OGH 15Os139/06i

OGH15Os139/06i15.2.2007

Der Oberste Gerichtshof hat am 15. Februar 2007 durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofes Dr. Schmucker als Vorsitzende sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Danek, Hon. Prof. Dr. Kirchbacher, Dr. T. Solé und Mag. Lendl als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Kikinger als Schriftführer in der Strafsache gegen Christoph F***** wegen Verbrechen nach § 28 Abs 2 vierter Fall, Abs 3 erster Fall SMG und anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Schöffengericht vom 16. August 2006, GZ 22 Hv 124/06v-16, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Innsbruck zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem auch einen Teilfreispruch enthaltenden angefochtenen Urteil wurde Christoph F***** (richtig:) mehrerer Verbrechen nach § 28 Abs 2 vierter Fall und Abs 3 erster Fall SMG und der Vergehen nach § 27 Abs 1 erster, zweiter und sechster Fall SMG schuldig erkannt. Danach hat er „zu datumsmäßig größtenteils nicht mehr feststellbaren Zeitpunkten zwischen ca. Anfang 2005 und 10. März 2006 im Großraum Fieberbrunn und an anderen Orten" den bestehenden Vorschriften zuwider

A) Suchtgift in einer großen Menge (§ 28 Abs 6 SMG), nämlich „eine

ziffernmäßig nicht mehr feststellbare, die Grenzmenge jedoch jedenfalls mehrfach übersteigende große Menge an qualitativ sehr hochwertigem Marihuana" gewerbsmäßig in Verkehr gesetzt, indem er es an die abgesondert verfolgten Christian D*****, Martin R***** und Matthias H***** verkaufte;

B) Suchtgift erworben und besessen sowie anderen überlassen, und

zwar:

1. durch den Erwerb von nicht mehr feststellbaren Mengen an Cannabisprodukten von den abgesondert verfolgten Tobias S***** und Christian D***** sowie weiteren, namentlich nicht bekannten Personen und den Besitz;

2. dadurch, dass er zusammen mit den abgesondert verfolgten Martin R*****, Tobias S*****, Johann U*****, Markus Dü***** und Christian D***** sowie weiteren, namentlich nicht bekannten Personen in zahlreichen Fällen Cannabisprodukte konsumierte, wobei er zumindest teilweise das Suchtgift zur Verfügung stellte.

Rechtliche Beurteilung

Da der Urteilsspruch ein Referat der festgestellten entscheidenden Tatsachen zu enthalten hat (§ 260 Abs 1 Z 1 StPO; Ratz, WK-StPO § 281 Rz 266, 282), wären im Spruch zu A auch die in den Entscheidungsgründen konstatierte Mindestmenge an in Verkehr gesetztem Marihuana und dessen festgestellter Mindest-THC-Gehalt anzuführen gewesen. Dass dies unterblieb, bedeutete aber im gegebenen Fall keinen Nachteil für den Angeklagten.

Das Erstgericht konstatierte zum Schuldspruch Punkt A, dass der Angeklagte durch mehrere einzelne Weitergaben insgesamt „jedenfalls weit mehr als 600 Gramm Marihuana" mit mehr als 8 % THC-Gehalt weiterverkauft hat, wobei er die Absicht hatte, sich durch den wiederholten Verkauf einer unbestimmten Anzahl von großen Suchtgiftmengen (§ 28 Abs 6 SMG) eine fortlaufende Einnahmequelle zu verschaffen, und sein Vorsatz auch den an die bewusst kontinuierliche Begehung geknüpften Additionseffekt mitumfasste (US 7 bis 9). Das Erstgericht stützte die Feststellung hinsichtlich des Reinsubstanzgehaltes insbesondere auf die Aussage des abgesondert verfolgten Christian D*****, derzufolge der Angeklagte ihm Marihuana von einheitlich „ausgezeichneter Qualität" verkauft habe, und die Angaben des Zeugen Martin R*****.

Die gegen den Schuldspruch gerichtete, auf § 281 Abs 1 Z 4, 5, 5a und 10 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten verfehlt ihr Ziel.

Die Verfahrensrüge (Z 4) betreffend die Abweisung des Antrages des Angeklagten „auf Einholung eines toxikologischen Gutachtens zum Beweis dafür, dass der Angeklagte keine große Menge an Suchtmitteln in Verkehr gesetzt hat, unabhängig davon, wie groß die Menge ist, die ihm tatsächlich zur Last gelegt wird" (S 307), geht im Sinn des abweisenden Zwischenerkenntnisses (S 307) fehl, weil vom tatsächlich weitergegebenen Marihuana nichts beschlagnahmt wurde, das einer Untersuchung zugeführt werden könnte.

