen enthalten. Auch der Umstand, dass die Arbeitnehmer selbst hätten entscheiden müssen, wie sie dem Auftrag entsprechen, könne die Zweitbeklagte nicht entschuldigen. Weder hätten die Träger derart unzureichend gelagert werden dürfen, noch hätte ein Arbeitnehmer ohne besonderen Schutz und ohne konkrete Anweisungen mit der Arbeit an den so gelagerten Trägern beauftragt werden dürfen. Ein eventuelles Mitverschulden des Arbeitnehmers am Unfall sei für die Beurteilung der groben Fahrlässigkeit unbeachtlich. Die Haftung der Zweitbeklagten sei daher zu bejahen. Dem Erstbeklagten, der als Aufseher im Betrieb zu qualifizieren sei, könne lediglich angelastet werden, dass er den Verletzten beauftragt hat, die Träger herzurichten, ohne sich vergewissert zu haben, wie diese gelagert sind und ohne genaue Anweisungen zu erteilen, wie das Abtragen zu erfolgen habe. Ihm könne daher nur leichte Fahrlässigkeit angelastet werden, sodass seine Haftung zu verneinen sei. Mit dem angefochtenen Urteil bestätigte das Berufungsgericht die Abweisung des gegen den Erstbeklagten gerichteten Klagebegehrens und änderte die Entscheidung über das gegen die Zweitbeklagte gerichtete Begehren im Sinne der Abweisung dieses Begehrens ab. Das Berufungsgericht übernahm die erstgerichtlichen Feststellungen und verneinte die in der Berufung geltend gemachten Verfahrensmängel.

Auf dieser Grundlage vertrat es folgende Rechtsauffassung:

Grobe Fahrlässigkeit sei nur anzunehmen, wenn eine außergewöhnliche und auffallende Vernachlässigung einer Sorgfaltspflicht (Pflicht zur Unfallverhütung) vorliege und der Eintritt des Schadens als wahrscheinlich und nicht bloß als möglich voraussehbar sei. Die bloße Übertretung von Unfallverhütungsvorschriften müsse noch kein grobes Verschulden begründen. Entscheidend sei auch nicht die Zahl der übertretenen Vorschriften, sondern die Schwere der Sorgfaltsverstöße und die für den Arbeitgeber erkennbare Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts.

Hier sei entscheidend, dass Unfallsursache nicht die Instabilität des Stapels, sondern die „Rutschhaftigkeit" der Träger gewesen sei. Der Vorwurf gegen den Erstbeklagten reduziere sich demnach darauf, dass dieser keine genaue Anweisung über die Form des Abtragens der Träger und keinen Hinweis auf eine allfällige Gefährlichkeit durch deren Zustand gegeben habe. Ob ihm die „Rutschhaftigkeit" bekannt gewesen sei bzw ob er sich vom Vorhandensein einer Palettengabel überzeugt habe, sei nicht entscheidend; jedenfalls habe das Erstgericht das Vorliegen grober Fahrlässigkeit zutreffend verneint. Auch die Zweitbeklagte habe den Unfall nicht grob fahrlässig verursacht. Abermals sei darauf zu erweisen, dass die „allfällige" Instabilität des Stapels nicht Unfallsursache gewesen sei. Der Verletzte sei nicht durch das Lagergut verletzt worden, sondern durch „mögliche äußere Einwirkungen" iSd § 10 Abs 1 Z 5 der Arbeitsstättenverordnung BGBl II Nr. 368/1998. Allenfalls sei der Zweitbeklagten auch ein Verstoß gegen § 62 Abs 2 AAV anzulasten, wonach zum Bewegen von Lasten nach Möglichkeit Betriebsmittel zu verwenden seien. Vorwerfbar sei auch der Umstand, dass nicht gewährleistet gewesen sei, dass der Verletzte das Abtragen des Stapels von einem sicheren Standplatz aus habe vornehmen können. Hier könne aber das Verhalten des Verletzten nicht unberücksichtigt bleiben, der für die Entfernung des hinderlichen Materials hätte sorgen müssen. Dass er trotz der Nässe und „Rutschhaftigkeit" des Materials den Stapel ohne Absicherung betreten werde, sei für die Beklagten nicht vorhersehbar gewesen. Es sei daher auch die Haftung der Zweitbeklagten zu verneinen.

Gegen dieses Urteil richtet sich die außerordentliche Revision der Klägerin mit dem Antrag, die Entscheidung iS der Stattgebung des Klagebegehrens gegen beide Beklagten abzuändern. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die Beklagten beantragen, die Revision nicht zuzulassen, hilfsweise, ihr nicht Folge zu geben.

