OGH 8ObA87/06m

OGH8ObA87/06m18.12.2006

Der Oberste Gerichtshof hat durch die Vizepräsidentin des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Langer als Vorsitzende, den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Spenling und die Hofrätin des Obersten Gerichtshofes Dr. Lovrek sowie die fachkundigen Laienrichter Mag. Dr. Thomas Keppert und Alfred Klair als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache des Klägers Bernhard H*****, vertreten durch Dr. Heinz Mildner, Rechtsanwalt in Innsbruck, wider die beklagten Parteien 1. D***** AG *****, 2. D***** AG *****, vertreten durch Dr. Lothar Hofmann, Rechtsanwalt in Wien, wegen 14.858,71 EUR brutto sA (Rekursinteresse 11.885,52 EUR sA) über den Rekurs des Klägers gegen den Beschluss des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 20. Juli 2006, GZ 15 Ra 54/06p-37, womit über Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Arbeits- und Sozialgericht vom 15. November 2005, GZ 44 Cga 165/03f-32, teilweise aufgehoben wurde, den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Die Kosten des Rekursverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung

Der Kläger war einer der acht Direktionsbeauftragten der Beklagten für Österreich, wobei er ab 1. 8. 2002 für Tirol und Vorarlberg zuständig war.

Die Aufgabe des Klägers bestand darin, Makler anzuwerben, damit diese die Produkte der Beklagten, bei denen es sich vor allem um Vorsorgeprodukte bzw Lebensversicherungen handelte, vertreiben. Der Kläger bezog neben einem Fixgehalt von 1.789,39 EUR brutto (14 mal jährlich) jeweils monatliche Zuschüsse in der Gesamthöhe von zuletzt 2.138,4 EUR. Daneben erhielt er auch eine sogenannte „Super-Abschlussprovision", die vertraglich mit 1,15 % der provisionspflichtigen Bewertungssumme der polizzierten Geschäfte der ihm zugewiesenen selbständigen Makler fixiert wurde. Darüber hinaus stand dem Kläger aus Eigengeschäften ein weiterer Provisionsanspruch zu.

Ab Februar 2001 variierte die Provision vereinbarungsgemäß abhängig vom Umsatz.

Der Kläger erhielt ab Februar 2001 bis Juni 2003 (Ende des Dienstverhältnisses) Provisionen in Gesamthöhe von 42.388,42 EUR ausbezahlt.

Die Makler selbst waren bestrebt, Produkte der Beklagten zu vermitteln, weil sie für jeden vermittelten Vertrag einerseits eine Provision und andererseits eine Dienstleistungsvergütung sowie eine Bonifikation erhielten. Diese Zahlungen waren umsatzbedingt und wurden von der Zentrale in Bonn fixiert.

Die Höhe der Bonifikation und der Dienstleistungsvergütung für die Makler wurde jeweils im Herbst für das kommende Geschäftsjahr ausverhandelt. Die letzte Mitteilung der Beklagten über die Höhe der Bonifikation und Dienstleistungsvergütung erfolgte im Herbst 2001 für das Jahr 2002.

Bereits 2001 gab es firmeninterne Überlegungen, dass sich die Beklagten vom österreichischen Versicherungsmarkt zurückziehen. Die Makler hatten erstmals im Dezember 2002 gerüchteweise von diesen Rückzugsplänen erfahren. Bei Tagungen gab es immer wieder diesbezügliche Fragen, die von der Direktion weder dementiert noch bestätigt wurden. Mangels konkreter Mitteilungen über die für 2003 zu erwartende Bonifikation und die Dienstleistungsvergütung wurden die Makler weiter verunsichert. Der Kläger rief immer wieder in der Direktion der Beklagten an und urgierte die ausständige Bekanntgabe. Am 22. 2. 2003 erschien im Wirtschaftsblatt ein Artikel, dass sich die Beklagten aus Österreich verabschieden und die Büros in Salzburg und Wien geschlossen werden, wobei der Großteil der Kunden künftig von der W***** Versicherung betreut werden sollte.

Mit Schreiben vom 26. 3. 2003 wurde den Maklern von den Beklagten mitgeteilt, dass sich die Beklagten aus grundsätzlichen Überlegungen entschieden hätten, sich vom österreichischen Versicherungsmarkt zurückzuziehen und der aktive Geschäftsbetrieb der Generaldirektion Österreich zum 30. 9. 2003 eingestellt werde.

