OGH 4Ob137/06k

OGH4Ob137/06k21.11.2006

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Vizepräsidentin des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Griß als Vorsitzende und durch die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Schenk sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Vogel, Dr. Jensik und Dr. Musger als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei A***** OEG, *****, vertreten durch Piaty Müller‑Mezin Schoeller Rechtsanwälte GmbH in Graz, gegen die beklagten Parteien 1. Rudolf Mathias K*****, 2. Helmut F*****, letzterer vertreten durch Dr. Klaus Rainer, Rechtsanwalt in Graz, wegen Unterlassung (Streitwert 30.000 EUR) und Urteilsveröffentlichung (Streitwert 3.000 EUR), über die außerordentliche Revision der zweitbeklagten Partei gegen das Teilurteil des Oberlandesgerichts Graz als Berufungsgericht vom 20. April 2006, GZ 6 R 196/05y‑23, mit dem infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichts Leoben vom 19. August 2005, GZ 4 Cg 102/04p‑19, teilweise abgeändert und teilweise aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2006:0040OB00137.06K.1121.000

 

Spruch:

Der Revision wird Folge gegeben.

Die angefochtene Entscheidung, die in ihrem aufhebenden - nicht anfechtbaren - Teil unberührt bleibt, wird in ihrem abändernden Teil betreffend das Unterlassungsbegehren dahin abgeändert, dass insoweit das Urteil des Erstgerichts wiederhergestellt wird.

Die Kosten des Revisionsverfahrens bilden weitere Verfahrenskosten.

 

Entscheidungsgründe:

 

Die Klägerin ist Inhaberin des Sicherheitsgewerbes Berufsdetektiv, eingeschränkt auf den Schutz von Personen und das Bewachungsgewerbe; ihre Gewerbeberechtigung umfasst damit auch den Schutz von Personen (§ 94 Z 62 GewO, § 129 Abs 1 Z 7 GewO).

Der Erstbeklagte ist Inhaber der Gewerbeberechtigung für das Sicherheitsgewerbe und Bewachungsgewerbe (§ 127 Z 18 GewO, §§ 94 Z 62, 129 Abs 4 GewO); gewerberechtlicher Geschäftsführer seines Unternehmens ist der Zweitbeklagte. Der Erstbeklagte ist aufgrund seiner Gewerbeberechtigung befugt, Betriebe, Gebäude, Anlagen, Baustellen, Grundstücke und bewegliche Sachen zu bewachen und Notrufzentralen zu betreiben. Er verfügt jedoch über keine Gewerbeberechtigung für Berufsdetektive und darf daher den Personenschutz nicht gewerbsmäßig ausüben. Der Erstbeklagte bewarb sein Unternehmen im Internet unter einer auf seinen Namen registrierten Domain unter anderem damit, dass er im Bereich Veranstaltungs‑, Personen- und Objektschutz europaweit tätig sei, und bot dort insbesondere auch Objekt- und Werkschutz, Personenschutz sowie Privatschutz an. Ein weiterführender Link unter der Bezeichnung „Personenschutz" öffnete eine Website mit näheren Angaben zum Personenschutz, wobei vor allem die Schulung des Personals und der Personenbegleitschutz hervorgehoben wurden. Die Homepage war ab 29. 7. 2004 nicht mehr aufrufbar. Mit Schreiben vom 31. 1. 2005 teilte der Zweitbeklagte dem Erstbeklagten mit, sein Arbeitsverhältnis zum 15. 2. 2005 zu kündigen.

Die Klägerin begehrt, den Beklagten aufzutragen, es im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs zu unterlassen, Dienstleistungen des Gewerbes des Berufsdetektivs anzukündigen und/oder anzubieten und/oder als Dienstleistung zu erbringen, ohne über die hierfür notwendige gewerberechtliche Bewilligung zu verfügen, insbesondere Ermittlungsdienste, Personenschutz und Privatschutz. Sie stellte weiters ein Begehren auf Ermächtigung zur Urteilsveröffentlichung.

Gegen den Erstbeklagten erging ein Versäumungsurteil. Der Zweitbeklagte beantragt die Abweisung des Klagebegehrens. Er hafte als gewerberechtlicher Geschäftsführer nicht für Wettbewerbsverstöße des Erstbeklagten. Auf den Inhalt der Website des Erstbeklagten könne er keinen Einfluss nehmen. Die Wiederholungsgefahr sei nach Löschung der Website weggefallen; nach Aufkündigung seiner Funktion als gewerberechtlicher Geschäftsführer fehle der Klägerin ein rechtliches Interesse.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren gegenüber dem Zweitbeklagten ab. Der Zweitbeklagte habe seine Geschäftsführertätigkeit im Unternehmen des Erstbeklagten mittlerweile beendet, weshalb die Wiederholungsgefahr weggefallen sei.

