OGH 8Ob133/06a

OGH8Ob133/06a30.11.2006

Der Oberste Gerichtshof hat durch die Vizepräsidentin des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Langer als Vorsitzende sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Spenling und Dr. Kuras und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofes Dr. Lovrek und Dr. Glawischnig als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr. Alexander Sch*****, vertreten durch Kinberger, Schubert, Fischer Rechtsanwälte GmbH in Zell am See, gegen die beklagte Partei Cäcilia Sch*****, vertreten durch Loimer, Maus Riedherr, Scharzenberger Rechtsanwälte Partnerschaft in Salzburg, wegen EUR 7.000,‑ ‑, über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes Salzburg vom 9. Juni 2006, GZ 53 R 94/06i‑33, mit dem das Urteil des Bezirksgerichtes Zell am See vom 27. Dezember 2005, GZ 5 C 30/03i‑27, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2006:0080OB00133.06A.1130.000

 

Spruch:

Die Revision der klagenden Partei wird zurückgewiesen.

Der Antrag der beklagten Partei auf Ersatz der Kosten der Revisionsbeantwortung wird abgewiesen.

 

 

Begründung

 

Die Zurückweisung einer ordentlichen Revision wegen Fehlens einer erheblichen Rechtsfrage kann sich auf die Ausführung der Zurückweisungsgründe beschränken (§ 510 Abs 3 ZPO).

Folgender Sachverhalt steht fest:

Die Streitteile waren vom 14. 8. 1990 bis 3. 2. 2004 miteinander verheiratet. Der Ehe entstammen drei mj Kinder. Mit Beschluss des Bezirksgerichtes Zell am See vom 13. 11. 2002 wurde der Beklagten die alleinige Obsorge für die mj Kinder übertragen und der Besuchsrechtsantrag des Klägers abgewiesen. Am 18. 6. 2003 beantragte der Kläger (neuerlich) die Einräumung eines 14‑tägigen Besuchsrechtes jeweils an den Wochenenden sowie eines Ferienbesuchsrechtes. Zum Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung erster Instanz im nunmehr anhängigen Verfahren lag eine rechtskräftige Entscheidung über den Besuchsrechtsantrag nicht vor.

„Unter Zugrundelegung der subjektiven Angaben des Klägers litt dieser auf Grund des von ihm als solchen empfundenen Entzuges der mj Kinder durch die Beklagte im Zeitraum von Juli 2002 bis zum Zeitpunkt der Gutachtenserstattung am 12. 7. 2003 an einer seelischen Belastung, die sich vor allem in der Symptomatik einer Schlafstörung äußerte, welche verbunden sein konnte mit einer körperlich‑vegetativen Begleitsymptomatik, eine Behinderung der Arbeitsfähigkeit des Klägers lag in dem angeführten Zeitraum nicht vor, ebenso wenig war ein durchgehender täglich manifester Krankheitswert gegeben. Behandlungsnotwendigkeit bestand nicht. Auf keinen Fall war das Ausmaß der seelischen Beeinträchtigung des Klägers vergleichbar mit schweren Auslösern und schweren Formen einer Psychotraumatisierung, wie etwa im Fall des Todes eines nahen Angehörigen."

Der Kläger begehrte von der Beklagten die Zahlung von EUR 7.000,‑- an Schmerzengeld. Die Beklagte entziehe ihm im Rahmen des laufenden Scheidungs- und Obsorgeverfahrens widerrechtlich und vorsätzlich oder zumindest grob fahrlässig die Möglichkeit zu seinen mj Kindern Kontakt zu halten. Durch diese Vorgangsweise sei beim Kläger eine massive psychische Schädigung in Form eines durch ständige sorgenbedingte Schlaflosigkeit ausgelösten, schweren krankhaften Psychotraumas, einhergehend mit einer erheblichen Reduktion seiner beruflichen Leistungsfähigkeit entstanden. Ergänzend stützte der Kläger sein Begehren darauf, dass die Beklagte von Mai 2001 bis Jänner 2002 eine ehebrecherische Beziehung unterhalten habe. Ende Jänner 2002 mit den Kindern aus dem ehelichen Haus ausgezogen sei und den Kläger als „gehörnten Ehemann" allein zurückgelassen habe.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren zur Gänze ab. Das Eingehen einer ehewidrigen Beziehung rechtfertige nicht den Zuspruch von Schmerzengeld. Nach dem Sachverhalt habe kein rechtskräftiger Besuchsrechtstitel des Klägers betreffend seine mj Kinder bestanden, sodass es schon am rechtswidrigen Handeln der Beklagten fehle.