Aufgrund dieser Mitteilungen kontaktierten die untergeordneten Makler den Kläger und fragten, ob sie die jeweiligen Maklerunterlagen sofort zurückstellen sollten bzw noch kurz behalten könnten. Die Makler schlossen keine neuen Verträge zugunsten der Beklagten mehr ab, weil sie ihren Kunden eine Kontaktierung über P***** „nicht zumuten wollten".

Die Dienstleistungsvergütungen und Bonifikationen führten dazu, dass die Makler die guten Produkte der Beklagten gerne vermittelten, weil damit die im Vergleich zu den Mitbewerbern niedrigeren Provisionen ausgeglichen wurden. Der von den Maklern geschätzte unmittelbare Kontakt mit den Kunden fiel durch den Rückzug der Beklagten aus Österreich weg. Zudem kam es zu mehreren Stornierungen. Anlässlich einer Tagung am 15. 4. 2003 wurden die Direktionsbeauftragten Österreichs, also auch der Kläger, davon in Kenntnis gesetzt, dass die Beklagten Ende September 2003 ihre Geschäftstätigkeit in Österreich einstellen und alle Dienstverhältnisse mit den Maklern und den Direktionsbeauftragten aufgelöst werden. Die Beklagten teilten mit, dass sie Wünschen nach einer vorzeitigen Vertragsauflösung nachkommen würden. Der Kläger einigte sich mit den Beklagten auf eine vorzeitige Vertragsauflösung per 30. 6. 2003.

Nach rechtskräftiger Abweisung eines Begehrens von 2.342,12 EUR sA und nach rechtskräftigem Zuspruch von 631,07 EUR sA (Urlaubsersatzleistung) ist Gegenstand des Rekursverfahrens ein Begehren des Klägers auf Zahlung von 11.885,52 EUR brutto sA. Die Beklagten hätten in der Vergangenheit an die vom Kläger betreuten Makler für die vermittelten Versicherungsverträge Provisionen und Bonifikationen ausbezahlt. Bei diesen Bonifikationen habe es sich um einen einmaligen Betrag in der Höhe von 15.000 bis 20.000 EUR jährlich bei Erreichen eines von den Beklagten im voraus bestimmten Gesamtumsatzes gehandelt. Ab September 2002 seien Gerüchte aufgetreten, dass sich die Beklagten vom österreichischen Markt zurückziehen würden. Die Beklagten hätten sowohl gegenüber ihren Versicherungsmaklern als auch gegenüber ihren Mitarbeitern diese Gerüchte weder bestätigt noch dementiert. Sie hätten jedoch dem Kläger die Höhe der Provisionen und Bonifikationen, die er den von ihm betreuten Versicherungsmaklern für die im Jahr 2003 vermittelten Verträge in Aussicht stellen hätte können, trotz mehrfacher Aufforderung vereinbarungswidrig nicht bekanntgegeben. Aus diesem Grund hätten die vom Kläger betreuten Versicherungsmakler kaum noch Versicherungsleistungen vermittelt, sodass es zu enormen Provisionsrückgängen gekommen sei. Erst mit Schreiben vom 15. 4. 2003 hätten die Beklagten dem Kläger mitgeteilt, dass sie sich vom österreichischen Versicherungsmarkt zurückziehen würden und dass das mit dem Kläger bestehende Dienstverhältnis zum 30. 9. 2003 gekündigt werde. Da der Kläger stets zur Arbeitsleistung bereit gewesen sei, gebühre ihm sowohl gemäß § 12 AngG als auch nach § 1155 ABGB eine angemessene Entschädigung, zumal allein die Beklagten verhindert hätten, dass der Kläger Provisionen im vereinbarten oder zu erwartenden Umfang lukrieren konnte. Unter Berücksichtigung der vom Kläger zwischen Oktober 2001 und September 2002 erzielten Provisionen errechne sich eine durchschnittliche monatliche Provision von 1.802,43 EUR. Die begehrte Entschädigung für fünf Monate (Februar 2003 bis Juni 2003) betrage nach Abzug der tatsächlich erzielten Provisionen brutto 6.875,36 EUR. Auch die dem Kläger zustehende Abfertigung sei aus den regelmäßig wiederkehrenden Bezügen zu berechnen. Unter Berücksichtigung des monatlichen Fixgehaltes, der gewährten Zuschüsse und der Durchschnittsprovision ergebe sich als Bemessungsgrundlage für die Abfertigung ein Betrag von 6.326,19 EUR brutto. Die Beklagten hätten bisher lediglich 6.842,22 EUR brutto an Abfertigung bezahlt. Der restliche Abfertigungsanspruch betrage daher 5.810,16 EUR brutto. Im Rekursverfahren ist wegen der rechtskräftigen Abweisung des Abfertigungsbegehrens bezogen auf den monatlichen Telefonzuschuss nur noch ein Begehren für restliche Abfertigung von 5.010,16 EUR Verfahrensgegenstand.

