OGH 11Os134/06z

OGH11Os134/06z23.1.2007

Der Oberste Gerichtshof hat am 23. Jänner 2007 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Zehetner als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Ebner, Dr. Danek, Dr. Schwab und Dr. Lässig als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Kikinger als Schriftführer, in der Strafsache gegen Alois B***** wegen des Vergehens der schweren Körperverletzung nach §§ 83 Abs 1, 84 Abs 1 StGB und einer weiteren strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 5. Oktober 2006, GZ 034 Hv 100/06g-63, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Alois B***** des Vergehens der schweren Körperverletzung nach §§ 83 Abs 1, 84 Abs 1 StGB (1) und des Vergehens der Nötigung nach § 105 Abs 1 StGB (2) schuldig erkannt, hiefür zu einer Freiheitsstrafe verurteilt und gemäß § 21 Abs 2 StGB in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher eingewiesen. Danach hat er am 6. Mai 2006 in Wien Martina N*****

1.) vorsätzlich am Körper verletzt, indem er dieser mit einem Ruck die Faust in die Vagina stieß und sodann nachstieß, wodurch Martina N***** einen stark blutenden Vaginalriss erlitt, sohin eine an sich schwere Körperverletzung, die mit einer mehr als 24 Tage dauernden Berufsunfähigkeit und Gesundheitsschädigung verbunden war;

2.) mit Gewalt, indem er die durch die unter 1. geschilderte Handlung schwer verletzte Martina N***** an den Schultern packte und aus dem Auto zerrte, zu einer Handlung, nämlich dem Verlassen des Pkws genötigt.

Der Angeklagten bekämpft dies mit Nichtigkeitsbeschwerde aus § 281 Abs 1 Z 5, Z 9 [lit] a StPO.

Rechtliche Beurteilung

Die von der Mängelrüge (Z 5) aufgeworfene „grundlegende Frage, ob hier [Sexualität im Grenzbereich] die Latte für [bezahlte Einwilligung in sexuelle Perversionen und somit] allfällige Körperverletzungen nicht höher anzusetzen sei als bei sogenannten anderen Körperverletzungen", verkennt die Reichweite des § 90 Abs 1 StGB, der sich jedenfalls nicht auf (vorhersehbare, hier US 9 und 16) schwere Körperverletzungen erstreckt, die im Zuge sado-masochistischer Praktiken zugefügt werden (Burgstaller/Schütz in WK² § 90 Rz 73 bis 84 mwN).

Die Behauptung der „Widersprüchlichkeit" der Angaben des Opfers vor Polizei und Gericht wird nicht mit dem für eine meritorische Erledigung notwendigen Hinweis verbunden, auf welche entscheidende Tatsache sich die offenbar gemutmaßte Unvollständigkeit der Entscheidungsgründe bezöge.

Eigenständige Würdigung von Beweisergebnissen (hier des Abspielens des durch den Angeklagten selbst aufgenommenen Videofilmes von den zu

1. geschilderten Handlungen) nach Art einer nur im Einzelrichterverfahren zulässigen Berufung wegen Schuld, nicht aber die Darstellung einer Aktenwidrigkeit (vgl dazu Fabrizy StPO9 § 281 Rz 47) sind die Spekulationen zum Einverständnis der Prostituierten hinsichtlich der in Rede stehenden sexuellen Praxis, was überdies - wie oben erwähnt - im Gegenstand keine entscheidende Tatsache betrifft.

Ebensowenig eine prozessordnungsgemäße Mängelrüge ist in der Hypothese zu erblicken, es „könnte der festgestellte Sachverhalt allenfalls eine Fahrlässigkeit begründen, weil es zu Vaginaleinrissen auch bei anderen Gelegenheiten kommen könnte".

Die Anstaltseinweisung greift der Nichtigkeitswerber mit eigenen Überlegungen zu seinen festgestellten (US 6) sado-masochistischen Neigungen sowie mit von denen der Tatrichter difformen Bewertungen einer über ihn erstatteten psychiatrischen Expertise lediglich im Ermessensbereich der Gefährlichkeitsprognose an und erstattet somit ein Berufungsvorbringen (Fabrizy StPO9 § 433 Rz 1). Die Rechtsrüge (Z 9 lit a, inhaltlich teilweise Z 9 lit b bzw Z 10) geht fehl, weil sie sich mit eigener Beweiswürdigung vom Tatsachensubstrat des Ersturteiles entfernt, wonach die zunächst mit dem Einführen der Hand des Beschwerdeführers in ihre Vagina einverstandene Frau dies in der Folge schmerzbedingt ablehnte, der Mann aber das Opfer mit Verletzungsvorsatz dennoch ruckartig mit der Faust penetrierte, wobei der Vaginaleinriss als schwere Folge vorhersehbar war (US 8 bis 10).

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichtes Wien zur Erledigung der unter einem erhobenen Berufung folgt (§ 285i StPO).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

Stichworte