Spruch:
Der außerordentliche Revisionsrekurs der Antragstellerin wird mangels der Voraussetzungen des § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen (§ 71 Abs 3 AußStrG).
Text
Begründung
Die Parteien haben am 31. 12. 1987 die Ehe geschlossen und zuvor am 17. 12. 1987 einen Notariatsakt abgeschlossen, wonach „jeder Teil (...) gegenüber dem anderen auf die Aufteilung der von jedem während der Ehe angesammelten Ersparnisse (verzichtet)". Die Vorinstanzen haben diese Vereinbarung als wirksam und das von der antragstellenden Frau aus der Aufteilung der ehelichen Ersparnisse abgeleitete Begehren auf Ausgleichszahlung für unberechtigt erkannt.
Rechtliche Beurteilung
Der außerordentliche Revisionsrekurs der Antragstellerin ist mangels Vorliegens der Voraussetzungen des § 62 Abs 1 AußStrG nF unzulässig:
1. Nach § 97 Abs 1 2. Satz EheG bedürfen Verträge, die die Aufteilung ehelicher Ersparnisse im voraus regeln, zu ihrer Rechtswirksamkeit der Form eines Notariatsakts. Ehegatten können also schon vor dem Zeitpunkt, in dem der eherechtliche Aufteilungsanspruch entsteht, vereinbaren, wie im Fall einer Auflösung ihrer Ehe durch gerichtliche Entscheidung das seinerzeit vorhandene, als eheliche Ersparnisse zu wertende Vermögen unter ihnen aufzuteilen sein werde. Wird dabei die besondere Formvorschrift eingehalten und fehlt es auch an inneren Mängeln, dann kommt einer solchen rechtsgeschäftlichen Regelung
unmittelbare Wirksamkeit zu (6 Ob 688/79 = SZ 52/129; 6 Ob 137/99m =
SZ 73/59 = EF 94.035 = EF 94.029; RIS-Justiz RS0057614).
2. Soweit die Antragstellerin geltend macht, sie habe den Notariatsakt in einer Zwangslage unterfertigt, weil sie zuvor zum Judentum übergetreten sei, ihr keine Überlegungsfrist eingeräumt und der Inhalt der Vereinbarung nicht mit ihr besprochen worden sei, geht sie - unzulässig - nicht vom festgestellt Sachverhalt aus oder zeigt keine bestandene Zwangslage auf. Nach den erstgerichtlichen Feststellungen war der Antragstellerin nämlich bewusst, dass die Vereinbarung die vermögensrechtlichen Folgen zwischen den Ehegatten regelt und sie dadurch auf einige gesetzlich vorgesehenen vermögensrechtlichen Folgen der Eheschließung verzichtet bzw diese abweichend geregelt werden.
3. Für das von der Antragstellerin gestützt auf eine Zwangslage, auf allgemeine Rechtsgrundsätze des Eherechts und anerkannte Normen der Moral behauptete Vorliegen der Voraussetzungen des § 879 ABGB ist der Zeitpunkt des Vertragsabschlusses maßgeblich (RIS-Justiz RS0017936); eine nachträgliche Änderung der Umstände kann keine Nichtigkeit begründen (RIS-Justiz RS0017936 [T1]), weshalb es auch nicht darauf ankommen kann, wozu der Antragsgegner seine Ersparnisse später verwendet hat. Bei Abschluss des Notariatsakts waren beide Parteien berufstätig und es hatte demnach jeder von ihnen die grundsätzliche Möglichkeit, während der Ehe Ersparnisse anzulegen; dass dies für den wohl besser verdienenden Antragsgegner einfacher und in größerem Umfang mögliche gewesen sein mag, wird nicht zu bestreiten sein, lässt allerdings - auch der Antragstellerin zugute kommende - höhere Beiträge des Antragsgegners zur ehelichen Lebensführung erwarten. Im Detail hat die Antragstellerin aber kein konkretes Vorbringen erstattet, welches eine nähere Beurteilung der finanziellen Verhältnisse der Streitteilen bei Vertragsabschluss und eine daraus allenfalls abzuleitende Erwartungshaltung ermöglichen würde. Allgemeine Rechtsgrundsätze des Eherechts und anerkannte Normen der Moral, die im gegebenen Zusammenhang ein Sittenwidrigkeitsurteil im Sinn des § 879 ABGB nahe legten, werden von der Antragstellerin ebenfalls nicht konkretisiert. Wenn das Berufungsgericht aus den Umständen, dass die Antragstellerin im Hinblick auf die beabsichtigte Eheschließung zum Judentum übergetreten ist und sich zur Unterfertigung des Notariatsakts entschloss, weil sie befürchtete, der Antragsgegner werde sie sonst nicht heiraten, keine Zwangslage im Sinn des § 879 ABGB ableitete, dann liegt darin jedenfalls keine krasse Fehlbeurteilung, die vom Obersten Gerichtshof aufgegriffen werden müsste. Judikatur des Höchstgerichts, mit denen diese Ansicht des Berufungsgerichts nicht in Einklang stünde, zeigt die Antragstellerin nicht auf.
4. Die Antragstellerin behauptet letztlich noch den Wegfall der Geschäftsgrundlage wegen langer Dauer der Ehe, der Geburt zweiter Kinder und der von ihr übernommenen Erziehung. Bei der Geschäftsgrundlage handelt es sich um geschäftstypische Voraussetzungen, die jedermann mit einem solchen Geschäft verbindet und die nicht erst einer Vereinbarung bedürfen (RIS-Justiz RS0017516). Dass die Parteien der übereinstimmenden Ansicht gewesen seien, die im Notariatsakt getroffene Vereinbarung solle nur gelten, falls ihre Ehe nicht lange dauert, kinderlos bleibe oder die Kinder nicht von der Antragstellerin erzogen würden, hat diese selbst nicht einmal konkret vorgetragen und dies kann im Hinblick auf die Wesensmerkmale einer Ehe (§ 44 ABGB) auch nicht unterstellt werden. Die Antragstellerin macht keine Rechtsfragen im Sinn des § 62 Abs 1 AußStrG nF geltend, weshalb ihr außerordentlicher Revisionsrekurs unzulässig und zurückzuweisen ist.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)