Die Beklagten wenden ein, die Beendigung des Arbeitsverhältnisses sei mit der Stilllegung des Vertriebes in Österreich zusammengefallen. Dem Kläger stehe daher kein Anspruch nach § 12 AngG zu. Für Gerüchte könnten die Beklagten nicht verantwortlich gemacht werden. Weder der Kläger noch die Makler hätten Anspruch auf Bonifikationen, weil diese nicht regelmäßig gewährt worden seien. Der Kläger habe nicht mit einem bestimmten Provisionsvolumen rechnen können.

Ein Anspruch gemäß § 1155 ABGB stehe dem Kläger nicht zu, weil bis zum Ende seines Dienstverhältnisses keine Dienstleistungen entfallen seien. Der Kläger habe auch nicht dargelegt, wie die Beklagten seine Provisionsverluste hätten verhindern können. Allein aus dem Rückzug der Beklagten vom österreichischen Versicherungsmarkt könnte der Kläger keinen Entschädigungsanspruch ableiten. Die fiktiven Provisionen seien gleich den Zuschüssen, denen Aufwandcharakter zukäme, nicht in die Abfertigungsbemessungsgrundlage einzubeziehen. Das Erstgericht gab dem Klagebegehren mit 12.524,59 EUR brutto sA statt und wies ein Mehrbegehren von 2.334,12 EUR brutto sA sowie ein Zinsenmehrbegehren ab. Rechtlich ging das Erstgericht davon aus, dass dem Dienstnehmer gemäß § 1155 Abs 1 ABGB auch für Dienstleistungen, die nicht zustande gekommen seien, Entgelt gebühre, wenn der Dienstnehmer zur Leistung bereit gewesen sei und durch Umstände, die auf Seiten des Dienstgebers lägen, an der Dienstleistung gehindert worden sei. Die Beklagten hätten zu verantworten, dass der Kläger insbesondere ab Februar 2003 nur mehr viel geringere Provisionen habe lukrieren können. Dementsprechend sei bei der Ermittlung des von den Beklagten gemäß § 1155 ABGB geschuldeten Entgelts von jenen Provisionen auszugehen, die der Arbeitnehmer ohne den vom Arbeitgeber zu verantwortenden Hinderungsgrund üblicherweise erzielt hätte. Das sei auf Grundlage des Durchschnitts der in den letzten 12 repräsentativen Monaten erzielten Umsätze zu berechnen. Die von den Beklagten gewährten Zuschüsse seien (mit Ausnahme des Telefonzuschusses) der Abfertigungsbemessungsgrundlage ebenso hinzuzurechnen, wie die in den letzten 12 Monaten erzielte Durchschnittsprovision.

Die Abweisung des Begehrens von 2.334,12 EUR brutto erwuchs ebenso wie ein Zuspruch von 631,07 EUR brutto (Urlaubsersatzleistung) in Rechtskraft.

Das Berufungsgericht gab der gegen das Ersturteil von den Beklagten erhobenen Berufung teilweise Folge und hob das Ersturteil im Umfang eines Zuspruchs von 11.885,52 EUR sA (restliche Abfertigung 5.010,16 EUR brutto; 6.875,36 EUR begehrte „Provisionsentschädigung") auf und sprach aus, dass hinsichtlich des Aufhebungsbeschlusses der Rekurs zulässig sei.

