OGH 11Os66/06z

OGH11Os66/06z19.9.2006

Der Oberste Gerichtshof hat am 19. September 2006 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Mayrhofer als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Ebner, Dr. Danek, Dr. Schwab und Dr. Lässig als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Bussek als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Randy K***** wegen des Verbrechens des gewerbsmäßig schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs 3, 148 zweiter Fall StGB und einer anderen strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 23. März 2006, GZ 52 Hv 60/05f-342, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Randy K***** von der wider ihn erhobenen Anklage, er habe in Wien, Ungarn, Rumänien und Bulgarien

I. im arbeitsteiligen Zusammenwirken mit zum Großteil flüchtigen Mittätern mit dem Vorsatz, durch das Verhalten der Getäuschten sich oder Dritte unrechtmäßig zu bereichern, im Urteil namentlich genannte Personen durch Täuschung über Tatsachen, nämlich das Vorhandensein einer den Börsegang anstrebenden Gesellschaft S***** und das Vorhandensein des Willens der Unternehmer, die Investitionen der Getäuschten der Gesellschaft zufließen zu lassen, sowie Anlagezertifikate für S***** auszustellen und diese in der Folge in werthaltige Aktien umzutauschen und jährlich Rendite zu bezahlen, zu Handlungen, nämlich Überweisung von Geldbeträgen in jeweils 3.000 Euro übersteigender Höhe als Investition verleitet, die diese in einem insgesamt 50.000 Euro übersteigenden Betrag am Vermögen schädigten, wobei er die schweren Betrugshandlungen in der Absicht beging, sich durch deren wiederkehrende Begehung eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen,

II. sich in der Zeit von 2002 bis März 2004 an einer kriminellen Vereinigung im Urteil namentlich angeführter sowie noch auszuforschender Mittäter, welche auf längere Zeit angelegte internationale Anlagebetrügereien, somit nicht nur geringfügige Betrügereien, begingen, als Mitglied beteiligt, indem er sich um den Fluss der Finanzen und die Bereitstellung der Infrastruktur kümmerte und an den in Punkt I genannten Betrügereien arbeitsteilig mitwirkte, gemäß § 259 Z 3 (zu einem Faktum der Gruppe I nach Z 2) StPO freigesprochen.

Die gegen den Freispruch gemäß Z 3 des § 259 StPO erhobene Mängelrüge (§ 281 Abs 1 Z 5 StPO) der Staatsanwaltschaft geht fehl.

Rechtliche Beurteilung

Die aus Z 5 vierter Fall erhobene Behauptung, die Aussage der Zeugin Mag. Sabine F***** (S 481 ff/XVIII) sei nicht Gegenstand der Hauptverhandlung geworden und deren Verwertung im Urteil daher unzulässig gewesen, weil die Genannte nach einer im Zuge der Vernehmung erfolgten Belehrung gemäß § 152 Abs 1 Z 1 StPO eine - weitere - Aussage verweigerte (S 519/XVIII), verkennt die Reichweite des § 152 Abs 5 StPO. Die erst im Zuge einer bis dahin formell korrekt geführten Zeugenvernehmung abgegebene Entschlagungserklärung nach § 152 Abs 1 StPO steht der prozessordnungsgemäßen Berücksichtigung der bis dahin erfolgten Aussage durch die Tatrichter nicht entgegen (14 Os 94/02 = EvBl 2003/73, 306; RIS-Justiz RS0117192). Da im Urteil zu entscheidenden Tatsachen nur Bezüge auf die gemäß § 258 Abs 1 erster Satz StPO verwertbare Aussage der Zeugin ersichtlich sind (US 11, 14 f, 17, 22 f, 28 ff), liegt die geltend gemachte Nichtigkeit nicht vor.

Zur monierten Unvollständigkeit (Z 5 zweiter Fall) ist vorweg zu bemerken, dass einem Rechtsmittelwerber die erforderliche Beschwer fehlt, wenn ein in abstracto erhebliches Beweismittel unerörtert bleibt, das allein jedoch die für den Prozessstandpunkt des Beschwerdeführers günstigeren entscheidenden Tatsachen (in ihrer notwendigen Gesamtheit) herbeizuführen nicht geeignet ist (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 78, 424).

Den Umstand, dass der Angeklagte sein Wissen um das „Fehlen" von 32 Mio USD (die durch frühere, teilweise neuerlich dafür vorgesehene und deshalb beworbene Investoren aufgebracht worden waren) eingestanden hatte (S 379/XVIII), sieht die öffentliche Anklägerin als erheblich für den Schluss der Tatrichter im Zusammenhang mit der subjektiven Tatseite des Angeklagten - ob dieser nämlich (trotzdem) noch an einen Börsegang glauben konnte. Dabei lässt sie jedoch außer Acht, dass - unbekämpft - das Erstgericht schon den objektiven Tatbestand des angeklagten qualifizierten Betruges als nicht erwiesen ansah: Die vertriebenen Wertpapiere zielten auf den (letztlich erfolgten: US 20) Erwerb von Anteilen an der S***** ab, wobei auf die Hochrisikoveranlagung (keinerlei Gewinngarantie, Möglichkeit des Verlustes des Gesamtkapitals) hingewiesen wurde, sohin keine Täuschungen und damit kausal verknüpfte, irrtumsbedingte Vermögungsverfügungen vorlagen, insbesondere nicht über das Vorhandensein einer den Börsegang anstrebenden Gesellschaft (US 16 bis 20). Die Rechtsmittelwerberin versäumt darzulegen, dass das in Rede stehende Verfahrensergebnis (auch) die gesamte äußere Tatseite beeinflussen hätte können.

Die Nichtigkeitsbeschwerde - der es im Übrigen an jeglichem Vorbringen zum Freispruch von der Beteiligung an einer kriminellen Vereinigung mangelt, weshalb auf das gänzliche Urteilsaufhebung anstrebende Rechtsmittel in diesem Umfang keine Rücksicht genommen werden konnte (§ 285 Abs 1 StPO) - war daher - in Übereinstimmung mit dem Croquis der Generalprokuratur - bereits nach nichtöffentlicher Beratung zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 Z 2 StPO).

Stichworte