Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.
Aus deren Anlass wird das angefochtene Urteil, das im Übrigen unberührt bleibt, in der Subsumtion der Taten nach § 148 zweiter Fall StGB - insoweit ersatzlos - und demnach auch im Strafausspruch aufgehoben und im Umfang der Aufhebung in der Sache selbst zu Recht erkannt:
Stefan Rupert Sch***** wird nach § 147 Abs 3 StGB in Anwendung der §§ 28 Abs 1 und 29 StGB und nach § 31 Abs 1 StGB unter Bedachtnahme auf die im Verfahren des Bezirksgerichtes St. Johann im Pongau, AZ 6 U 176/04i, verhängte Strafe zu einer zusätzlichen Freiheitsstrafe von 23 Monaten
verurteilt.
Die Strafe wird nach § 43 Abs 1 StGB für eine Probezeit von drei
Jahren bedingt nachgesehen.
Der Angeklagte und die Staatsanwaltschaft werden mit ihren Berufungen auf diese Entscheidung verwiesen.
Dem Angeklagten fallen auch die auf die Erledigung der Nichtigkeitsbeschwerde entfallenden Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Stefan Rupert Sch***** wurde des Verbrechens des versuchten gewerbsmäßigen schweren Betruges nach §§ 15, 146, 147 Abs 3, 148 zweiter Fall StGB schuldig erkannt.
Danach hat er in St. J***** mit dem Vorsatz, sich oder einen Dritten durch das Verhalten der Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern und in der Absicht, sich durch wiederkehrende Begehung von schwerem Betrug eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, Angestellte von Versicherungsunternehmen durch die falsche Behauptung, „Anspruch auf Versicherungsleistung aufgrund eines unverschuldeten Unfalls", bei dem sein gesamter linker Daumen, das End- und Mittelglied des linken Zeigefingers und das End- und Mittelglied des rechten Kleinfingers zerquetscht worden waren, zu haben, zur Auszahlung von Versicherungsleistungen im Ausmaß von mehr als 50.000 Euro zu verleiten versucht, nämlich
1. am 9. September 2003 der W***** AG aus Betriebsunterbrechungsversicherung in der Höhe von 27.500 Euro, aus Unfallversicherung in der Höhe von 200.000 Euro und aus Betriebsunfähigkeitsversicherung in der Höhe von 433.200 Euro;
2. am 7. Oktober 2003 der Z*****-AG aus Invaliditätsversicherung in der Höhe von 90.000 Euro und
3. am 13. Oktober 2003 der W*****-AG in der Höhe von 232 752 Euro. Der nominell aus Z 4, 5, 5a und 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO ergriffenen Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten kommt keine Berechtigung zu.
Rechtliche Beurteilung
Die aus Z 4 angesprochenen Anträge „auf Bestellung anderer medizinischer Sachverständiger" sowie Vernehmung der Versicherungsmaklerin Mag. C***** als Zeugin „zum Beweis für das Zustandekommen der Versicherungsverträge, die Abschlusszeitpunkte und Änderungen, Erhöhungen und Anpassungen der Versicherungsverträge" wurden in der Hauptverhandlung - nach dem Inhalt des darüber aufgenommenen, in seiner Richtigkeit nicht bestrittenen (§ 271 Abs 7 StPO) Protokolls - nicht gestellt, sodass die Verfahrensrüge schon deshalb versagt.
Dass der am 26. September 2005 schriftlich gestellte Antrag (ON 46) in der Hauptverhandlung vom 27. September 2005 vorgetragen worden war, ändert daran nichts, weil die Hauptverhandlung am 29. November 2005 neu durchgeführt wurde (Danek, WK-StPO § 238 Rz 4, § 276a Rz 10; Ratz, aaO § 281 Rz 310). In dieser aber hat der Verteidiger nur pauschal erklärt, er halte „sämtliche Beweisanträge aufrecht" (S 85/II), ohne solcherart klar zu machen, welche konkreten Beweisaufnahmen zu welchem Thema begehrt werden.
Dazu kommt, dass Befangenheit eines Sachverständigen nur vorliegt, wenn zu erkennen ist, dass dieser sein Gutachten auch dann zu ändern nicht gewillt sein werde oder würde, wenn Verfahrensergebnisse dessen Unrichtigkeit aufzeigen. Selbst wenn im schriftlichen Gutachten überflüssigerweise zu Rechtsfragen Stellung genommen worden wäre, wäre allein daraus kein Anhaltspunkt für Befangenheit abzuleiten. Davon abgesehen war die Beurteilung, ob der Angeklagte sich die Verletzungen selbst zugefügt hatte, just das Thema des gerichtlichen Auftrags und kommt in der Formulierung, dies sei aus gutachterlicher Sicht „wissentlich und absichtlich" geschehen, ohnehin keine rechtliche Beurteilung zum Ausdruck. Schließlich weckt auch der Hinweis auf den Abschluss von Versicherungsverträgen im zeitlichen Zusammenhang mit den erlittenen Verletzungen keine Zweifel an der Unbefangenheit (zum Ganzen: WK-StPO § 281 Rz 346, 371). Ob Mag. C***** „überdurchschnittlich gute Versicherungsverträge anbieten konnte", sie darauf hingewiesen hat, dass es für einen selbständigen Unternehmer wichtig sei, „persönliche private Vorsorge zu treffen" und „bei weiteren Besuchen der Zeugin diverse Änderungen bzw Erhöhungen und Anpassungen der Versicherungsverträge gemacht wurden" (schriftlicher Antrag vom 10. Oktober 2005, S 63/II), ist schließlich unerheblich.