Das Berufungsgericht bestätigte das Ersturteil und sprach aus, dass die ordentliche Revision zulässig sei. Bei bloßen Verstößen gegen die eheliche Treuepflicht, die nicht mit besonderen zusätzlichen, gegen die Persönlichkeit des Ehepartners gerichteten Verhaltensweisen einhergehen, ergebe die vorzunehmende Interessenabwägung nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes eine Verneinung des Ersatzes psychischer Schäden. Schmerzengeld für verlorene Liebe gebe es nicht. Der Kläger habe kein von der Beklagten ausgelöstes, konkretes plötzliches und mit einem seelischen Schock vergleichbares traumatisches Ereignis behauptet, sondern lediglich vorgebracht, dass die Beklagte unvermittelt aus dem Haus ausgezogen sei. Daraus, dass sich die Beklagte einem anderen Mann zugewendet habe und mit den Kindern ausgezogen sei, könne ein Schadenersatzanspruch nicht abgeleitet werden. Das Hauptgewicht der Interessenabwägung im Familienrecht liege nicht auf der größtmöglichen Wahrung der Wünsche und Bedürfnisse der beiden Elternteile, sondern vorrangig in der Wahrung des Kindeswohls, das - wenn der Kontakt zu einem Elternteil belastender als die Trennung sei, sogar ein Unterbleiben des Kontaktes auf gewisse Zeit rechtfertigen könne. Dies zu beurteilen seien die Familiengerichte berufen. Nach den Feststellungen sei der Beklagten die Obsorge für die mj Kinder übertragen und der Besuchsrechtsantrag des Klägers rechtskräftig zurückgewiesen worden. Über den neuerlichen Besuchsrechtsantrag sei bis zum Schluss der mündlichen Streitverhandlung noch nicht rechtskräftig entschieden worden. Auf dieser Grundlage mangle es dem Klagebegehren an einer Anspruchsgrundlage. Die ordentliche Revision sei zuzulassen, da zur Geltendmachung von Schadenersatzforderungen eines geschiedenen Ehegatten gegen den anderen, wegen Verhinderung des Kontaktes zu den gemeinsamen Kindern, soweit ersichtlich keine höchstgerichtliche Rechtsprechung bestehe.

Die Revision des Klägers ist entgegen der den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Rechtsansicht des Berufungsgerichtes nicht zulässig.

 

Rechtliche Beurteilung

Soweit der Rechtsmittelwerber behauptet, auf Grund der ehewidrigen Beziehung der Beklagten einen „Schockschaden" erlitten zu haben, sind diese Ausführungen nicht geeignet, eine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung aufzuzeigen, setzt doch Schmerzengeld für Schockschäden grundsätzlich eine - nach den Feststellungen hier nicht vorliegende - massive Einwirkung in die psychische Sphäre im Sinn einer behandlungsbedürftigen Krankheit voraus (6 Ob 124/02g; SZ 72/91; 2 Ob 120/02i; 1 Ob 200/03y ua).

Aber auch das Argument, dass dem Rechtsmittelwerber Schmerzengeld für den „Seelenschmerz über den Verlust naher Angehöriger" deshalb zustehe, weil die Beklagte seinen Kontakt zu den gemeinsamen Kindern verhindere, begründet keine Rechtsfrage von der Qualität des § 502 Abs 1 ZPO. Abgesehen davon, dass die Rechtsprechung den Ersatz des Seelenschmerzes der zu keiner eigenen Gesundheitsschädigung iSd § 1325 ABGB geführt hat, nur bei Tod eines nahen Angehörigen und zumindest grober Fahrlässigkeit gewährt (JBl 2001, 660), müssen die allgemeinen Haftungsvoraussetzungen natürlich auch in diesen Fällen vorliegen. Hier mangelt es allerdigns bereits am rechtswidrigen Verhalten der Beklagten. Dass diese nämlich den (bislang erfolglosen) Anträgen des Rechtsmittelwerbers im Obsorge‑ und Besuchsrechtsverfahren entgegengetreten ist, vermag Rechtswidrigkeit nicht zu begründen.

Die Revision ist daher zurückzuweisen.

Der Antrag der Beklagten auf Ersatz der Kosten der Revisionsbeantwortung war abzuweisen, da sie nicht auf die Unzulässigkeit des Rechtsmittels hingewiesen hat.

 

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