OGH 14Os143/06w

OGH14Os143/06w30.1.2007

Der Oberste Gerichtshof hat am 30. Jänner 2007 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Holzweber als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Philipp, Hon. Prof. Dr. Schroll, Hon. Prof. Dr. Kirchbacher und Mag. Hetlinger als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Kikinger als Schriftführer, in der Strafsache gegen Karl K***** wegen des Verbrechens der Vergewaltigung nach § 201 Abs 2 und Abs 3 dritter Fall StGB aF und anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten sowie über die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichtes Krems an der Donau als Schöffengericht vom 11. Juli 2006, GZ 16 Hv 71/05b-59, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Karl K***** des Verbrechens der Vergewaltigung nach § 201 Abs 2 und Abs 3 dritter Fall StGB idF BGBl 1989/242 (A) sowie der Vergehen des Missbrauchs eines Autoritätsverhältnisses nach § 212 Abs 1 Z 2 (B 1. bis 3.) und Z 1 (B [richtig:] 4. bis 6.) StGB) schuldig erkannt.

Demnach hat er in Schrems und Umgebung

A) am 1. Jänner 2003 Bettina K*****, geboren am 26. April 1987,

Tochter seiner Lebensgefährtin, mit Gewalt, indem er sich auf das am Rücken liegende Mädchen kniete, dass es Arme und Körper nicht bewegen konnte und mit den Händen seinen Kopf festhielt, zur Duldung einer dem Beischlaf gleichzusetzenden geschlechtlichen Handlung, nämlich eines Mundverkehrs, genötigt und es durch Ejakulieren in seinen Mund in besonderer Weise erniedrigt;

B) mit seiner am 26. April 1987 geborenen minderjährigen Stieftochter

bzw zuvor Tochter seiner Lebensgefährtin, Bettina K*****, welche seiner Erziehung und seiner Aufsicht unterstand, teilweise unter Ausnützung seiner Stellung geschlechtliche Handlungen vorgenommen und an sich vornehmen lassen und zwar

  1. 1.) am 1. Jänner 2003 durch die zu A) angeführte Tat;
  2. 2.) Ende März 2003, indem er sie im Bereich der Vulva betastete und versuchte, seinen Penis in den After einzuführen, mit anschließendem Oralverkehr;

    3.) im April oder Mai 2003, indem er sie an den Brüsten und an der Vulva berührte und anschließend einen Geschlechtsverkehr mit ihr durchführte, bei welchem er sie entjungferte;

    4.) an einem nicht mehr genau feststellbaren Tag im Herbst 2003, indem er einen Geschlechtsverkehr mit ihr durchführte;

    5.) im Herbst 2003, indem er während einer Autofahrt einen Oralverkehr mit ihr durchführte;

    6.) im Frühjahr 2004, indem er neuerlichen einen Geschlechtsverkehr mit ihr durchführte.

    Die vom Angeklagten dagegen aus den Gründen der Z 5, 5a, 9 lit a und 10 des § 281 Abs 1 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde geht fehl.

Rechtliche Beurteilung

Der Mängelrüge (Z 5) zuwider betrifft die exakte Einordnung der Tatzeit zu Faktum A) keine entscheidende Tatsache, wurde sie doch von den Tatrichten überdies mit dem Zeitraum, in dem sich Margit K***** zur Geburt ihres Sohnes im Krankenhaus befand, hinreichend determiniert (US 5). Gleiches gilt für allfällige Sperrverhältnisse an den Tatorttüren, die Gestaltung der Füllung an der Schlafzimmertür und die aufgeworfene Frage gemeinsamer Saunabesuche. Haben sich doch die Tatrichter im Rahmen einer äußerst sorgfältigen Beweiswürdigung eingehend auch mit teils auftretenden Widersprüchen in den Aussagen des Tatopfers befasst, diese aber logisch und empirisch einwandfrei auf dessen durchschnittliche intellektuelle Leistungsfähigkeit und auf die gerichtsbekannte Tatsache zurückgeführt, dass Opfer von Straftaten sich wohl an die einprägsamen Details der Tat selbst erinnern und solche, die nur Nebensächlichkeiten betreffen, nicht über längere Zeit hinweg im Gedächtnis behalten können (US 9 bis 22; insbes 11, 13). Auch auf den vom Angeklagten behaupteten Umstand, zufolge des auf dem Beifahrersitz eingebauten Kindersitzes hätte der Oralverkehr im Fahrzeug (B) 5.) nicht stattfinden können, wurde von den Tatrichtern ausführlich eingegangen und darauf hingewiesen, dass man einen solchen mit wenigen Handgriffen auch ausbauen könne (US 17 f).

Nach Prüfung des weiteren Beschwerdevorbringens anhand der Akten ergeben sich für den Obersten Gerichtshof keine erheblichen Bedenken gegen die Richtigkeit der dem Ausspruch über die Schuld zugrundegelegten entscheidenden Tatsachen (Z 5a), haben die Erkenntnisrichter doch auch die nach den Taten durchgeführte Namensänderung des Opfers auf jenen des Angeklagten mit dem Bedürfnis des Mädchens nach Familienharmonie erklärt (US 12 f). Die ein Autoritätsverhältnis des Angeklagten hinsichtlich der Fakten

B) 2. und 3. negierende Rechtsrüge (Z 9 lit a) übergeht die

diesbezüglichen expliziten Urteilsannahmen (US 8 f, 22, 24). Indem die Subsumtionsrüge (Z 10) zu Faktum A mangelnde Gewalt releviert, entfernt sie sich neuerlich von den betreffenden Urteilsannahmen, wonach der Angeklagte sich über Bettina K***** kniete, sodass sie weder ihren Körper noch ihre Hände bewegen konnte, ihren Kopf mit beiden Händen festhielt und einen Oralverkehr durchführte, den jene zu verhindern versuchte, indem sie, soweit ihr dies möglich war, den Kopf hin- und herbewegte und den Mund geschlossen hielt, wobei ihr Widerstand wegen der körperlichen Überlegenheit des Beschwerdeführers nicht gelang (US 6). Die substratlose Behauptung, es läge bei einem Oralverkehr mit Ejakulation in den Mund einer 15jährigen Autoritätsunterworfenen keine besondere Erniedrigung der vergewaltigten Person vor, verfehlt eine Ableitung aus dem Gesetz (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 588). „Besonders erniedrigend" iSd § 201 (wie des § 202) StGB kann auch die geschlechtliche Handlung selbst sein, nämlich dann, wenn sie unter Umständen verübt wird, die das mit ihr notwendigerweise verbundene Maß der Demütigung des Opfers erheblich überschreiten. Dies ist zB bei Ejakulieren in das Gesicht des Opfers der Fall (RIS-Justiz RS0095801; Schick in WK² § 201 Rz 33; Kienapfel/Schmoller StudB BT III §§ 201-202 Rz 41; Hinterhofer, SbgK § 201 Rz 65; Fabrizy, StGB9 § 201 Rz 10).

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher schon bei einer nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Kompetenz des Gerichtshofs zweiter Instanz zur Entscheidung über die Berufungen folgt (§ 285i StPO). Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

Stichworte