Die Revision ist zulässig, weil das Berufungsgericht seiner rechtlichen Beurteilung in tatsächlicher Hinsicht Umstände zugrunde legt, die nicht mit dem festgestellten Sachverhalt übereinstimmen. Sie ist teilweise auch berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Gegenstand des Revisionsverfahrens ist ausschließlich die Frage, ob die beiden Beklagten grobe Fahrlässigkeit zu verantworten haben. Dies hat das Berufungsgericht vor allem mit der Begründung verneint, dass Ursache des Unfalls nicht die Instabilität der Lagerung, sondern ausschließlich der Umstand gewesen sei, dass die Schalungsträger, durch Nässe und Öl bedingt, rutschig gewesen seien. Mit dieser Begründung hat das Berufungsgericht die nach den Feststellungen überaus unsachgemäße und gefährliche Art der Lagerung (siehe dazu auch die einen katastrophalen Eindruck vermittelnden Fotos) aus seiner Beurteilung ausgeklammert. Diese Annahme des Berufungsgerichtes ist aber durch den festgestellten Sachverhalt nicht gedeckt.

Es trifft zu, dass im eigentlichen Feststellungsteil des Ersturteils nur davon die Rede ist, dass der Verletzte auf dem nassen Holz ausrutschte und abstürzte. Selbst diese Feststellung würde aber wohl nicht zwingend ausschließen, dass die Instabilität des Stapels für den Sturz des Klägers mitursächlich war. Das Erstgericht hat aber - wenn auch systemwidrig im Rahmen der Ausführungen zur rechtlichen Beurteilung, aber eindeutig im Sinne der Klarstellung der Tatfrage - unmissverständlich festgestellt, dass Unfallsursache das Zusammentreffen verschiedener Faktoren war und dabei auch die Instabilität der Lagerung und die schwierige Zugänglichkeit des Stapels auf dem mit den verschiedensten Materialien verstellten Lagerplatz als ursächlichen Faktor angeführt. Das Berufungsgericht, das die erstgerichtlichen Feststellungen ausdrücklich übernommen hat, ist daher mit seinen Ausführungen in der rechtlichen Beurteilung, wonach nach dem festgestellten Sachverhalt die „allfällige" Instabilität der Lagerung nicht Unfallsursache gewesen sei, in unzulässiger Weise von diesen Feststellungen abgewichen. Geht man von den eben wiedergegebenen Feststellungen aus, ist der von der Klägerin erhobene Vorwurf der groben Fahrlässigkeit hinsichtlich der Zweitbeklagten gerechtfertigt. Die Zweitbeklagte bestreitet gar nicht, Arbeitnehmerschutzvorschriften verletzt zu haben, meint aber in ihrer Berufung, dass es in einem Betrieb der hier gegebenen Größe unvermeidbar sei, fallweise Arbeitnehmerschutzbestimmungen nicht einzuhalten. Dies unterstreicht nur die Ausführungen des Erstgerichtes über die überaus nachlässige Einstellungen der Verantwortlichen der Zweitbeklagten, was den Schutz der Arbeitnehmer anlangt. Dass die Missachtung von Vorschriften nicht in jedem Fall die Annahme grober Fahrlässigkeit rechtfertigt, mag durchaus zutreffen. Hier hat das der Zweitbeklagten vorzuwerfende Verhalten - vor allem die Art der Lagerhaltung schweren Materials - erhebliches Gewicht, zumal damit ein großes Gefahrenpotential verbunden ist, dass sich im hier zu beurteilenden Fall auch realisiert hat. Dass mit der Lagerung der Schalungsträger Gefahren für die damit hantierenden Personen verbunden sein kann, ist jedenfalls - wie allein ein Blick auf die im Akt erliegenden Fotos zeigt - offenkundig. Auf ein Fehlverhalten des Verletzten kann sich die Zweitbeklagte nicht mit Erfolg berufen. Es mag zutreffen, dass ein Abtransport der Träger auch ohne Besteigen des Stapels möglich gewesen wäre. An diese Möglichkeit hatte, wie das Berufungsgericht richtig hervorgehoben hat, offenkundig niemand gedacht; vielmehr hatte der Verletzte schon in früheren Fällen die Vorbereitung der Träger in gleicher Weise vorgenommen, wie am Unfallstag. Gerade damit rückt aber der vom Erstgericht betonte Umstand ins Blickfeld, dass die Zweitbeklagten im hier interessierenden Zusammenhang keinerlei Kontrolle ausübte, keinen Verantwortlichen beauftragt hatte, keine sachbezogenen Sicherheitsunterweisung durchführte und auch niemanden dazu anhielt, geeignete Anweisungen zu erteilen. Dies und die absolut unzureichende und gefährliche Art der Lagerung der Schalungsträger hat zu einer keineswegs unvorhersehbaren Gefahrensituation geführt, die letztlich für den Unfall mit ursächlich war. Der Vorwurf der groben Fahrlässigkeit ist daher - wie das Erstgericht richtig erkannt hat - hinsichtlich der Zweitbeklagten gerechtfertigt.

