OGH 11Os65/06b

OGH11Os65/06b19.9.2006

Der Oberste Gerichtshof hat am 19. September 2006 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Mayrhofer als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Ebner, Dr. Danek, Dr. Schwab und Dr. Lässig als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Bussek als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Reinhard W***** wegen des Verbrechens des gewerbsmäßig schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs 3, 148 zweiter Fall StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Graz als Schöffengericht vom 24. November 2005, GZ 9 Hv 180/05z-13, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Aus deren Anlass wird das angefochtene Urteil, welches im Übrigen unberührt bleibt, in der rechtlichen Unterstellung der Taten auch unter § 148 zweiter Fall StGB und demgemäß im Strafausspruch aufgehoben und es wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung im Umfang der Aufhebung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Mit seiner Berufung wird der Angeklagte, dem auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last fallen, auf diese Entscheidung verwiesen.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Reinhard W***** des Verbrechens des gewerbsmäßig schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs 3, 148 zweiter Fall StGB schuldig erkannt.

Danach hat er vom 12. Juli 2002 bis 1. März 2005 in Hitzendorf mit dem Vorsatz, sich durch das Verhalten der Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern und in der Absicht, sich durch wiederkehrende Begehung von Betrügereien eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, Erik und Gertrud P***** durch die wahrheitswidrige Behauptung, testamentarischer Alleinerbe nach der angeblich im Jahr 2002 verstorbenen Susanne S***** zu sein und die geliehenen Gelder nach Ablauf des Verfahrens zurückzuzahlen, mithin durch Täuschung über Tatsachen zur Ausfolgung von Darlehensbeträgen von insgesamt 75.453 EUR, sohin zu einer Handlung verleitet, die diese an ihrem Vermögen in einem 50.000 EUR übersteigenden Betrag schädigten. Der gegen diesen Schuldspruch aus § 281 Abs 1 Z 4 StPO erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten kommt keine Berechtigung zu.

Rechtliche Beurteilung

Die Kritik an der Ablehnung des Antrags auf Vernehmung der Zeugen Anna G*****, Rudolf H***** und Karin H***** übersieht zum einen die fehlende Entscheidungserheblichkeit der durch diese Zeugen unter Beweis zu stellenden Umstände, zum anderen aber, worauf das Erstgericht zutreffend hinwies, die mangelnde Beweistauglichkeit. Denn inwieweit durch die beantragten Zeugen der Nachweis gelingen könnte, dass der Beschwerdeführer mit Gertrud P***** deren Aussage zuwider ein intimes Verhältnis unterhielt, wurde nicht dargetan, sodass der solcherart nur auf einen - unzulässigen - Erkundungsbeweis hinauslaufende Beweisantrag zu Recht abgewiesen wurde. Davon abgesehen ist nicht ersichtlich, weshalb bei Bestehen eines solchen Verhältnisses die Angaben der Zeugin P***** (und ihres Sohnes) über die Täuschungshandlungen des Angeklagten, das Ausmaß der ihm ausgefolgten Geldbeträge und sein Rückzahlungsversprechen an Glaubwürdigkeit einbüßen sollten. Soweit die Zeugen aber auch zum Beweis dafür geführt wurden, dass der Beschwerdeführer eine Substandardwohnung bewohnte und hiefür nur 218 EUR Monatsmiete bezahlte, weshalb die in der Aufstellung IV angeführten Beträge nicht der Realität entsprechen (S 133), ist der Beschwerde die Aussage der Zeugin P***** entgegenzuhalten, wonach sie wusste, dass der Angeklagte eine geringere Miete als sie selbst (336 EUR) zu bezahlen hatte und in den in der in Rede stehenden Aufstellung unter der Position Miete angeführten Beträgen von jeweils 500 EUR/Monat neben dem Betrag, der zur Finanzierung der Miete erforderlich war, auch Geldmittel erfasst sind, welche dem Angeklagten zur Bestreitung seiner Lebenshaltungskosten zusätzlich geliehen wurden (S 119). Die begehrte Beweisaufnahme konnte daher ohne Nachteil für den Angeklagten unterbleiben.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits in nichtöffentlicher Beratung als offenbar unbegründet zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO). Bei Prüfung der Akten aus Anlass der Nichtigkeitsbeschwerde konnte sich der Oberste Gerichtshof allerdings davon überzeugen, dass dem Urteil in seinem Qualifikationsausspruch nach § 148 zweiter Fall StGB eine vom Angeklagten nicht gerügte, gemäß § 290 StPO von Amts wegen wahrzunehmende Nichtigkeit iSd § 281 Abs 1 Z 10 StPO anhaftet. Dem Urteilsspruch zufolge wurde Reinhard W***** schuldig erkannt, durch die im Spruch angeführten Taten (§ 260 Abs 1 Z 1 StPO) das Verbrechen des gewerbsmäßigen schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs 3, 148 zweiter Fall StGB begangen zu haben (§ 260 Abs 1 Z 2 StPO). Ein Vergleich dieser Subsumtion mit den Feststellungen in den Entscheidungsgründen zeigt, dass die im Spruch als begründet angesehene Qualifikation in den Gründen keine Deckung findet. Denn dass der Angeklagte in der nach § 148 zweiter Fall erforderlichen Absicht gehandelt hätte, sich durch die wiederkehrende Begehung schwerer Betrugshandlungen eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, lässt sich den Urteilskonstatierungen nicht entnehmen. Insoweit folgerichtig findet sich die für die Qualifikationsannahme nach § 148 zweiter Fall StGB nötige Feststellung auch nicht in jenem Erkenntnisteil des Spruches (§ 260 Abs 1 Z 1 StPO), in welchem lediglich das Ergebnis der in den Entscheidungsgründen zum Ausdruck kommenden Entscheidungsfindung resumierend wiedergegeben wird (vgl Ratz, WK-StPO § 281 Rz 265 ff). Dass damit die Aussprüche nach § 260 Abs 1 Z 1 und 2 StPO nicht übereinstimmen, ist zwar unbeachtlich (WK-StPO § 281 Rz 274), hingegen bewirkt die in Ansehung der Qualifikation nach § 148 zweiter Fall StGB mangelnde Kongruenz zwischen dem Ausspruch des Urteilstenors und den Feststellungen in den Entscheidungsgründen die Unrichtigkeit der rechtlichen Beurteilung wegen fehlender Feststellungen und damit materielle Nichtigkeit des Qualifikationsausspruches in der Bedeutung des § 281 Abs 1 Z 10 StPO.

Gemäß § 290 StPO war daher das Urteil im Ausspruch über die Qualifikation nach § 148 zweiter Fall StGB und demzufolge auch im Strafausspruch aufzuheben und im Umfang der Aufhebung die Verfahrenserneuerung anzuordnen.

Mit seiner Berufung war der Angeklagte auf die kassatorische Entscheidung zu verweisen.

Die Kostenentscheidung ist in § 390a Abs 1 StPO begründet.

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