Es erachtete rechtlich, dass die Betriebsstilllegung und die dadurch bewirkte Hinderung des Dienstnehmers, seine gewöhnliche Arbeitsleistung zu erbringen, unter § 1155 Abs 1 ABGB falle. Daraus könne allerdings kein verschuldensunabhängiger Anspruch des Klägers abgeleitet werden, weil die Beklagten die Kündigung des Klägers so rechtzeitig ausgesprochen hätten, dass das Ende des Dienstverhältnisses des Klägers mit dem Ende der Vertriebstätigkeit der Beklagten zusammengefallen sei. Der Kläger sei an seiner Dienstleistung für die Beklagten nicht gehindert worden. Es habe sich die vereinbarte Tätigkeit des Klägers von Februar 2003 bis Juni 2003 nicht geändert. Die Entgeltminderung sei bei gleichbleibendem Aufgabenbereich aufgrund von Umsatzeinbußen eingetreten. Dass es aber zu einer Veränderung der Bezugsgröße kommen könne, impliziere die geschlossene Vereinbarung einer „Superprovision", die von der Höhe der provisionspflichtigen Bewertungssumme der polizzierten Geschäfte der dem Kläger zugewiesenen selbständigen Versicherungsmakler abhängig gewesen sei. Diese Abhängigkeit zeige sich an den vom Erstgericht festgestellten unterschiedlichen Provisionshöhen von Februar 2001 bis Jänner 2003, wobei diese teilweise sogar unter dem durchschnittlichen Provisionseinkommen im Zeitraum Februar 2003 bis Juni 2003 gelegen seien. Der Kläger habe aufgrund der getroffenen Provisionsvereinbarung damit rechnen müssen, unterschiedliche Provisionseinkünfte in Abhängigkeit zur Attraktivität des Produktes zu erzielen. Dem Kläger stehe daher nur ein Entschädigungsanspruch nach § 12 AngG zu, wenn es ihm im zweiten Rechtsgang gelinge, ein kausales vertragswidriges Verhalten der Beklagten für seinen Einkommensverlust (der behauptete Verstoß gegen die Vereinbarung, den Maklern 2003 zu gewährende Bonifikationen bereits im Herbst 2002 offenzulegen) zu beweisen. Eine allfällige Entschädigung nach § 12 AngG sei aus dem Durchschnitt der Provisionseinkünfte in den letzten 12 repräsentativen Monaten zu berechnen.

Hinsichtlich des restlichen Abfertigungsbegehrens sei das Verfahren ebenfalls nicht spruchreif: Es sei zu klären, ob der dem Kläger gewährte Organisationszuschuss, der Aufbauzuschuss, der Bürokostenzuschuss und das Reisekostenpauschale Entgelt oder Aufwandsentschädigung dargestellt habe. Es seien daher Feststellungen zur Verwendung der dem Kläger gewährten Zuschüsse erforderlich. Ob die Zuschüsse in die Abfertigungsbemessungsgrundlage fielen, hänge davon ab, ob und inwieweit durch die Zuschüsse lediglich der finanzielle Aufwand des Klägers abgedeckt werde sollte oder inwieweit sie auch Gegenleistung für die Zurverfügungstellung seiner Arbeitskraft gewesen seien.

Der gegen diesen Beschluss vom Kläger erhobene Rekurs ist zulässig, jedoch nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Der Kläger meint zusammengefasst, dem Klagebegehren sei - ohne dass es darauf ankäme, ob die nicht ausreichend geklärte Anspruchsgrundlage des § 12 AngG vorläge - gemäß § 1155 ABGB stattzugeben.

Der Kläger beruft sich zur Untermauerung seines Standpunkts auf die Entscheidung 9 ObA 27/98f (DRdA 1999/22 [Löschnigg] = SZ 71/64) und leitet aus dieser Entscheidung ab, dass nicht nur die dort behandelte Betriebsstilllegung und die dadurch bewirkte Hinderung des Arbeitnehmers, seine gewöhnliche Arbeitsleistung zu erbringen, einen in die Arbeitgebersphäre fallenden, im Sinne des § 1155 ABGB zur Fortzahlung des Entgeltes verpflichteten Umstand darstelle. Auch die im Anlassfall durch den angekündigten Rückzug der Beklagten vom österreichischen Markt bedingte drastische Verringerung der vermittelten Versicherungsabschlüsse und die daraus resultierende Verringerung der dem Kläger zugesagten Superprovision sei dem § 1155 Abs 1 ABGB zu unterstellen.