Der Mängelrüge (Z 5 zweiter Fall) zuwider wurden die Angaben der Zeugen G*****, M*****, St*****, W***** und H***** gar wohl erörtert (US 12 f).
Dass das Schöffengericht daraus nicht die vom Beschwerdeführer gezogenen Schlüsse abgeleitet hat, kann aus Z 5 nicht erfolgversprechend gerügt werden.
Ein unrichtiges Referat der Aussage dieser Zeugen oder des Inhalts einer bei den Akten befindlichen Urkunde wird nicht behauptet und Aktenwidrigkeit (Z 5 letzter Fall) demnach nicht geltend gemacht. Dass in dem dem Protokoll über die Hauptverhandlung vom 29. November 2005 angeschlossenen Lichtbild eine Beule am Kopf des Angeklagten abgrenzbar ist, hat der gerichtsmedizinische Sachverständige Prof. Dr. Me***** verneint (S 92/II). Dessen Gutachten aber wurde in die Beweiswürdigung des Schöffengerichtes einbezogen, sodass es einer gesonderten Erörterung des Lichtbildes mit Bezug auf eine solche (geringfügige und solcherart das Ergebnis der Beweiswürdigung ohnehin nicht in Frage stellende) Verletzung nicht bedurfte. Deshalb ergeben sich aus dem angesprochenen Lichtbild auch keine erheblichen Bedenken gegen die dem Ausspruch über die Schuld zugrunde liegenden entscheidenden Tatsachen (Z 5a).
Soweit die amtswegige Abhörung desjenigen Gendarmeriebeamten, welcher gegenüber dem Zeugen M***** auf Indizien für ein Sturzgeschehen hingewiesen haben soll, reklamiert wird, unterlässt die Beschwerde einen Hinweis darauf, weshalb der Angeklagte an sachgerechter Antragstellung gehindert gewesen sein soll (WK-StPO § 281 Rz 480). Gewerbsmäßiger Betrug kann durchaus durch wiederkehrende Täuschung über ein- und dieselbe Tatsache geschehen, sodass auch die Subsumtionsrüge (Z 9 lit a, der Sache nach Z 10) versagt. Aus Anlass der Nichtigkeitsbeschwerde hat sich der Oberste Gerichtshof jedoch aus anderen Gründen von einer zum Nachteil des Angeklagten erfolgten unrichtigen Subsumtion überzeugt (Z 10, § 290 Abs 1 zweiter Satz StPO).
Gewerbsmäßige Begehung ist nämlich ausgeschlossen, wenn der Täter - wie hier - einen von vornherein betragsmäßig begrenzten Deliktserfolg anstrebt (Jerabek in WK2 § 70 Rz 8 mwN).
In der Sache selbst war demnach mit der Nichtannahme der verfehlt angenommenen Qualifikation der Betrugstaten nach § 148 zweiter Fall StGB und Strafneubemessung vorzugehen.
Bei dieser waren das Zusammentreffen eines Verbrechens mit dem zum AZ 6 U 176/04i des Bezirksgerichtes St. Johann im Pongau abgeurteilten Vergehen der fahrlässigen Körperverletzung nach § 88 Abs 1 und 4 erster Fall StGB, die Wiederholung des Betrugsversuchs und das mehrfache Überschreiten der Qualifikationsgrenze des § 147 Abs 3 StGB erschwerend, mildernd demgegenüber die Umstände zu werten, dass die Betrugstaten beim Versuch geblieben sind und der Angeklagte bis zu den angesprochenen Straftaten einen ordentlichen Lebenswandel geführt hatte.
Für eine Wertung der sich selbst zugefügten schweren Verletzungen als mildernd besteht schon deshalb keine Veranlassung, weil diese nicht aus der Täuschung der Versicherungsangestellten resultieren (§ 34 Abs 1 Z 19 StGB; vgl auch Fabrizy StGB9 § 34 Rz 15).
Von den angeführten Strafbemessungstatsachen ausgehend erscheint vor allem mit Blick auf die außerordentliche Höhe der angestrebten Bereicherung eine - wegen des ansonsten tadelsfreien Lebenswandels für eine Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehene - Freiheitsstrafe von 23 Monaten tatschuld- und täterpersönlichkeitsgerecht.
Die Kostenersatzpflicht des Angeklagten gründet sich auf § 390a Abs 1 StPO. Kosten für die amtswegige Maßnahme hat er nicht zu ersetzen (Lendl, WK-StPO § 390a Rz 12).
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