Spruch:
Der außerordentliche Revisionsrekurs wird gemäß §§ 78, 402 EO iVm § 526 Abs 2 Satz 1 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 528a iVm § 510 Abs 3 ZPO).
Text
Begründung
Bescheinigt ist, dass die Klägerin als Berechtigte die prioritätsältere Domain „tirol.com" als Firmenschlagwort und als Internetportal mit dem Angebot aktueller Nachrichten und sonstiger Beiträge nach Art eines Magazins (Freizeitgestaltung, Unterhaltung, Wetter, Verkehr, Anzeigenmärkte für Immobilien, Kraftfahrzeuge, Stellenmarkt uä) unter Verwendung der Subdomains immo.tirol.com, motor.tirol.com, basar.tirol.com und jobs.tirol.com benützt. Sie bezieht Einnahmen aus der Vermarktung von Werbebannern für ihr Internetportal, das 1999 bereits rund 500.000 Zugriffe pro Monat erzielte. Mittlerweile hat sich die Zahl der Zugriffe fast verdoppelt. Der Beklagte betreibt seit 1999 unter „tirolcom.at" eine Erotikplattform im Internet mit vorwiegend pornografischem und sexuellem Inhalt. Die Startseite enthält den - erst nach Verschieben des Bildfensters nach unten sichtbar werdenden - Hinweis, dass diese Seite nicht von Tirol online betreiben wird und keinen offiziellen Charakter hat; auch ist dort die von der Klägerin benützte Domain angeführt.
Das Rekursgericht hat dem Beklagten untersagt, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs eine der Internetadresse „www.tirol.com " ähnliche Domain, insbesondere „www.tirolcom.at ", zu verwenden oder zu belegen und verwenden zu lassen. Trotz unterschiedlicher Inhalte der Internetauftritte der Streitteile bestehe wegen der nahezu gleichen Domainnamen Verwechslungsgefahr. Dem Beklagten sei die unlautere Absicht bei der Auswahl seiner Domain zu unterstellen, den hohen Bekanntheitsgrad des Webportals der Klägerin für eigene Zwecke auszunutzen, zumal jeder Zusammenhang zwischen dem Zeichenbestandteil „tirol" und den von der Beklagten angebotenen Inhalten fehle. Diese Entscheidung hält sich im Rahmen der Rechtsprechung des Senats zu § 1 UWG im Zusammenhang mit Kennzeichenstreitigkeiten.
Rechtliche Beurteilung
Bei Fehlen eines besonderen Tatbestandsmerkmals des § 9 UWG kann auf die Generalklausel des § 1 UWG zurückgegriffen werden, wenn die Zeichenverletzung eine sittenwidrige Handlung zu Zwecken des Wettbewerbs ist (4 Ob 126/01k = ÖBl 2002, 20 - Das blaue Rohr mwN). Allerdings ist für die Bejahung eines Verstoßes gegen die guten Sitten in Fällen, in denen die Verkehrsgeltung als Voraussetzung des kennzeichenrechtlichen Schutzes fehlt, Zurückhaltung geboten. § 1 UWG darf nicht dazu dienen, die Grenzen des kraft Verkehrsgeltung gewährten kennzeichenrechtlichen Schutzes ohne weiteres zu unterlaufen (RIS-Justiz RS0114532). Der ergänzende wettbewerbsrechtliche Schutz des § 1 UWG kommt daher nur dann in Betracht, wenn im Einzelfall zusätzliche Umstände hinzutreten, die die Annäherung an die fremde Kennzeichnung als eine unlautere Werbemaßnahme erscheinen lassen. Dies ist dann der Fall, wenn die Kennzeichnung in den beteiligten Verkehrskreisen in gewissem Umfang bekannt geworden und ihrer Natur nach geeignet ist, über die Benutzung als betriebliches Herkunftszeichen zu wirken und überdies die Anlehnung an eine solche Kennzeichnung ohne hinreichenden Grund in der verwerflichen Absicht vorgenommen wurde, Verwechslungen herbeizuführen oder den Ruf des anderen wettbewerbshindernd zu beeinträchtigen oder auszunutzen (4 Ob 126/01k = ÖBl 2002, 20 - Das blaue Rohr mwN).
Das Rekursgericht hat den ihm offenstehenden Ermessensspielraum nicht überschritten, wenn es dem Firmenschlagwort der Klägerin auf Grund der hohen monatlichen Zugriffszahlen eine gesteigerte Bekanntheit zugebilligt und aus dem Fehlen einer nachvollziehbaren Begründung für die vom Beklagten gewählte Domain auf dessen unlautere Absicht geschlossen hat, den Bekanntheitsgrad des älteren Kennzeichens durch die Wahl eines ähnlichen Zeichens für eigene Zwecke auszunutzen.
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