Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufung und die Beschwerde werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.
Der Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde Marijana T***** der Verbrechen des Raubes nach § 142 Abs 1 StGB (A./) sowie der Vergehen der versuchten Nötigung nach §§ 15, 105 Abs 1 StGB (B./), der Körperverletzung nach § 83 Abs 1 StGB (C./) und der vorsätzlichen Gefährdung von Menschen durch übertragbare Krankheiten nach § 178 StGB (D./) schuldig erkannt.
Danach hat sie am 12. September 2006 in Wien
A./ dadurch, dass sie den nachstehend angeführten Personen deren Handtaschen, welche diese in Kenntnis des Angriffes festhielten, entriss, mit Gewalt fremde bewegliche Sachen mit dem Vorsatz weggenommen, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern, und zwar
I. um 8.50 Uhr der 1931 geborenen und gehbehinderten Ruza M***** durch mehrmaliges „Reißen", wodurch der Riemen der Handtasche riss, einen Bargeldbetrag in der Höhe von 51,38 Euro, eine Kunststoffgeldbörse, zwei Schlüssel, zwei Brillen und diese Handtasche;
II. um 9.10 Uhr der 1926 geborenen Johanna R*****, wodurch diese durch Festhalten der Handtasche zu Sturz kam und ca drei Meter über den Boden gezogen wurde, einen Bargeldbetrag in der Höhe von 100 Euro, eine Brille, diverse Gegenstände, eine Brieftasche und diese Handtasche;
B./ im Anschluss an die zu A./II. angeführte Tathandlung versucht, den Franz G***** mit Gewalt, indem sie diesen in die linke Hand biss, zu einer Unterlassung, nämlich zur Abstandnahme von der weiteren Anhaltung gemäß § 86 Abs 2 StPO wegen der zu A./II. angeführten Straftat, zu nötigen;
C./ durch die zu B./ angeführte Tathandlung den Franz G*****, der eine blutende Bisswunde an der linken Hand erlitt, vorsätzlich am Körper verletzt;
D./ durch die zu Punkt C./ angeführte Tathandlung eine Handlung begangen, die geeignet ist, die Gefahr der Verbreitung einer übertragbaren Krankheit, die ihrer Art nach zu den - wenn auch nur beschränkt - anzeige- oder meldepflichtigen Krankheiten gehört, und zwar Hepatitis C, unter Menschen herbeizuführen.
Die der Sache nach nur gegen den Schuldspruch A./II gerichtete, nominell aus den Gründen der Z 5 und 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde der Angeklagten verfehlt ihr Ziel.
Rechtliche Beurteilung
Im Rahmen der Mängelrüge (Z 5) wird zunächst nominell Unvollständigkeit (Z 5 zweiter Fall) des Ausspruchs des Erstgerichtes über entscheidende Tatsachen geltend gemacht, weil mit Stillschweigen übergangen worden sei, dass die Angeklagte „durch die Verfolgung durch die zwei Zeugen ... tatsächlich die Gewahrsam über die Handtasche der Johanna R***** nicht erhalten" habe, die Tat also bloß versucht worden sei.
Damit wird Nichtigkeit nach Z 10 des § 281 Abs 1 StPO angesprochen. Da der Oberste Gerichtshof regelmäßig von der inhaltlichen Ausrichtung des Beschwerdevorbringens ausgeht, bedeutet eine irrige Bezeichnung eines Nichtigkeitsgrundes keinen Nachteil für den Angeklagten.
Die Nichtigkeitswerberin bekämpft aber zudem ohnehin auch aus „Z 9" (der Sache nach Z 10) die ihrer Ansicht nach verfehlte Annahme vollendeten Verbrechens des Raubes nach § 142 Abs 1 StGB. Mit der neuerlich bloß auf den konstatierten Tatumstand der Verfolgung der Angeklagten durch zwei Zeugen gestützten Argumentation, die Raubbeute sei daher dem unmittelbaren Zugriff des Tatopfers nicht entzogen worden, ignoriert die Subsumtionsrüge allerdings die Feststellungen zur durch die erwähnte Nacheile nicht vereitelten Verbringung der Beute in ein den Zeugen nicht zugängliches Haus durch die Angeklagte (US 10).
Demnach ist aber nicht ersichtlich, warum ein weitab vom Tatort gelegenes Haus, in das sich die Angeklagte geflüchtet hatte und wo sie schließlich mit Hilfe von Passanten entdeckt und stellig gemacht werden konnte, im Machtbereich des Opfers gelegen und damit die Raubbeute weiterhin dessen unmittelbarem Zugriff zugänglich gewesen sein sollte (vgl dazu 14 Os 98/04, 14 Os 131/92). Darauf kommt es aber nach dem Gesetz im gegebenen Fall für die Abgrenzung von Versuch und Vollendung an.
Die Zurückweisung der Nichtigkeitsbeschwerde bereits bei einer nichtöffentlichen Beratung (§ 285d Abs 1, 285a Z 2 StPO) hat die Zuständigkeit des Oberlandesgerichtes Wien zur Entscheidung über die Berufung und die Beschwerde zur Folge (§§ 285i, 498 Abs 3 StPO). Die Kostenersatzpflicht der Angeklagten gründet sich auf § 390a Abs 1 StPO.
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