Dieser Auffassung schließt sich der Senat jedoch nicht an. Der zutreffenden Begründung des Berufungsgerichtes, auf die verwiesen wird, ist hinzuzufügen:

Unter einer Provision im Allgemeinen ist eine meist in Prozenten ausgedrückte Beteiligung am Wert jener Geschäfte des Arbeitgebers zu verstehen, die durch die Tätigkeit des Angestellten (durch Geschäftsvermittlung oder Geschäftsabschluss) zustande gekommen ist. Sie richtet sich nach dem Ergebnis der Arbeit und ist somit ein von der Leistung des Angestellten, aber auch von der Markt- und Geschäftslage abhängiges Entgelt in Form einer Erfolgsvergütung (DRdA 1995/12 [Geist] mwN). Hier wurde mit dem Kläger eine Provision, bemessen nach den Geschäften der ihm unterstellten Makler, vereinbart. In der Versicherungswirtschaft spricht man in diesem Zusammenhang von einer sogenannten „Superprovision" (DRdA 1995/12; Löschnigg, Die Vereinbarung erfolgsabhängiger Entgelte, DRdA 2000, 467 [469]). Auch dabei handelt es sich um ein erfolgsorientiertes Entgelt, wobei allerdings - im Gegensatz zur „echten" Provision - nur ein mittelbarer Bezug zwischen der Tätigkeit des Klägers (durch seine Einflussnahme auf die ihm unterstellten Makler) und der Geschäftsvermittlung bzw dem Geschäftsabschluss gegeben ist (Löschnigg aaO 469).

Gemäß § 1155 ABGB erhält der Dienstnehmer auch für Dienstleistungen, die nicht zustande gekommen sind, das Entgelt, wenn er zur Leistung bereit war und durch Umstände, die auf Seite des Dienstgebers liegen, daran verhindert worden ist (Abs 1 erster Halbsatz); wurde er infolge solcher Umstände durch Zeitverlust bei der Dienstleistung verkürzt, so gebührt ihm angemessene Entschädigung (Abs 2). Diese Bestimmung beruht auf dem Lohnausfallsprinzip. Danach gebührt dem Dienstnehmer bei Vorliegen der geforderten Voraussetzungen jenes Entgelt, das er bekommen hätte, wenn er wie bisher weitergearbeitet hätte. Gemäß § 12 AngG gebührt Angestellten, die vom Dienstgeber vertragswidrig verhindert wurden, Provisionen oder Taggelder im vereinbarten oder im nach den getroffenen Vereinbarungen zu erwartenden Umfang zu verdienen, eine angemessene Entschädigung. Diese Bestimmung, deren Anwendung ein schuldhaftes Verhalten des Arbeitgebers voraussetzt, steht zu jener des § 1155 ABGB im Verhältnis der Spezialität. Letztere bleibt für Angestellte für den Fall anwendbar, dass der Angestellte zufolge eines in der Sphäre des Arbeitgebers eingetretenen Zufalls an der Arbeitsleistung gehindert wird (DRdA 1999/22 [Löschnigg]; Arb 9557).

In der Entscheidung 9 ObA 27/98f (= DRdA 1999/22 [Löschnigg] wurde die Stilllegung des Betriebes und die dadurch bewirkte Hinderung des Arbeitnehmers, seine gewöhnliche Arbeitsleistung zu erbringen, als einen in die Arbeitgebersphäre fallenden, im Sinne des § 1155 ABGB zur Fortzahlung des Entgelts verpflichtenden Umstand gewertet. Dabei wurde ausgesprochen, dass der Arbeitgeber im Sinne des § 1155 ABGB verpflichtet ist, die wegen der Betriebsstilllegung entgangenen Umsatzprovisionen (Beteiligungen am Wert sämtlicher Geschäfte eines Unternehmens oder einer Abteilung) zu leisten, wobei auf der Grundlage des Durchschnitts der in den letzten 12 repräsentativen Monate erzielten Umsätze die entgangene Provisionshöhe zu ermitteln ist. Löschnigg verweist in seiner dazu ergangenen Entscheidungsbesprechung (DRdA 1999/22) darauf, dass eine Anwendung des § 1155 ABGB auf alle Gründe, die zu einer Reduktion einer Umsatz- oder Gewinnbeteiligung führen, nicht haltbar sei. Jede wirtschaftliche Entscheidung, die eine Senkung des Umsatzes oder einen Rückgang des Gewinns nach sich zöge, wäre mit Ausgleichsansprüchen von Arbeitnehmern, die Gewinn- oder Umsatzbeteiligungen vereinbart hätten, verbunden.

