OGH 11Os102/06v

OGH11Os102/06v24.10.2006

Der Oberste Gerichtshof hat am 24. Oktober 2006 durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Ebner als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Danek, Dr. Schwab, Dr. Lässig und Dr. Solé als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Bussek als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Roman W***** wegen des Verbrechens des schweren gewerbsmäßigen Betruges nach §§ 146, 147 Abs 3, 148 erster Fall StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Krems an der Donau als Schöffengericht vom 27. April 2006, GZ 16 Hv 8/06i-22, sowie seine Beschwerde gegen einen Beschluss gemäß § 494a Abs 1 Z 2, Abs 6 StPO nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung und die Beschwerde werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Roman W***** des Verbrechens des schweren gewerbsmäßigen Betruges nach §§ 146, 147 Abs 3, 148 erster Fall StGB schuldig erkannt.

Danach hat er mit dem Vorsatz, sich durch das Verhalten der Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern, und in der Absicht, sich durch die wiederkehrende Begehung eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, die nachangeführten Personen bzw Angestellte der Unternehmen durch Täuschung über Tatsachen, indem er sich als zahlungsfähiger und zahlungswilliger Kreditnehmer, Kunde oder Fernsprechteilnehmer ausgab und seine bereits bestehende Zahlungsunfähigkeit verschwieg, zur Ausfolgung von Waren oder zur Erbringung von Leistungen verleitet, was diese oder deren Auftraggeber in einem 50.000 Euro übersteigenden Betrag von ungefähr 89.300 Euro am Vermögen schädigte, und zwar:

1.) am 16. Jänner und 25. Jänner 2001 in Weitra Franz B***** zur Gewährung von zwei Darlehen in der Höhe von zusammen 68.000 ATS (= 4.941,72 Euro), auch durch die weitere Zusage, er werde demnächst aus einem (von ihm tatsächlich nicht abgeschlossenen) Bausparvertrag viel Geld erhalten und anstandslos (bis April 2001) Rückzahlung leisten;

2.) am 27. Juli 2001 in St. Martin Manfred O***** zu Leistungen im Rahmen dessen Partnervermittlung „P*****" um den Betrag von 34.899,70 ATS (= 2.536,36 Euro);

3.) am 31. Juli 2001 in Weitra Angestellte des R***** zur Erbringung einer Autoreparatur im Wert von 32.664,06 ATS (= 2.373,79 Euro);

4.) in der Zeit von 6. April 2001 bis April 2002 in Weitra und Gmünd Angestellte der W***** zur Umschuldung eines Kredites in der Höhe von 244.000 ATS und zur Gewährung eines Barkredites von 44.000 ATS, wobei er durch weitere (US 10) Bankomatbehebungen sein Gehaltskonto, von dem die Rückzahlungen geleistet werden sollten, in den Minusbereich brachte, Schaden 68.493,06 Euro;

5.) im Laufe des Jahres 2002 in Weitra Angestellte der P***** zur Gewährung von Überziehungskrediten in der Höhe von 3.744,95 Euro;

6.) in der Zeit von 7. Dezember 2001 bis 16. April 2002 in St. Martin Angestellte der M***** Inc. zur Lieferung eines Notebooks und einer Digitalkamera, wofür er lediglich eine Teilzahlung von 181 Euro leistete, Schaden 3.357,85 Euro;

7.) in der Zeit von 20. Dezember 2001 bis Mai 2002 in St. Martin Angestellte der T***** GesmbH zur Ermöglichung von Telephongesprächen im Werte von 440,43 Euro;

8.) in der Zeit von 18. November 2002 bis März 2003 in St. Martin Angestellte der M***** zur Ermöglichung von Telephongesprächen im Werte von 1.440,79 Euro;

9.) am 20. Februar 2003 Angestellte von D***** zur Lieferung von Bremsenteilen für einen PKW der Marke Fiat im Wert von 229,99 Euro;

10.) in Schrems Angestellte von Gerhard M***** zur Durchführung von Kraftfahrzeugreparaturen, und zwar

  1. a) am 21. Juni 2004 um 87,88 Euro
  2. b) am 27. Juni 2004 um 269,08 Euro
  3. c) am 30. Juni 2004 um 1.372,89 Euro und

    11.) am 25. Oktober 2003 in Schrems Angestellte des zu 10.) genannten Unternehmens zum Abschluss eines Mietvertrages über einen PKW im Werte von 22 Euro;

    Gesamtschaden Punkte 10 und 11 1.751,65 Euro.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen vom Angeklagten aus Z 5, 8, 9 (lit) a und 10 des § 281 Abs 1 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde ist nicht berechtigt. Von der Mängelrüge (Z 5) behauptete Unvollständigkeiten der Entscheidungsgründe (Fakten 9 und 10) und unzureichende Begründungen (Fakten 2 und 8) liegen nicht vor:

Die Verneinung der Frage „Wurden Sie von oa Personen durch Vorspiegelung falscher Tatsachen in Irrtum geführt, wodurch Sie Leistungen erbrachten, die Sie in Kenntnis der wahren Umständen nicht erbracht hätten?" im Rahmen formularunterstützter sicherheitsbehördlicher Erhebungen (S 179) erfolgte nicht durch Organe der geschädigten Gesellschaft, sondern durch ein bei der Betrugshandlung nicht involviertes Inkassoinstitut (S 181) - deshalb musste das Erstgericht im Zusammenhang mit Faktum 9 über seine Ausführungen US 22 f hinaus dieses Beweisergebnis nicht gesondert erwägen.

