OGH 7Nc17/06v

OGH7Nc17/06v4.9.2006

Der Oberste Gerichtshof hat durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofes Dr. Huber als Vorsitzende und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Danzl und Dr. Hoch als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Franz B*****, vertreten durch Vogl Rechtsanwalt GmbH in Feldkirch, gegen die beklagte Partei B*****-Aktiengesellschaft, *****, vertreten durch Siemer - Siegl - Füreder & Partner Rechtsanwälte in Wien, wegen EUR 19.612,91 sA, über den Delegierungsantrag der klagenden Partei den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Zur Verhandlung und Entscheidung dieser Rechtssache wird anstelle des Handelsgerichtes Wien das Landesgericht Innsbruck bestimmt.

Text

Begründung

Mit der beim Handelsgericht Wien eingebrachten Deckungsklage begehrt der in 6233 Kramsach wohnhafte Kläger vom beklagten Haushaltsversicherer mit Sitz in Wien restliche EUR 19.612,91 sA aus einem Leitungswasserschaden.

Die Beklagte beantragte Klagsabweisung. Sie bestritt Grund und Höhe der Klageforderung, wendete Verjährung ein und berief sich auf die Vernehmung von zwei im Sprengel des Landesgerichtes Innsbruck wohnhafte Zeugen (ON 6).

Seinen Delegierungsantrag hat der Kläger, dessen Parteienvernehmung ebenfalls beantragt ist, damit begründet, dass sich sowohl das streitgegenständliche Objekt und sämtliche Sachverständige, die bisher in dieser Angelegenheit tätig gewesen seien, als auch sein Wohnsitz und die Wohnsitze sämtlicher von ihm beantragter Zeugen im Sprengel des Landesgerichtes Innsbruck befänden.

Dies wird von der Beklagten nicht bestritten. Sie spricht sich jedoch gegen die Delegierung aus, weil sich der Kläger das Handelsgericht Wien „ausgesucht" habe, obwohl es ihm nach dem Versicherungsvertrag und dem Gesetz möglich gewesen wäre, auf ein anderes Gericht zuzugreifen. Nach dieser Wahl unter mehreren Gerichtsständen bleibe für eine Delegation kein Raum. Außerdem seien die vom Kläger geltend gemachten Delegierungsgründe nicht „plausibel".

Das Handelsgericht Wien sprach sich für die Delegierung aus Zweckmäßigkeitsgründen nach § 31 JN aus. Im Hinblick darauf, dass die Parteien selbst den Gerichtsstand Innsbruck vereinbart hätten (AGB der Beklagten Beilage ./B) und auch die von der Beklagten beantragten Zeugen im Sprengel des Landesgerichtes Innsbruck wohnten, werde die Übertragung der Zuständigkeit befürwortet.

Der Delegierungsantrag ist berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Eine Delegierung nach § 31 JN kommt nur in Betracht, wenn klare und überwiegende Zweckmäßigkeitsgründe dafür sprechen (Ballon in Fasching² I § 31 JN Rz 6). Kann die Zweckmäßigkeit nicht eindeutig zu Gunsten aller Parteien beantwortet werden und widerspricht eine der Parteien der Delegierung, so ist der widersprechenden Partei in der Regel der Vorzug zu geben. Eine Delegierung an ein anderes Gericht soll nämlich grundsätzlich die Ausnahme bilden. Eine großzügige Anwendung der Delegierungsbestimmungen würde sonst im Ergebnis zu einer unvertretbaren Lockerung der gesetzlichen Zuständigkeitsordnung führen (RIS-Justiz RS0046324; RS0046441; RS0046589). Die Zweckmäßigkeit ist nach den Gesichtspunkten der Verfahrensbeschleunigung, Kostenverringerung und Erleichterung des Gerichtszuganges für die Beteiligten sowie der Amtstätigkeit zu beurteilen (RIS-Justiz RS0046333; 7 Nc 7/06y mwN).

Die Delegierung ist zweckmäßig, wenn die Zuständigkeitsübertragung an das andere Gericht zu einer wesentlichen Verkürzung des Prozesses, zur Erleichterung des Gerichtszuganges und der Amtstätigkeit oder zu einer wesentlichen Verbilligung der Rechtssache beitragen kann (RIS-Justiz RS0053169). Sie soll zwar - wie bereits ausgeführt - nur den Ausnahmefall darstellen und keinesfalls soll durch eine großzügige Handhabung der Delegierungsmöglichkeiten eine faktische Durchbrechung der gesetzlichen Zuständigkeitsordnung hervorgerufen werden. Hier erscheint eine Delegierung an das Landesgericht Innsbruck aber schon in Anbetracht der im Sprengel dieses Gerichts liegenden Wohnsitze sämtlicher (bisher) namhaft gemachter Zeugen (also auch jener, die von der Beklagten beantragt wurden) und des Klägers zweckmäßig (RIS-Justiz RS0046540; 7 Nc 11/06m). Das zieht auch die Beklagte nicht in Zweifel; gesteht sie doch ausdrücklich zu, der Kläger habe „offensichtlich nunmehr erkannt", dass seine [Gerichtsstands-]Wahl „nicht optimal" gewesen sei. Weshalb die Delegierung nicht stattfinden sollte, obwohl deren Zweckmäßigkeit zu Gunsten aller Parteien eindeutig zu bejahen ist, vermag die Beklagte nicht aufzuzeigen.

Dem Delegierungsantrag ist daher stattzugeben.

Stichworte