Vorauszuschicken ist zunächst, dass sich der der Entscheidung 9 ObA 27/98f zugrunde liegende Sachverhalt von dem vorliegenden Sachverhalt ganz wesentlich dadurch unterscheidet, dass die Beklagten hier eine Kündigung der Dienstverhältnisse der Arbeitnehmer so rechtzeitig vornahmen, dass das Ende der Arbeitsverhältnisse mit dem Ende der Betriebstätigkeit zusammenfiel, wobei überdies mit dem Kläger ausdrücklich eine Vorverlagerung des Beendigungszeitpunktes (30. 6. 2003) vereinbart wurde. Bei der Betriebsstilllegung kann der Arbeitnehmer die vereinbarten Dienstleistungen nicht erbringen. § 1155 ABGB erfasst nur den Fall, dass die Dienstleistung gar nicht (Abs 1 1. Halbsatz) oder nur in geringerem Ausmaß (Abs 2) zustande gekommen ist.

Im vorliegenden Fall erbrachte der Kläger die Dienstleistung im zeitlich bedungenen Umfang. Lediglich die vereinbarte Erfolgsbeteiligung blieb hinter den Erwartungen des Klägers zurück, weil das Bekanntwerden der Rückzugsabsicht der Beklagten aus dem österreichischen Markt zu Umsatzeinbußen führte. § 1155 ABGB umfasst nach seinem klaren Wortlaut nicht den Fall, dass die Arbeitsleistung unverändert erbracht wird, jedoch andere Gründe zu Entgeltkürzungen führen (etwa Absatzrückgänge; aber auch wirtschaftliche Umsatzrückgänge infolge einer bekannt gewordenen Absicht der zukünftigen Betriebsstilllegung). Das Erfolgsbeteiligungsentgelt ist vielmehr seiner Natur nach schwankend. Der Arbeitnehmer kann daher mit einem fixen „Erfolgsentgelt" nicht rechnen. Das zeigt sich im Übrigen gerade im vorliegenden Fall deutlich, weil - worauf bereits das Berufungsgericht zutreffend hinwies - die in der Vergangenheit vom Kläger erzielten Provisionen teilweise nicht einmal jene Höhe erreichten wie in der vom Kläger beanstandeten Phase vor der Betriebsstilllegung (Februar 2003 bis Juni 2003).

Zutreffend ist das Berufungsgericht somit davon ausgegangen, dass der Kläger sein Klagebegehren nicht erfolgreich auf § 1155 ABGB stützen kann. Zu diesem Ergebnis gelangt man im Übrigen auch unter Zugrundelegung der Meinung Löschniggs (DRdA 2000,467 [476]; ebenso Rebhahn in ZellKomm § 1155 ABGB Rz 46), der meint, § 1155 ABGB könne zwar - im Wege eines Größenschlusses - grundsätzlich auch für Erfolgsbeteiligungen Bedeutung gewinnen; allerdings impliziere die Vereinbarung einer Erfolgsbeteiligung weitgehend die Abdingung des dispositiven § 1155 ABGB.

Der Aufhebungsbeschluss des Berufungsgerichtes, bezogen darauf, ob die dem Kläger gewährten Zuschüsse in die Abfertigungsbemessungsgrundlage einzubeziehen sind, beruht auf einer zutreffenden Rechtsauffassung des Berufungsgerichtes. Der Auffassung des Berufungsgerichtes, dass es ergänzender Feststellungen bedürfe, um beurteilen zu können, ob die Zuschüsse Aufwandersatzcharakter oder Entgeltcharakter hatten, kann der Oberste Gerichtshof, der nicht Tatsacheninstanz ist, nicht entgegentreten.

Der Kostenvorbehalt gründet sich auf § 52 ZPO.

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