Dem Beschwerdestandpunkt entgegen geht zum Faktum 10 aus der Aussage des Zeugen M***** „Dann war noch eine Rechnung vom 1. 7. 2004, die lautet auf Roman W*****. Da haben wir bei der E***** eine Reparaturvereinbarung eingeholt. Da gibt es eine Freigabe von der E*****, da dürfte er, nehme ich an, versichert sein. Das war ein Marderschaden, da geht die Rechnung an den Roman W*****. Die Rechnung wurde dann auch von der Leasing nicht bezahlt, das kann verschiedene Gründe haben, weil zum Beispiel dort ein Rückstand ist, es steht auch drauf, Kopie an Herrn W*****, Herr W***** nicht erreichbar." (S 305) keineswegs „eindeutig hervor", dass die E***** ursprünglich die Zahlung zugesichert hat. Diese nachträgliche Hypothese macht die zitierte Aussagepassage nicht erörterungsbedürftig im Sinne von § 270 Abs 2 Z 5 StPO, zumal der Angeklagte selbst im unmittelbaren Anschluss an den Zeugen einräumte, dass er als Kunde für eine Zahlung - allenfalls über eine Versicherung - zu sorgen gehabt hätte (S 305). Welche konkreten Leistungen als Folge des durch Täuschung erlangten Vertrages mit einem Partnervermittlungsinstitut (Faktum 2) tatsächlich erbracht wurden, betrifft keine für die Schuld- und Subsumtionsfrage notwendige, sohin im Sinne von § 270 Abs 2 Z 4, Z 5 StPO iVm § 281 Abs 1 Z 5 StPO entscheidende Tatsache. Dass die Tatrichter solche im Ergebnis schädigende Vermögensverfügungen annahmen, ergibt sich aus US 2, 10 und 19 - was die überdies erhobene Behauptung eines Rechtsfehlers mangels Feststellungen (Z 9 lit a) übergeht - und wurde dies ohne Verstoß gegen das Willkürverbot auf die Angaben des Geschädigten (US 19 iVm S 51 bis 55) gegründet. Der Vorwurf, die Begründung (US 22) der Feststellungen zu Faktum 8 (US 13) bestünde lediglich in deren Wiederholung, vernachlässigt die eingehenden Überlegungen dazu in der zweiten Hälfte von US 22, deren Schlüssigkeit der Nichtigkeitswerber gar nicht bestreitet. Im Zusammenhang mit den Fakten 7 und 8 trifft das Erstgericht illustrative Feststellungen zu einem zusätzlichen Vertrag mit einem weiteren Telekommunikationsanbieter (US 13) - da dies zu keinem Schuldspruch (§ 260 Abs 1 Z 2 StPO) für diesen Lebenssachverhalt führte (vgl US 3), fehlt der Rüge aus Z 8 von vornherein der Bezugspunkt (vgl Ratz, WK-StPO § 281 Rz 502 f).

Die Rechtsrüge (Z 9 lit a) wirft dem Ersturteil mangelnde Feststellungen zum Vorsatz des Beschwerdeführers vor, durch Täuschung über Tatsachen bei den Getäuschten der Fakten 2, 6 und 8 einen Irrtum hervorzurufen, übergeht dabei aber die im Urteil dargestellte Überzeugung der Erstrichter, dass der Angeklagte seine Geschäftspartner vorsätzlich täuschte, um sich durch deren Handlungen unrechtmäßig zu bereichern (US 17).

Ebenso wenig am Urteil in seiner Gesamtheit orientiert sich der als materiellrechtliche Nichtigkeit vorgetragene Einwand, es mangle den Fakten 5, 6, 7, 8, 10 und 11 an Feststellungen bezüglich des durch die Täuschung bedingten Irrtums der Getäuschten sowie deren dadurch bedingte Vermögensverfügung, weil sie den zur Verdeutlichung der faktenweise getroffenen Feststellungen (US 11 bis 16) heranzuziehenden (Fabrizy StPO9 § 281 Rz 2; WK-StPO § 281 Rz 271;

RIS-Justiz RS0114639; 13 Os 39/02; 12 Os 90/05k uva) Urteilsspruch

(US 2, 3) „durch Täuschung über ... zur Ausfolgung von Waren ...

Erbringung von Leistungen ... verleitet ..." außer Acht lässt und

sich somit meritorischer Erwiderung entzieht.

Die Subsumtionsrüge (Z 10) leitet mit der Behauptung des Fehlens von Feststellungen zur subjektiven Tatseite hinsichtlich eines 50.000 Euro übersteigenden Gesamtschadens - und ohne einzelne Schuldspruchfakten anzugreifen - nicht aus dem Gesetz (§ 29 StGB) ab, aus welchem Grund die die Annahme der Qualifikation nach § 128 Abs 2 StGB auslösende Summe der Wert- oder Schadensbeträge aus allen Einzeltaten derselben Art vom Vorsatz des Täters umfasst sein müsse. Zu einer Maßnahme nach § 290 Abs 1 StPO bestand in diesem Zusammenhang kein Anlass, weil die Zusammenrechnungsregel des § 29 StGB nicht den Schuldspruch, sondern nur den Strafrahmen betrifft und an der rechtlichen Selbständigkeit der einzelnen Taten nichts ändert (vgl Ratz in WK² § 29 Rz 7; Kienapfel/Schmoller Studienbuch BT II § 127 RN 203; 14 Os 65/99 = EvBl 2000/38, 156 = JBl 2000, 262). Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits nach nichtöffentlicher Beratung zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Zuständigkeit des Gerichtshofes zweiter Instanz zur Erledigung der unter einem erhobenen Berufung und der dadurch implizierten Beschwerde folgt (§§ 285i, 498 Abs 3 Satz 3, Satz 4 StPO).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

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