OGH 1Ob194/06w

OGH1Ob194/06w28.11.2006

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Gerstenecker als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Zechner, Univ. Doz. Dr. Bydlinski, Dr. Fichtenau und Dr. Glawischnig als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. Franz H*****, 2. Theresia H*****, beide *****, 3. Johann S*****, 4. Rosina S*****, beide *****,

5. F***** GmbH (früher ***** L*****), 6. Anneliese L*****, beide *****, 7. Roman E*****, alle vertreten durch Dr. Jürgen Nowotny, Rechtsanwalt in Linz, und 8. DI Friedrich L*****, vertreten durch Dr. Gunther Huber, Rechtsanwalt in Traun, wider die beklagten Parteien 1. Ignaz S*****, und 2. Maria S*****, beide *****, wegen Wiederaufnahme des Verfahrens 6 R 287/00v des Oberlandesgerichts Linz, infolge Rekurses der klagenden Parteien gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Linz vom 20. Juli 2006, GZ 6 R 150/06f-2, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Die klagenden Parteien haben die Kosten ihres erfolglosen Rechtsmittels selbst zu tragen.

Text

Begründung

Die klagenden Parteien begehrten im Verfahren 1 Cg 228/99s des Landesgerichts Linz die Feststellung, dass den Beklagten ein Fischereirecht an bestimmten Gewässern nicht zukomme. Das Klagebegehren der klagenden Parteien wurde vom Oberlandesgericht Linz als Berufungsgericht (6 R 287/00v) im Wesentlichen mit der Begründung abgewiesen, dass ihnen der Nachweis, ihnen stünde auch in dem von den Beklagten beanspruchten Bereich das Fischereirecht zu, nicht gelungen sei. Die gegen diese Entscheidung erhobene außerordentliche Revision wurde zurückgewiesen.

Mit Klage vom 17. Juli 2006 (Postaufgabe) begehrten die Kläger die Bewilligung der Wiederaufnahme des Verfahrens 6 R 287/00v und die Aufhebung des Urteils des Berufungsgerichts; im wiederaufgenommenen Verfahren werde der Berufung der Beklagten nicht Folge zu geben sowie der Berufung der Sechstklägerin stattzugeben sein.

Das Oberlandesgericht Linz wies die Wiederaufnahmsklage zurück. Die von den Wiederaufnahmsklägern geltend gemachten neuen Beweismittel (eine Sachverständigengutachtensergänzung sowie die schriftliche Erörterung eines historischen Gutachtens in einem Rechtsstreit, an dem die Sechstklägerin als Beklagte und der Achtkläger als Nebenintervenient beteiligt waren) stellten einen Sachverständigenbeweis dar. Diesen hätten sie bereits im Vorprozess antreten können. Der Umstand, dass das Gericht erster Instanz dort einen für die Kläger günstigen Sachverhalt festgestellt habe, habe diese nicht davon enthoben, sämtliche zur Verfügung stehenden Beweismittel auszuschöpfen. Dass den Gutachtern im erwähnten Verfahren Erkenntnisquellen zur Verfügung gestanden wären, die vorzulegen bzw geltend zu machen die Wiederaufnahmskläger ohne ihr Verschulden im Vorprozess nicht in der Lage gewesen seien, oder dass die Gutachter auf neue Erkenntnismethoden hätten zurückgreifen können, werde nicht behauptet.

Der dagegen erhobene Rekurs der klagenden Parteien ist nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Nach § 530 Abs 2 ZPO kommt die Wiederaufnahmsklage nur in Betracht, wenn die Geltendmachung der neuen Tatsachen oder Beweismittel im Vorprozess ohne Verschulden unterblieb. Die Kläger tragen die Behauptungs- und Beweislast für den Mangel des Verschuldens. Sie haben bereits in der Wiederaufnahmsklage darzulegen, dass und aus welchen Gründen sie ohne ihr Verschulden außer Stande waren, die neuen Tatsachen bzw Beweismittel noch vor Schluss der Verhandlung geltend zu machen (Nachweise bei Jelinek in Fasching/Konecny2 IV/1 § 530 Rz 219f). Fehlt es - wie im vorliegenden Verfahren - an einem solchen Vorbringen, muss die Wiederaufnahmsklage ohne Erfolg bleiben. Eine insoweit nicht gesetzmäßige Ausführung des Wiederaufnahmsgrunds des § 530 Abs 1 Z 7 iVm Abs 2 ZPO ist einer Verbesserung nicht zugänglich (vgl Kodek in Rechberger, ZPO2, § 471 Rz 10). Soweit die Rekurswerber in ihrer Klage vorbrachten, es habe sich aus der Gutachtensergänzung ergeben, dass die Begrenzungen in den „Urteilen 1853 und 1856" immer derart beschrieben worden seien, dass die verschiedenen Gewässer „gemeinsam" beinhaltet gewesen seien, so ist nicht ersichtlich, warum für diese Erkenntnis ein Sachverständigengutachten erforderlich gewesen sein sollte. Dass die genannten Urteilsausfertigungen den Klägern nicht schon im Vorverfahren zugänglich gewesen wären, wurde nicht behauptet, vielmehr wird ausgeführt, die Urteile seien bereits „Beweisgegenstand des Vorprozesses" gewesen. Ähnliches gilt für den Verweis auf die behauptete Schlussfolgerung des Sachverständigen aus einem Urteil des Oberlandesgerichts Wien aus dem Jahr 1856 sowie einen Pachtvertrag vom 9. Mai 1983, der ebenfalls „Gegenstand des Vorprozesses" gewesen sei. Inwieweit das in einem späteren Verfahren erstattete Gutachten zusätzlichen Erkenntnisgewinn bringen konnte, legen die Rekurswerber nicht dar. Sollten sie die Auffassung vertreten, sie wären nicht in der Lage gewesen, diese Urkunden selbst (in einem für sie günstigen Sinn) zu interpretieren, wäre ihnen als Verschulden vorzuwerfen, nicht bereits im Vorverfahren eine Beurteilung durch einen Sachverständigen beantragt zu haben.

Schließlich kommen die Rekurswerber auf ihr Vorbringen in der Wiederaufnahmsklage zurück, dem historischen Gutachten seien „diverse neue Urkunden" aus einem Stiftsarchiv zu Grunde gelegen. Dass nicht das Sachverständigengutachten, sondern nur diese Urkunden neue Beweismittel iSd § 530 Abs 1 Z 7 ZPO darstellen können, erkennen die Rekurswerber selbst. Die bloße Berufung auf „diverse neue Urkunden" aus dem Archiv eines bestimmten Stifts, die weder vorgelegt bzw im Einzelnen individualisiert noch inhaltlich wiedergegeben werden, ist aber zur schlüssigen Darlegung des geltend gemachten Wiederaufnahmsgrunds nicht geeignet.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 40 Abs 1 iVm § 50 Abs 1 ZPO.

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