Dass auch der Erstbeklagte fahrlässig gehandelt hat, haben die Vorinstanzen richtig erkannt; sie sind aber davon ausgegangen, dass sein Verhalten nicht als grob fahrlässig zu qualifizieren ist. Obzwar das Argument des Berufungsgerichtes, dies sei ua darauf zurückzuführen, dass die instabile Lagerung der Träger nicht unfallsursächlich war, aus den schon erwähnten Gründen nicht zutreffend ist, ist dieser Einschätzung im Ergebnis beizupflichten. Der Erstbeklagte hat zwar auf die gegebene Situation nicht pflichtgemäß - durch entsprechende Anweisungen an die ihm unterstellten Arbeiter - reagiert, er hat aber - im Unterschied zur Zweitbeklagten - die Situation als solche nicht zu verantworten. Es ist daher zutreffend, sein Verhalten als noch nicht grob fahrlässig zu qualifizieren und demgemäß seine Haftung zu verneinen. Die Abweisung des gegen den Erstbeklagten gerichteten Klagebegehrens war daher zu bestätigten; hinsichtlich der Zweitbeklagten war hingegen die dem Klagebegehren stattgebende Entscheidung des Erstgerichtes wiederherzustellen.

Die Entscheidung über die erstinstanzlichen Kosten des Verfahrens betreffend den Erstbeklagten bleibt infolge der Bestätigung des ihn betreffenden Urteils von dieser Entscheidung unberührt bestehen. Die Entscheidung über die erstinstanzlichen Kosten des Verfahrens betreffend die Zweitbeklagte war hingegen neu zu fassen, und zwar unter Berücksichtigung der Argumente der „Berufung im Kostenpunkt" der Klägerin (da die Klägerin das die Zweitbeklagte betreffende Ersturteil nicht bekämpft hat, handelt es sich inhaltlich in Wahrheit um einen Kostenrekurs), über die das Berufungsgericht auf der Grundlage seiner Entscheidung nicht zu entscheiden hatte (Ris-Justiz RS0036060; 8 ObA 117/04w). Dabei war zu berücksichtigen, dass nach der neueren Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs einer Partei, die gegenüber einem von zwei Gegnern obsiegt, gegen den Unterliegenden voller Kostenersatz - mit Ausnahme des Streitgenossenzuschlags - zusteht (4 Ob 211/03p; Ris-Justiz RS0090822; M.Bydlinski in Fasching/Konecny § 46 Rz 9; ders, Kostenersatz im Zivilprozess 407). Dass der der Klägerin zugesprochene Betrag dennoch geringfügig unter ihrem Kostenrekursbegehren liegt, findet ihre Ursache darin, dass jene Leistungen nicht zu berücksichtigen waren, die ausschließlich den Erstbeklagten betroffen haben (Meldeanfrage, Zustellantrag). Im Rahmen der Kostenentscheidung für das Rechtsmittelverfahren war die Klägerin zum Ersatz der nach den eben dargelegten Grundsätzen ermittelten Kosten der Berufungs- und der Revisionsbeantwortung des Erstbeklagten zu verpflichten.

Die Zweitbeklagte war schuldig zu erkennen, der Klägerin die Kosten der Berufungsbeantwortung, der Revision sowie die Kosten des letztlich erfolgreichen Kostenrekurses der Klägerin zu ersetzen. Anders als im Fall der (divergierenden) Entscheidung 8 ObA 117/04w und 1 Ob 8/06t handelt es sich hier nicht um die Kosten einer im Rahmen der Berufung erklärten Anfechtung der Kostenentscheidung („angenommener" Kostenrekurs) sondern - weil die Klägerin die für sie günstige erstinstanzliche Entscheidung betreffend den Erstbeklagten nicht bekämpft hat - um die Kosten eines (wenn auch unrichtig bezeichneten) eigenständigen Kostenrekurses der Klägerin, der jedenfalls zu honorieren ist.

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