Die Mängelrüge (Z 5), wonach die Feststellungen zum Tatzeitraum vom Erstgericht nicht begründet worden seien, geht ins Leere, weil es sich dabei nicht um eine für die Schuldfrage oder die Subsumtion, sondern lediglich um eine für die Strafzumessung bedeutsame Tatsache handelt, deren Zustandekommen nicht nichtigkeitsrelevant ist (vgl Ratz, WK-StPO § 281 Rz 680).

Mangels Schuld- oder Subsumtionsbedeutung ist auch die auf den Deliktszeitraum bezogene Tatsachenrüge (Z 5a) nicht zielführend. Der Einwand der Mängelrüge, das angefochtene Urteil enthalte keine Begründung für die Feststellung, wonach der Angeklagte „weit mehr als 600 Gramm Marihuana" (von sehr guter Qualität) weiterverkaufte, übergeht, dass sich das Erstgericht dabei insbesondere auf die entsprechenden Aussagen des Angeklagten und des Zeugen Martin R***** stützte (US 7).

Die diesbezügliche Tatsachenrüge (Z 5a) lässt die gebotene Bezugnahme auf Beweismittel aus den Akten vermissen (RIS-Justiz RS0117446) und ergeht sich statt dessen in eigenen Beweiswerterwägungen. Die Tatsachenrüge wendet sich auch gegen die Feststellung, dass es sich um Marihuana „von sehr guter Qualität" gehandelt habe, wobei der Beschwerdeführer ausführt, dass aus den Zeugenaussagen der Abnehmer nicht mit der für ein Strafverfahren erforderlichen Sicherheit auf einen bestimmten THC-Gehalt geschlossen werden könne, zumal keine Anhaltspunkte für die Beurteilung vorlägen, mit welcher Zuverlässigkeit die Zeugen die Qualität des Marihuana einschätzen könnten.

Wie bereits vom Erstgericht dargelegt, sagte der Zeuge D***** aus, dem der Angeklagte laut seinen eigenen Angaben 450 Gramm Marihuana verkaufte (S 287), dieses sei von ausgezeichneter Qualität gewesen (S 295 iVm 127). Weiters gab er an, er habe in dieser Hinsicht insofern eine Vergleichsmöglichkeit gehabt, als er auch in Innsbruck „eingekauft" und dort Suchtgift von schlechterer Qualität erhalten habe (S 295). Die Tatrichter stützten die in Rede stehende Feststellung außerdem auf die Angaben des Zeugen R*****, denen zufolge das beim Angeklagten erworbene Marihuana von sehr guter Qualität gewesen sei (S 297 iVm 153). Dieser Zeuge gab gleichfalls an, auch von anderen Verkäufern Marihuana erworben zu haben (S 297 iVm 141).

Insgesamt vermag daher die Tatsachenrüge aus den Akten keine erheblichen Bedenken des Obersten Gerichtshofes gegen die dem bekämpften Schuldspruch zugrunde liegenden Tatsachen zu wecken. Mit der Subsumtionsrüge (Z 10) wendet sich der Angeklagte gegen die Feststellungen des Erstgerichts zum Vorliegen einer großen Suchtgiftmenge und zur Gewerbsmäßigkeit. Außerdem führt er aus, dass die Tatrichter „im Zweifel" von einer „Gewöhnung" des Angeklagten auszugehen gehabt hätten und somit § 28 Abs 3 zweiter Satz SMG zur Anwendung hätte kommen müssen.

Dem ist zu erwidern, dass eine Subsumtionsrüge, anders die vorliegende, nach der Prozessordnung vom festgestellten Sachverhalt ausgehen muss (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 581). Das Erstgericht hat zudem ausführlich begründet, warum es § 28 Abs 3 zweiter Satz SMG nicht angewendet hat; dabei wurde explizit verneint, dass es sich beim Angeklagten um eine an Suchtmittel gewöhnte Person handelt (US 10;

vgl Hinterhofer in Hinterhofer/Rosbaud SMG § 27 Rz 59, § 28 Rz 63);

ein Feststellungsmangel liegt demnach hier nicht vor. Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur, jedoch entgegen der dazu erstatteten, auf die Nichtigkeitsbeschwerde verweisenden Äußerung des Verteidigers, bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 Z 2 StPO), woraus die Kompetenz des Gerichtshofes zweiter Instanz zur Entscheidung über die Berufung folgt (§ 285i StPO). Die Kostenersatzpflicht des Angeklagten beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

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