Das Berufungsgericht gab dem Unterlassungsbegehren mit abänderndem Teilurteil statt, hob das Ersturteil auf, soweit das Begehren auf Urteilsveröffentlichung abgewiesen wurde, und verwies die Rechtssache insoweit zur neuerlichen Entscheidung an das Erstgericht zurück; es sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands seiner abändernden Entscheidung 20.000 EUR übersteige und die ordentliche Revision nicht zulässig sei. Der Zweitbeklagte bestreite nicht mehr, als gewerberechtlicher Geschäftsführer nach § 18 UWG für wettbewerbswidriges Verhalten des Erstbeklagten - hier: Verstoß gegen § 366 GewO - zu haften. Er habe im Verfahren bestritten, wettbewerbswidrig gehandelt zu haben, und habe keinen Unterlassungsvergleich angeboten. Sein Kündigungsschreiben biete keine Gewähr, dass er später nicht wiederum ein gleichartiges Verhalten an den Tag legen werde. Die Wiederholungsgefahr bestehe somit weiterhin.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision des Zweitbeklagten ist zulässig, weil das Berufungsgericht von höchstgerichtlicher Rechtsprechung abgewichen ist; das Rechtsmittel ist auch berechtigt.

Der Zweitbeklagte macht geltend, die Haftung eines gewerberechtlichen Geschäftsführers sei auf die Einhaltung der Gewerbeordnung beschränkt; er hafte nur für Wettbewerbsverstöße, die er selbst begangen habe oder an denen er beteiligt gewesen sei.

1. Ob der Zweitbeklagte gem § 18 UWG für einen wettbewerbswidrigen Inhalt der Homepage des Erstbeklagten haftet, ist eine Rechtsfrage. Insoweit ist eine „Außerstreitstellung mangels Bestreitung", von der das Berufungsgericht offenbar ausgeht (S 11 zweiter Absatz des Berufungsurteils), nicht möglich.

2. Ein Geschäftsführer einer GmbH ist nicht Inhaber des Unternehmens; schon aus diesem Grund kann ihn die Unternehmerhaftung des § 18 UWG nicht treffen. Seine Haftung für Wettbewerbsverstöße der Gesellschaft ist nur dann zu bejahen, wenn er sie selbst begangen hat, wenn er daran beteiligt war oder wenn er - bei Begehung durch einen im Unternehmen tätigen Dritten - trotz Kenntnis oder fahrlässiger Unkenntnis des Verstoßes nicht dagegen eingeschritten ist (4 Ob 103/89 = ÖBl 1990, 123 - Gemeinschaftswerbung; 4 Ob 203/05i; RIS‑Justiz RS0079504).

Dass der Zweitbeklagte die beanstandete Werbung des Erstbeklagten veranlasst hätte oder sonst daran beteiligt gewesen wäre, behauptet die Klägerin nicht. Die Handlungen eines Dritten können dem Zweitbeklagten nur angelastet werden, wenn die behauptete Überschreitung der Befugnisse des Gewerbeinhabers in seinen Verantwortungsbereich fällt. Nur dann kann ihm vorgeworfen werden, trotz Kenntnis oder fahrlässiger Unkenntnis der beanstandeten Handlung nicht dagegen eingeschritten zu sein.

3. Der vom Gewerbeinhaber bestellte gewerberechtliche Geschäftsführer ist gemäß § 39 Abs 1 GewO dem Gewerbeinhaber gegenüber für die fachlich einwandfreie Ausübung des Gewerbes und der Behörde gegenüber für die Einhaltung der gewerberechtlichen Vorschriften verantwortlich. Seine Aufgabe ist es demnach (nur), auf die Einhaltung der gewerberechtlichen Vorschriften zu achten (RIS‑Justiz RS0049461). Sein Verantwortungsbereich ist dabei auf die gewerberechtlichen Vorschriften begrenzt, die die Ausübung des Gewerbes betreffen. Eine Überschreitung der Befugnisse des Gewerbeinhabers durch das Angebot und die Erbringung von Dienstleistungen, die eine weitere Gewerbeberechtigung voraussetzen, fällt nicht darunter. Sie hat mit der - durch den vom gewerberechtlichen Geschäftsführer zu erbringenden Befähigungsnachweis sichergestellten - fachlich einwandfreien Ausübung des Gewerbes nichts zu tun.

4. Entgegen der Auffassung der Klägerin geht es in diesem Zusammenhang nicht um die „fachlich einwandfreie Anpreisung des Gewerbes", sondern um das - behauptete - Angebot von Dienstleistungen, die von der Gewerbeberechtigung nicht gedeckt sind. Damit werden die von der Gewerbeberechtigung erfassten Dienstleistungen nicht unrichtig angeboten oder „angepreist", sondern es werden zusätzlich Dienstleistungen angeboten, die - wie die Klägerin geltend macht - nicht durch die bestehende Gewerbeberechtigung gedeckt sind und daher auch nicht in den Verantwortungsbereich des gewerberechtlichen Geschäftsführers fallen. Die von der Klägerin in diesem Zusammenhang erwähnte Strafbestimmung (§ 366 Abs 1 Z 1 GewO) erfasst das dem Zweitbeklagten vorgeworfene Verhalten nicht. Weder übt er selbst ein Gewerbe aus, ohne die erforderliche Gewerbeberechtigung erlangt zu haben, noch kann er dafür verantwortlich gemacht werden, dass der Gewerbeinhaber Dienstleistungen anbietet und erbringt, für die eine weitere Gewerbeberechtigung notwendig ist.

5. Der Revision ist Folge zu geben und das Unterlassungsbegehren - wenn auch mit anderer Begründung als durch das Erstgericht - abzuweisen.

6. Der Kostenvorbehalt beruht auf §§ 50 Abs 1, 52 Abs 1 ZPO.

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