OGH 6Ob195/06d

OGH6Ob195/06d9.11.2006

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Pimmer als Vorsitzenden und durch die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Schenk sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schramm, Dr. Gitschthaler und Univ. Doz. Dr. Kodek als weitere Richter in der Verlassenschaftssache des am 26. April 2004 verstorbenen Johann K***** sen über die außerordentlichen Revisionsrekurse der Verlassenschaft nach der am 3. September 2005 verstorbenen erbl. Witwe Rosa K*****, vertreten durch den Verlassenschaftskurator DDr. Karl Scholz, Rechtsanwalt, 8501 Lieboch,

Am Mühlbach Nr. 2, und der erbl. Söhne 1. Johann K***** jun, *****,

2. Anton K*****, beide vertreten durch Dr. Gerald Ruhri und Dr. Claudia Ruhri, Rechtsanwälte in Graz, gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz als Rekursgericht vom 20. Juni 2006, GZ 5 R 174/05b-117, den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentlichen Revisionsrekurse werden mangels der Voraussetzungen des § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen (§ 71 Abs 3 AußStrG).

Begründung

Rechtliche Beurteilung

1.1. Die Verlassenschaft nach der erbl. Witwe macht geltend, es fehle Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs

a) zur Frage, ob eine (längerfristige) Vermietung eines Objekts dazu führt, dass dieses Objekt nicht als Teil eines Erbhofs gemäß § 1 AnerbenG zu qualifizieren ist;

  1. b) zur Frage des angemessenen Erhaltungsbedarfs;
  2. c) zur Frage, ob bei Berechnung des Reinertrags des Erbhofs und bei Ermittlung des Übernahmspreises die Bestimmungen des Liegenschaftsbewertungsgesetzes zu berücksichtigen sind.

1.2. Die erbl. Söhne machen geltend,

a) sie seien in ihrem Recht auf Parteiengehör verletzt worden, weil eine Anhörung der Parteien im gerichtlichen Verlassenschaftsverfahren, in dem sie sich (auch) zu den Sachverständigengutachten hätten äußern können, nicht erfolgt ist;

b) das Rekursgericht habe zu Unrecht bestimmte Liegenschaften als erbhoffreies Vermögen festgestellt; es komme nicht darauf an, ob eine Liegenschaft für die künftige Bewirtschaftung zwingend notwendig ist, maßgeblich sei die Möglichkeit ihrer wirtschaftlichen Nutzung;

c) das Rekursgericht habe in unrichtiger Anwendung der Bestimmungen des Anerbengesetzes einen zu hohen Übernahmspreis festgesetzt.

2. Dem formell-rechtlichen Einwand (1.2.a) ist entgegen zu halten, dass gemäß Art XXXII § 10 AußStr-BegleitG hier noch das Anerbengesetz in seiner Fassung vor dem 1. 1. 2005 anzuwenden ist (vgl Fucik/Kloiber, AußStrG [2005] 640); der Erblasser ist am 26. 4. 2004 verstorben. § 10 Abs 1 AnerbenG idF AußStr-BegleitG ordnet nunmehr ausdrücklich die Durchführung einer (gerichtlichen) mündlichen Verhandlung vor Feststellung der Erbhofeigenschaft, Zuweisung des Erbhofs an den Anerben und Festsetzung des Übernahmspreises an. Die Materialien verweisen dazu auf die vergleichbare Situation im Verfahren über das Erbrecht. Eine solche Regelung kannte das Anerbengesetz vor dem 1. 1. 2005 nicht.

Der Gerichtskommissär hat sämtlichen Parteien sowohl die Gutachten der beiden Sachverständigen als auch deren Ergänzungen zugestellt. Er hat mit den Parteien am 7. 3. 2005 auch eine Verhandlung durchgeführt (ON 74). Der nunmehr im Revisionsrekursverfahren wiederholte Vorwurf, die Sachverständigen hätten nicht sämtliche ergänzend an sie gestellten Fragen beantwortet, war bereits Thema des Rekursverfahrens. Da dies allenfalls eine Mangelhaftigkeit des erstinstanzlichen Verfahrens begründen könnte, kann darauf im Revisionsrekursverfahren nicht mehr eingegangen werden; das Rekursgericht ist jedenfalls nicht von einer Mangelhaftigkeit ausgegangen (Seiten 14, 15 der Rekursentscheidung).

3. Im Zusammenhang mit der Vermietung von Liegenschaften (1.1.a) geht es um die Frage, wann eine an sich zum Erbhof gehörige Liegenschaft nicht mehr als objektiv landwirtschaftlich nutzbar angesehen werden kann und daher erbhoffreies Vermögen wird (s Eccher in Schwimann, ABGB³ III [2006] § 2 AnerbenG Rz 1). Die Verlassenschaft nach der erbl. Witwe meint, „Gericht und Sachverständige [seien] nicht darauf eingegangen, bei welcher Dauer der Vermietung davon gesprochen werden kann, dass das Objekt landwirtschaftlich nicht mehr genutzt werden kann und ist auch das zugrunde liegende Mietverhältnis nicht näher betrachtet worden". Weitergehende Ausführungen enthält der außerordentliche Revisionsrekurs jedoch nicht.

Soweit sich die Verlassenschaft nach der erbl. Witwe in diesem Zusammenhang gegen die Feststellung bestimmter Liegenschaften als erbhoffreies Vermögen wehrt, belässt sie es dabei auszuführen, diese „würden zum Zwecke der Landwirtschaft benötigt und bilden diese zu den anderen Grundstücken eine wirtschaftliche Einheit". Mit den (gegenteiligen) Feststellungen der Vorinstanzen oder den Sachverständigengutachten setzt sie sich nicht näher auseinander; im Übrigen übersteigt diese Frage an Bedeutung dieses Verfahren nicht.

4. Was die Verlassenschaft nach der erbl. Witwe im Zusammenhang mit dem angemessenen Erhaltungsbedarf im Sinne des § 1 AnerbenG (1.1.b) konkret geklärt haben will, lässt sich ihrem außerordentlichen Revisionsrekurs nicht entnehmen. Nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs ist er immer nach den örtlichen Verhältnissen zu ermitteln (6 Ob 108/64 = EvBl 1965/49); seine Ermittlung betrifft somit grundsätzlich den Einzelfall und kann (ebenfalls) keine erhebliche Rechtsfrage im Sinne des § 62 Abs 1 AußStrG begründen.

5. Zur Anwendung der Bestimmungen des Liegenschaftsbewertungsgesetzes (1.1.c) enthält der ordentliche Revisionsrekurs der Verlassenschaft nach der erbl. Witwe überhaupt keine näheren Ausführungen.

6. Der erbl. Sohn Johann wendet sich ebenfalls gegen die Feststellung bestimmter Liegenschaften als erbhoffreies Vermögen (1.2.b). Die Frage, ob hinsichtlich einzelner Liegenschaften die Voraussetzungen für die Erbhoffreiheit gegeben sind, stellt aber grundsätzlich keine erhebliche Rechtsfrage dar; jedenfalls werden im außerordentlichen Revisionsrekurs derartige Rechtsfragen nicht aufgezeigt.

7. Der erbl. Sohn Anton bekämpft die Festsetzung des Übernahmspreises hinsichtlich des Erbhofs „M*****" der Höhe (1.2.c); ein Wohlbestehen des Anerben sei nicht mehr gewährleistet. Auch diese Frage geht in ihrer Bedeutung über dieses Verfahren nicht hinaus.

Stichworte